Anwalt ja oder nein?

Hallo zusammen,

ich hoffe, hier mit meiner Frage richtig zu sein:

ich wurde zu einer vernehmung als Beschuldigter geladen, habe aber definitiv aus Notwehr gehandelt. Dafür habe ich auch einen zeugen.
Auh habe ich ein Attest über die erlittenen Verletzungen meinerseits.
ist es sinnvoller, erst zum Anwalt zu gehen, oder kann ich eine aussage machen und danach einen Anwalt hinzuziehen?
(den ich nicht mal bezahlen kann…)
Da ich schon eine Verurteilung hatte, die Bewährung abgeschlossen ist und ich einen festen Arbeitsplatz bekommen habe, fürchte ich nun, das es zu einer haftstrafe kommen könnte. das wäre gesellschaftlich der sichere Abstiegt.

Hi Angelo,

um Gottes Willen bloß keine Aussage ohne Anwalt! Notfalls vom Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen!

Gruß Tom

Hi!

Ich würd einen Anwalt nehmen.

Es steht für dich einiges auf dem Spiel. Das Spiel mit dem Recht ist so komplex geworden, da kann man als Laie nicht mehr mit. Wenn dein Gegner auch noch einen guten Anwalt hat, der deinen Zeugen verunsichert, dann kannst du dir vielleicht nur mehr was zum Lesen besorgen:wink:

Grüße Dusan

Tjia, so denke ich auch. Aber einen Anwalt kann ich mir nicht leisten. Die Wollen ja gleich einen Vorschuss und so weiter.
kann ich in diesem Fall Prozesskostenbeihilfe beantragen?
der Sachverhalt ist ja im Moment ziemlich undurchsichtig…

Hi,

ob Du Prozesskostenhilfe bekommst erfährst Du beim zuständigen Amtsgericht. So weit ist es aber noch lange nicht.
Ein Anwalt ist auch nicht soo teuer. Sich erstmal die Ermittlungsakte zuschicken zu lassen und gegebenfalls ein Gespräch mit dem Staatsanwalt kostet keine 100€.

Liebe Grüße,

Max

Hallo,
für die Vorladung ist der Anwalt erst mal belanglos, insgesamt aber in Deinem Fall notwendig. Du äußerst Dich nicht zur Sache, sondern absolvierst nur den Pflichtteil, also z.B. Angabe Deiner Personalien. Nicht zur Sache äußern umfaßt neben dem „offiziellen“ Teil der Vernehmung, der üblicherweise durch unterschreiben des Vernehmungsprotokolls Deinerseits abgeschlossen wird, auch einen evtl. „kollegial“ vermittelten Vorschlag des Beamten „ihm mal ebenso so“ unter 4 Augen den Tathergang zu schildern - halt einfach aus menschlicher Neugier *g*. Solche Aussagen landen üblicherweise im Abschlußprotokoll des Beamten, wo u.a. der Eindruck von Dir während der Vernehmung dargestellt wird - kurz ein schäbiger Versuch Dir doch noch Informationen zu entlocken. Die PKH (s.h. Max seine Antwort) und Anwaltsuche sollten bald angegangen werden, um das weitere Vorgehen frühzeitig mit dem Anwalt zu koordinieren.

Gruss
Enno

Hi,

ob Du Prozesskostenhilfe bekommst erfährst Du beim zuständigen
Amtsgericht.

Als Beschuldigter im Strafverfahren? Sieht schlecht aus.

Generell gilt: Keine Aussage bei der Polizei, Rechtsanwalt einschalten, Akteneinsicht, Stellungnahme.

Es ist ganz normal, dass Anwälte dafür Geld haben wollen, wie es für Bäcker und Taxifahrer auch gilt. Da muss man halt abwägen, ob man lieber den Anwalt bezahlt oder die Nachteile in Kauf nimmt, die eine Selbstverteidigung mit sich bringen kann. Bei einem Freispruch gibt’s Erstattung.

Auch das ´mit dem Vorschuss ist eine tolle Sache, wie ich mittlerweile weiss … derzeit habe ich mehr eigene Mahnverfahren gegen Ex-Mandanten laufen als für andere Leute.

Hallo,

auch einen evtl. „kollegial“ vermittelten
Vorschlag des Beamten „ihm mal ebenso so“ unter 4 Augen den
Tathergang zu schildern - halt einfach aus menschlicher
Neugier *g*. Solche Aussagen landen üblicherweise im
Abschlußprotokoll des Beamten, wo u.a. der Eindruck von Dir
während der Vernehmung dargestellt wird - kurz ein schäbiger
Versuch Dir doch noch Informationen zu entlocken.

