Anspruchsvolle psychologische Kennenlernspiele

Hallo Wissende,

ich habe folgendes Problem:

Nächste Woche werde ich ein Seminar einer Stiftung für Hochbegabte leiten. Thema: Ich soll den Kids innerhalb von drei Wochen beibringen, Journalisten zu sein. *puh* :wink:

Wir haben an die 15 Teilnehmer. Das Programm ist von sieben Uhr morgens bis ca. Mitternacht vollgepackt, es wird also psychischer Ausnahmezustand herrschen - aber das ist auch beabsichtigt.

Nun möchte ich am ersten Seminartag gerne ein psychologisches Kennenlernspiel machen. Aber keins dieser platten, fast partyhaften Spielchen, sondern eins, das die Stipendiaten durchaus fordert - und mir bestenfalls schon etwas über die einzelnen verrät - am Ende des Seminars muss ich nämlich über jeden eine Bewertung schreiben.
(Ein Beispiel: Auf einem Seminar mussten wir uns mal in verschiedene vorgegebene Philosphen hineinversetzen: Feuerbach, Marx, Popper, Kant, Nietzsche, Schopenhauer, und jeder musste diese Persönlichkeit annehmen und als dieser Philosoph mit den andere „Philosophen“ argumentieren und diskutieren. So was, aber als Kennenlernspiel und weniger zeitaufwändig.)

Was wäre also für die Stipendiaten spannend und nicht „lächerlich“ - ich will sie fordern, aber auch unterhalten damit. Die Teilnehmer sind so zwischen 20 und 25 Jahre, alles Studenten.

Wer hat Ideen?

Vielen Dank im Voraus,
Nike

Hallo Nike,

ob mein Vorschlag anspruchsvoll genug ist? In Philosophen hineinversetzen wäre mir zu anspruchsvoll. Aber die Welt ist bunt…
Was ich ganz lustig und interessant fand war folgendes: ohne das die Leute sich vorher kennenlernen können bzw miteinander sprechen können schreibt jeder seinen Namen auf soviele Zettel wie Teilnehmer da sind. Jeder Teilnehmer bekommt eine Nummer auf die Jacke geklebt und dann bewertet jeder jeden schriftlich nach von dir festgesetzten Kriterien auf den durchnummerierten Zetteln. Beispielsweise: was macht der andere beruflich, wie alt ist er, was ist seine Lieblingsbeschäftigung, was ist sein spezielles Seminarziel, könnte ich mir vorstellen mit ihm privat zu tun zu haben und anderes, was dir sinnvoll erscheint. Ergebnis ist natürlich eine wilde Phantasie des ersten Eindrucks. Jeder hat dann viele Einschätzungen über sich von den jeweils anderen. Man kennt die Namen und kann sich darüber austauschen, ob das feedback das Erwartete war, ob man eine völlig andere Selbstwahrnehmung hat, was für einen ersten Eindruck wichtig ist etc. Wenn man das am Ende des Seminars wiederholt, bekommt man natürlich andere Wahrnehmungen mitgeteilt. Zum Kennenlernen fand ich das ganz geeignet, wenn man in der Auswertung darüber ins Gespräch kommt. Und ist vielleicht auch interessant für „journalistische Wahrnehmung“.
Wenn man es noch etwas erschweren will, sagt jeder in der Runde seinen Namen und als Merkhilfe vielleicht sein Lieblingsessen. Dann kann man die Nummerierung weglassen und die Teilnehmer haben zusätzlich noch die Aufgabe sich die Namen einzuprägen.
Vielleicht muß es ja auch gar nicht soooo anspruchsvoll sein und es hilft, über Spielerisches ins Seminar zu finden. Das Seminar wird ja wohl noch anstrengend genug.
Grüße
Christian

guck mal hier/Ideenfabrik MWonline
Hallo Nike,

keine Ahnung, was Du da machen kannst [diesen Beitrag finde ich hilfreich *grins*] … ABER … schau Dich mal hier um:

http://mwonline.de/db/topics/themenentry.php3?to_par…
jetzt auf link „Seminarbausteine“ gehen

Dort:

Beim Durchlesen dachte ich mir, dass Du z. B. die Ideen
-> Reporter
-> Vier Kategorien
-> Vorstellung mit verbundenen Augen

als Ausgangsbasis nehmen könntest und dann jeweils Deinen „Schwierigkeitsgrad“ oder „Anspruch“ individuell einbasteln kannst.

