Anspruch auf ALG2-Mehrbedarf trotz Einkommen?

Liebe/-r Experte/-in,

Die Vorgeschichte:

Im Juli 2011 habe ich beim Jobcenter einen Antrag auf Kostenerstattung meines Mehrbedarfs bezüglich des Umgangsrechts mit meinen Kindern gestellt. Die damalige Sachbearbeiterin wollte diverse Unterlagen haben, weiche ich sofort alle eingereicht habe. Und ich solle die Fahrten zu meinen Kindern auflisten und von meiner Ex-Frau unterschreiben lassen. Bis heute habe ich dies so gemacht und die Fahrtenlisten monatlich beim Jobcenter eingereicht. Auch habe ich monatlich schriftlich nachgefragt, wann ich denn einen Bescheid bzw. die entsprechenden Leistungen überwiesen bekomme. Jedoch habe ich bis heute weder Geld noch Bescheid noch überhaupt eine Antwort bekommen!

Allerdings hatte ich jetzt - nach ca. 1/2 Jahr - ein Schreiben, von einer anderen Sachbearbeiterin, mit folgendem Inhalt im Briefkasten:

Nach § 21(6) sind Mehraufwendungen die aufgrund der Wahrnehmung des Umgangsrechts entstehen aus vorhandenem Einkommen zu bestreiten.
Da Einkommen vorhanden ist, können keine Kosten übernommen werden.

Nur, im § 21 SGB II steht tatsächlich das Gegenteil bzw. rein gar nichts davon, dass Empfänger von aufgestocktem ALG 2 bezüglich Mehrbedarf schlechter zustellen sind. - Wäre auch nicht wirklich plausibel! Außerdem wusste auch meine vorherige Sachbearbeiterin, dass ich Einkommen habe.

Jetzt gibt’s wohl nur zwei Möglichkeiten: Entweder hat die Sachbearbeiterin wirklich das (gesetzliche) Recht, mir die Erstattung meiner Mehraufwendungen zu verwehren. Dann bitte, aufgrund von welchen konkreten Gesetzen?

Oder, die einzige Alternative wäre noch, dass es sich um eine vorsätzliche Falschinformation handelt - aufgrund von „internen Sparmaßnahmen“ seitens des Jobcenters. In diesem Falle wäre es sehr interessant zu wissen, ob hier ein Straftatbestand nach § 263 StGB (Betrug im Sinne von Arglistiger Täuschung) besteht?

In allererster Linie interessiert mich natürlich: Habe ich, trotz meiner Teilzeitbeschäftigung, nun das uneingeschränkte - gesetzliche - Recht auf diese Mehrbedarfsleistung oder nicht?

Denn diese Information bräuchte ich dringend, um beim Widerspruch bzw. einer eventuell notwendigen Klage argumentieren zu können.

Vielen Dank für Deine/Ihre Hilfe. Rückfragen beantworte ich natürlich sehr gerne.

Freundlichste Grüße,
Kai

Hallo Kai,

auch wenn die Antwort reichlich spät kommt, aber
ich bin da auch betroffen:

Ich hoffe, du hast zwischenzeitlich Widerspruch gegen den Bescheid eingelegt.

Wenn du schon aufstocken mußt, um deinen eigenen
Lebensunterhalt zu gewährleisten, hast du auch kein
Geld für den Umgang. Du hast daher Anspruch auf
die Fahrtkostenerstattung nach §21 Abs. 6 und zusätzlich Anspruch auf anteiliges Sozialgeld nach §38 SGBII für jeden Tag, den die Kinder bei dir verbringen (Stichwort: Temporäre Bedarfsgemeinschaft). Ggf. hast du sogar Anspruch
auf mehr Wohnraum für den Umgang (§7 und §22 SGBII), dazu gab es bereits mehrere Urteile.

Die Sparmaßnahmen beim JC sind nicht dein Problem.
Dein Umgangsrecht hat Verfassungsrang: Artikel 6, Abs. 2 im Grundgesetz der BRD.!

Lass dich hier nicht abwimmeln.

Nicht wenige JC lehnen die Übernahme dieser Kosten ab und lassen es auf eine Klage ankommen.