Glaube ich kaum. Zum einen wäre jegliche Information, die in diesem Gespräch gewonnen würde vor Gericht nicht verwendbar (da Du nicht auf Dein Zeugnisverweigerungsrecht aufmerksam gemacht wurdest), zum anderen könnte sich der Beamte mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde und evt. (je nach Vorgehen des Beamten) mit einer ganzen Reihe von Anzeigen (Nötigung, Zeugenbeeinflussung, Anstiftung zur Falschaussage (auch der Versuch ist strafbar)) konfrontiert sehen.
Aber wenn man rechtlich nicht so firm ist, würde ich schon einen Anwalt empfehlen.

Grüße,

Anwar

Tjia, so denke ich auch. Aber einen Anwalt kann ich mir
nicht leisten.

Das ist halt eine Frage der Kostenrechnung. Wie teuer wird es dich kommen, wenn du eventuell im Knast landest?

Grüße Dusan

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Bis auf das mit der PKH (s. worldwidefab seine Antwort) alles richtig und wichtig!

Zum einen wäre jegliche Information, die in
diesem Gespräch gewonnen würde vor Gericht nicht verwendbar
(da Du nicht auf Dein Zeugnisverweigerungsrecht aufmerksam
gemacht wurdest),

Wer sagt denn, dass das vertrauliche Gespräch ohne vorherige Belehrung stattgefunden haben muss?

zum anderen könnte sich der Beamte mit einer
Dienstaufsichtsbeschwerde und evt. (je nach Vorgehen des
Beamten) mit einer ganzen Reihe von Anzeigen (Nötigung,
Zeugenbeeinflussung, Anstiftung zur Falschaussage (auch der
Versuch ist strafbar)) konfrontiert sehen.

Ja. Polizeibeamte sehen sich täglich mehrfachen Angriffen ausgesetzt und entwickeln dem gegenüber mit der Zeit eine gewisse Gelassenheit…

Aber wenn man rechtlich nicht so firm ist, würde ich schon
einen Anwalt empfehlen.

Nicht nur dann. Ich persönlich würde mich nicht ohne Anwalt in ein Strafverfahren trauen.

Bei gewissen Delikten, vor allem wenn Freiheitsstrafe droht, gibt es auch noch die „notwendige Verteidigung“, statt PKH sozusagen. Dein Anwalt wird Dich gerne beraten.

Hallo,

Zum einen wäre jegliche Information, die in
diesem Gespräch gewonnen würde vor Gericht nicht verwendbar
(da Du nicht auf Dein Zeugnisverweigerungsrecht aufmerksam
gemacht wurdest),

Wer sagt denn, dass das vertrauliche Gespräch ohne vorherige
Belehrung stattgefunden haben muss?

Steht hier (implizit):

abgeschlossen wird, auch einen evtl. „kollegial“ vermittelten Vorschlag des Beamten „ihm mal ebenso so“ unter 4 Augen den Tathergang zu schildern[.]

Die Vernehmung ist also abgeschlossen und der Beamte fragt „nur mal so“ nach. Wenn er mich DABEI auch noch belehrt, würde ich aber mißtrauisch werden!

Ja. Polizeibeamte sehen sich täglich mehrfachen Angriffen
ausgesetzt und entwickeln dem gegenüber mit der Zeit eine
gewisse Gelassenheit…

Aber lustig ist es für sie bestimmt auch nicht. Wozu also der Quatsch?

Bei gewissen Delikten, vor allem wenn Freiheitsstrafe droht,
gibt es auch noch die „notwendige Verteidigung“, statt PKH
sozusagen. Dein Anwalt wird Dich gerne beraten.

Danke, aber ich war gar nicht angeklagt. :smile:

Grüße,

Anwar

Danke für die Tipps von euch. ich werd mir einen Anwalt nehmen und das mit den Kosten, denke ich, läßt sich klären.

Hallo,
inwiefern dieser „Trick“ rechtens ist, kann ich nicht beurteilen. De fakto ist er nicht unüblich, womit mir die damit einhergehenden Konsequenzen als „minderschwer“ erscheinen. Selbst wenn der Beamte Probleme bekommen sollte, ist fraglich, ob damit dieser Teil des Abschlußberichts hinfällig wird. Wenn nicht, kommt der Beschuldigte auf diese Art zwar noch in den „Genuß“ einer soften Rache aber objektiv betrachtet interessieren nur die Konsequenzen, die sich aus ggf. geäußerten Details zum Tathergang ergeben.

Gruss
Enno

PS: Die Rechtmäßigkeit davon würde mich auch interessieren, da sich dieser „Trick“ mit meinen Rechtsverständnis beißt.