Hoffe, das hilft …

Viele Grüße
Gitte

PS: Haha, die „Kids“ sind grad mal paar Jährchen jünger als DU!

Hallo Nike,

als erstes kam mir doch glatt die Frage: Anspruchsvoll für wen? oder besser: wer setzt hier das Kriterium, die Stipendiaten oder du?

Ich kenne aus vielen Seminaren, daß gerade „hochbegabte“ größte Probleme mit „einfachen“ Sachen haben. Da sie Kompliziertes erwarten (nen bißchen eitel werden sie ja wohl sein) würdest du gerade mit etwas „erschreckend“ Einfachem den größten Erfolg erzielen.

Mach doch mal folgendes Spiel:

Du kennst das: Ich verreise und nehme mit…

Nach diesen Regeln soll z.B. der erste sagen:

Ich heiße Bernd und bin 25.

der zweite sagt dann:
Bernd ist 25.
Ich heiße Heinz und komme aus Berlin.

der dritte:
Bernd ist 25
Heinz kommt aus Berlin
und ich heiße Gabriele und liebe Wälder…

usw.

Du wirst sehen, erst lachen sie, dann merken sie, daß spielen nicht nur einfach ist.

gruss
winkel

Hallo Nike!

Spontan fällt mir da ein Moderatorentraining ein, das ich einmal innerhalb eines Managementseminars absolvieren mußte:

Jeder Teinehmer mußte vor laufender Kamera über ein Thema referieren, das ihm gänzlich unbekannt war. Man bekam einen Zettel unmittelbar vor dem Auftritt. Das Ganze wurde mit der Videokamera aufgezeichnet und später gemeinsam analysiert. Die übrigen Teilnehmer wurden über das Thema informiert bzw. durch Unterlagen „schlaugemacht“.
Man mußte sich nun also in der Kunst üben, durch geschicktes Fragen
a: Den Eindruck erwecken, Fachwissen zu besitzen.
b: Wissen aus den Teilnehmern entlocken.

Wer das beherrscht wird sicherlich lernen, was einen guten Journalisten/Moderatoren ausmacht. Und in leichteren Situationen, wenn man sich in seinem Metier befindet, ein gewachsenes Maß an Selbstsicherheit erlangt haben. Außerdem zeigt ein Wesen, in die Enge getrieben, was wirklich in ihm steckt! Ein hohes Selbsterfahrungserlebnis, von dem man ewig zehren kann. So jedenfalls meine Erfahrung!

Herzliche Grüße
HC

Hallo Nike,

ich war mal in einem Internat, und dort hatten wir folgendes Kennenlernspiel: Es wurden vom Lehrer Kurzportraits vorgelesen, aber kein Name dazu genannt. Wir mussten rätseln, wer das wohl ist. Fragen durften wir auch stellen. Das setzt allerdings voraus, dass Du ein wenig mehr über die Seminarteilnehmer weisst als Name, Alter, Studienfach. Aber ich fand das sehr gut zum Kennenlernen!

Grüsse
Anna

Danke Euch allen!
Hiho,

da waren ja einige sehr gute Ideen drunter, vielen Dank Euch allen. Wenn’s die zeit zulässt, lasse ich Euch wissen, für welche Variante wir uns entschieden haben.

Liebe Grüsse,
Nike

hallihallo, (fast off topic)
Ja, das Gittle! :smile:

Danke für den Link, sehr schön das.
Und sehr schön auch, Dich mal wieder hier zu lesen. Dein geist schwebt also nach wie vor regelmässig über den Wassern, was? :wink:

PS: Haha, die „Kids“ sind grad mal paar Jährchen jünger als
DU!