Hol dir einen Beratungshilfeschein vom zust. Sozialgericht und nimm dir einen erfahrenen Anwalt im Sozialrecht. Wenn die Wahrnehmung des Umgangs durch die Geldnot bedroht ist und Entfremdung der Kinder durch mangelnde Kontakte droht, kannst du vorab eine einstweilige Anordnung vom Sozialgericht verfügen lassen. Wenn das Sozialgericht dem Antrag statt gibt, muß das JC unverzüglich und zunächst bis zur Hauptverhandlung in Vorleistung treten.
Dieser Beitrag ist meine persönliche Meinung und keine Rechtsberatung.

Gruß,

Tobias

Guten Tag,

Liebe/-r Experte/-in,

Die Vorgeschichte:

Im Juli 2011 habe ich beim Jobcenter einen Antrag auf
Kostenerstattung meines Mehrbedarfs bezüglich des
Umgangsrechts mit meinen Kindern gestellt.

Hallo Tobias,

vielen Dank, auch für Deine Zusatzinformationen, und sorry für meine verspätete Rück-Antwort.

Bisher hatte ich im §21 tatsächlich folgenden relevanten Passus überlesen - denn mit Sicherheit bezieht sich das Jobcenter auf diesen:

„…sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist“

Da solche (eventuelle) Gegebenheiten prinzipiell nur subjektiv bzw. willkürlich beurteilt werden können, hat der Gesetzgeber damit - unnötigerweise - ein extremes Klagepotential in sein Gesetz eingebaut, anstatt diesbezüglich Mehrbedarf ganz einfach (und gerechterweise!) mit dem Norm-Bedarf gleichzusetzen.

Kennst eigentlich ein konkretes Urteil, wo bestätigt wird (bzw. wurde), dass diesbezüglich Einkommen keine (bzw. keine wesentliche) Rolle spielt?

Bitte sende mir ggf. den Link zu. - Ich habe tatsächlich bisher nichts entsprechendes im Web gefunden…

Gruß,
Kai

Hallo,

die Vorlage von Aktenzeichen der Gerichtsurteile, welche die Übernahme der Umgangskosten gleich welcher Art befürworten, beeindruckt deine Sachbearbeiterin beim Jobcenter überhaupt nicht.

Die handelt nicht mal zwingend nach den eigenen Dienstanweisungen der BA.

Höre auf, dich an irgendwelchen Details der Ablehnung
festzubeissen. Das bringt dich keinen Schritt weiter.
Du wirst 'eh nur vera…

Auch eine Strafanzeige bringt dir vielleicht eine Genuugtung, aber ist kontraproduktiv, um dein Ziel zu erreichen. Auch die Androhung einer „Strafanzeige“ kann derbe nach hinten losgehen.

Ich wiederhole noch mal: Wenn du schon vorher in Erwerbstätigkeit aufstocken mußtest, um dich selber zu finanzieren, dann hast du auch kein Geld für Umgang übrig. Wenn du gar kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hast, dann hast du das Geld erst recht nicht. Da kann die SB vom Jobcenter schreiben, was sie will.

Wenn dein Einkommen aus Erwerbstätigkeit aber die Summe von Regelsatz, Mietkosten und Freibetrag übersteigt, dann
bist du selber nicht bedürftig. Das heisst aber nicht, das du mit „Überschuss“ den Umgang auch finanzieren kannst. Die Differenz zwischen dem Betrag für dein eigenes existensrechtliches Minimum und deinem Einkommen
ist für den Umgang einzusetzen. Was darüber hinausgeht, ist dir vom Jobcenter auf Antrag zu erstatten.
Die pauschale Ablehung „Einkommen da, also keine Erstattung“, ist totaler Murks. Das muß dir die SB schon vorrechnen können.

Ich kann dir nur empfehlen: Hole dir für einen Zehner einen Beratungshilfeschein von der Rechtspflegestelle deines zust. Sozialgerichtes. Dann nimmst du dir einen möglichst erfahrenen Fachanwalt für Sozialrecht. Sonst bist du in ein paar Jahren noch keinen Schritt weiter.

Das Sozialrecht ist nicht einfach. Auch wenn es vor Gericht keine Anwaltspflicht gibt, ich würde das an deiner Stelle nicht alleine erstreiten. Die Urteile, die du brauchst, besorgt dir der Anwalt.