Hömm, ja. Aber an Lebenserfahrung bin ich ihnen maaaaailenweit überlegen. *lol*
Aber ernsthaft. Ich habe mit 20, 21 genau dieses Seminar besucht, und ich weiss ziemlich genau, mit was für Erwartungen und was für einem Background die Stips da rangehen. Und ich erinnere mich, wie jung ich damals gewesen bin. Damit meine ich nicht an Jahren. :smile:

Liebe Grüsse,
Nike

Hi Nike,

ob folgender Vorschlag für Dich anspruchsvoll ist, weiß ich nicht. Für mich war es jedenfalls eine interesante und lehrreiche Erfahrung.

In einer neuen Klasse forderte uns der Lehrer auf, ca. jeweils eine halbe Stunde, unserem Banknachbarn etwas über uns zu erzählen. Danach sollte jeder seinen jeweiligen Banknachbarn der Klasse vorstellen.

Interessant fand ich schon zunächst was ich selbst sage, was mein Gegenüber sich davon merkt bzw. was er von mir erzählt, was er in mich hinein interpretiert hat und auch, was ich ihm unbewußt oder mittels Körpersprache gesagt habe.

Interessant fände ich auch, die Leute sich gegenseitig charakterisieren zu lassen. Einfach mal mutmaßen, wie jemand aufgrund seines Aussehens und Auftretens sein könnte. Etwas in der Art gab es mal in einer Fernsehshow von vor ein paar Jahren. Auch erlebte ich in einem therapeutischen Wochenende etwas, das Teile davon beinhaltet. Wer mag geht in die Mitte eines Kreises und wer von den anderen mag, sagt was zu dem Menschen der in der Mitte steht. Wer ist mutig und macht den Anfang? Wie gut kann ein Mensch aushalten was man ihm sagt? Wie ist die Fremd- und die Selbsteinschätzung?

In einer Ausbildungsgruppe wurden angehende Therapeuten gefragt, welches Tier sie gerne wären. Dann sollten sie sich auch so bewegen wie das entsprechende Tier und sagen, weshalb sie ein Hund, Gepard… sein wollten. Ob das für angehende Journalisten so geeignet wäre?

Wie wäre es, Du machst was aus dem realen Leben. :smile: Stelle einfach die These auf, sie kommen neu in eine Zeitung und es ist bald Redaktionsschluß, und es gibt keine Schlagzeile. Was tun? Interesssant finde ich, wie die Leute schon allein mit der Aussage umgehen? Z.B. es passiert immer was, also gibt es auch Schlagzeilen oder dann kramen wir halt was Altes aus dem Archiv aus und bereiten es neu auf, oder es gibt Themen mit denen man immer füllen kann. Manch einer könnte auch meinen, dann eben selbst eine Wahrheit zu erfinden. :smile:

Wie wäre es, würdest Du so tun als würdest Du mit den Leuten an etwas arbeiten wollen. Und dann passiert etwas, z.B. es kommt jemand bei der Türe herein und es entsteht z.B. eine Konfliktsituation. Du könntest die angehenden Journalisten dann darüber berichten lassen um zu sehen wie gut sie aufgepaßt haben, wie neutral sie schreiben oder mit wem sie sich solidarisieren…

Vielleicht könntest Du ihnen aufgeben, jeweils einen aus der Gruppe zu interviewen. Dabei sollte der Interviewpartner einmal in einem möglichst positiven, einmal in einem neutralen Licht und in einmal in einem schlechten Licht dargestellt werden. Entweder könnte ein Interviewer bei einem Interviewpartner drei Interviews machen. Oder man teilt es auf, vom Interviewpartner A macht man ein Interview mit positiver Darstellung, von Interviewpartner B ein Interview mit negativer Darstellung der Person… Ich könnte mir vorstellen, daß es interessant ist die anderen „relativ kennenzulernen“ und gleichzeitig zu erleben wie interessant die Facetten von Wahrheit sind.

War einfach mal unüberlegt so dahingeschrieben. Vielleicht kannst Du ja was rausziehen. :smile:

Dann sei ein gutes Vorbild für die nächste Journalistenschar. :smile:

Ciao,
Romana

Anspruchsvoll but not a game
Hi Göttin des Ruhms und des Sieges :smile:

ich habe folgendes Problem:
… beibringen, Journalisten zu sein. *puh* :wink:

„eritis sicut deus“ - und das soll ein Problem sein? *michduck*

… eins, das die Stipendiaten durchaus fordert - und mir bestenfalls schon etwas über die einzelnen verrät

Was wäre also für die Stipendiaten spannend und nicht „lächerlich“

Erwachsenen (sind ja wohl doch keine „kids“, nicht wahr?)ein „Spiel“ anzubieten, ohne daß vorher ein Konsens hergestellt ist über die weitreichende Natur des Spiels, würde heißen, sie zur Selbstverfremdung aufzufordern, eh sie Authentizität coram publico gelernt hätten. Das provoziert bei vielen Menschen eine selfhumiliating Nuance, die folgerichtig „Verklemmung“ erzeugt.

Folgendes Szenarium hat sich in der Praxis (meiner natürlich *arrogantgrins*) bewährt:

  1. Du zeigst, daß du voraussetzt, daß jeder gleichermaßen Interesse habe, einerseits über die anderen etwas zu erfahren (was, das bleibt jedem selbst überlassen!), andererseits etwas über sich selbst zu outen (was, das sei ebenfalls individuell verschieden und beliebig).

  2. Auf dieser Basis kann sich nun jeder der Teilnehmer irgendeinen anderen aussuchen, den er nun nach gusto befragt über das, was ihn von ihm interessiert. So ist jeder Teilnehmer einmal aktiver und einmal passiver Dialogpartner.

  3. Nach dieser Runde berichtet jeder Teilnehmer über zwei Inhalte:
    a. wieweit er (aktiv) von seinem Partner genau das erfahren hat, was ihn vorab interessiert hatte
    b. wieweit er (passiv) Gelegenheit bekam, von sich selbst etwas zu outen, woran ihm selbst lag, und wieweit er genötigt wurde, über Dinge zu sprechen, die ihm nicht behagten.

Daraus kommt in der Regel derartig viel Beispielmaterial (das also nicht mehr künstlich erfunden werden muß) über die Grundstrukturen dialogischen Verhaltens, daß damit allein schon mehrere Seminartage frustlos und lustvoll und lehrreich gefüllt werden könnten.

einen (ganz unmetaphorischen) lieben Gruß

Metapher

Hallo,
ein ganz simples und zudem oft lustiges kennenlern-„spiel“, was ich trotzdem sehr anspruchsvoll finde:

jeder kriegt der reihe nach die aufgabe, zu einem thema völlig wertfrei 3 kurze statements als ich-erzähler abzugeben, und zwar:

  1. eines, was der wahrheit entspricht
  2. eines, was eine persönliche wunschvorstellung charakterisiert
  3. eines, was eine persönliche abneigung beschreibt.
    die anderen müssen anschließend diskutieren, welches statement wahr - wunsch - ablehnung ist.

beispiel zum beliebten thema „mein hobby“:

  1. ich sitze oft am computer und lese foren …
  2. ich gehe ganz oft an den strand und lege mich mit einem buch faul in die sonne …
  3. ich mache jeden tag sport, laufe mindestens eine halbe stunde…

man kann dabei erstens sehen, ob überhaupt jemand wertfrei und ohne es zu einfach zu machen die 3 statements abgeben kann, und man erfährt auch ziemlich viel über denjenigen. zudem ist die diskussion in der runde interessant und der erzählende kriegt jede menge feedback darüber, wie er eingeschätzt wird :smile:
hbx