Hallo,

Wenn er mich DABEI auch noch belehrt, würde
ich aber mißtrauisch werden!

belehrt wird man am Anfang der Vernehmung. Ich müßte noch mal jmd. mit Praxiserfahrung fragen, ob aus der Formulierung der Belehrung hervorgeht, daß sie sich nur auf den offiziellen Teil bezieht. Es stellt sich auch die Frage, worin sich rechtens dieser Trick von z.B. einem 3 Tage später stattfindenden Gespräch in der Kneipe unterscheidet. Der Abschlußbericht ist ja eine individuelle Aussage des Beamten, der ggf. vor Gericht vereidigt wird.

Gruss
Enno

Hallo Enno,

inwiefern dieser „Trick“ rechtens ist, kann ich nicht
beurteilen.

Also ein Experte bin ich auch nicht, aber ein interessierter Laie. AFAIK muss man vor jeder Vernehmung (auch vor Gericht) immer noch mal belehrt werden. Da mit der Unterschrift die Vernehmung beendet ist, muss damit auch die Belehrung „erlöschen“.

De fakto ist er nicht unüblich, womit mir die
damit einhergehenden Konsequenzen als „minderschwer“
erscheinen.

Vieles was in Deutschland geschieht, ist nicht „rechtens“, aber es wird halt versucht, da man darauf vertraut, dass der Bürger es nicht besser weiß (ich sage nur GEZ). Das macht es noch lange nicht zu Recht.

Selbst wenn der Beamte Probleme bekommen sollte,
ist fraglich, ob damit dieser Teil des Abschlußberichts
hinfällig wird.

Da bin ich jetzt auch überfragt, was dieser hypothetische Rechtsmangel nun juristisch für Konsequenzen hat.

PS: Die Rechtmäßigkeit davon würde mich auch interessieren, da
sich dieser „Trick“ mit meinen Rechtsverständnis beißt.

Ja, mich auch.

Grüße,

Anwar

Hai,

Selbst wenn der Beamte Probleme bekommen sollte,
ist fraglich, ob damit dieser Teil des Abschlußberichts
hinfällig wird.

Da bin ich jetzt auch überfragt, was dieser hypothetische
Rechtsmangel nun juristisch für Konsequenzen hat.

Selbst wenn der Abschlussbericht oder der Teil des Berichts, der sich auf die inoffiziell nach der Vernehmung gegebenen Informationen bezieht, in der Verhandlung offiziell nicht berücksichtigt werden darf, wird er doch den Richter, sofern er ihn liest, beeinflussen, ob er das nun will oder nicht. Und da es letztlich auch darauf ankommt, zu welcher Überzeugung das Gericht (der oder die Richter) gelangen, kann das schon einen Einfluss haben, denke ich mal.

Und richtig extrem würde das vermutlich, wenn sich die „inoffizielle“ Aussage und die Aussage vor Gericht inhaltlich deutlich voneinander unterscheiden, dann wird der Beschuldigte in den Augen des Richters fast automatisch unglaubwürdig.

Dass Polizeibeamte versuchen, durch kleine Tricks Aussagen zu bekommen, kann ich nur bestätigen. Mein Sohn (damals minderjährig) wurde mal zu einer Vernehmung geladen, niemand wusste, um was es ging. Ich ging mit ihm hin und sagte dem Beamten, dass wir zunächst einmal erfahren wollten, was meinem Sohn konkret vorgeworfen werde, und dann würden wir uns entscheiden, ob mein Sohn überhaupt eine Aussage macht. Der Beamte legte also los: Ein Jugendlicher aus dem Ort, wo er vorher gewohnt hatte … „Den kennst Du doch, oder?“ … schon versuchte er, Informationen zu bekommen. Ich ging dann dazwischen, er hat das noch einmal versucht, dann hat er eingesehen, dass das mit mir nicht funktioniert und hat erstmal alles vorgetragen. Es hat sich dann herausgestellt, dass mein Sohn eines Diebstahls verdächtigt wurde, aber zu einem Zeitpunkt, als er schon viele Wochen lang weit weg von dort lebte, er konnte es also nicht gewesen sein, damit war die Sache dann schnell erledigt. Aber erstmal versuchen … wenn da jemand nicht selbstbewusst genug ist, sich gegen solche Tricks zu wehren, dann sagt er schnell etwas, obwohl er das eigentlich nicht wollte.

Grüße
Sebastian

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Empfehlung
Hi,

kleiner Tipp : auf http://www-frag-einen-anwalt" bekommst Du schnell und preiswert (10-20 Euro) eine Beratung von einem richtigen Anwalt.

Gruss Hans-Jürgen
***

So kann’s nicht funktionieren…
Hallo Sebastian,

Selbst wenn der Abschlussbericht oder der Teil des Berichts,
der sich auf die inoffiziell nach der Vernehmung gegebenen
Informationen bezieht, in der Verhandlung offiziell nicht
berücksichtigt werden darf, wird er doch den Richter, sofern
er ihn liest, beeinflussen, ob er das nun will oder nicht.

Nun, wenn Du das tatsächlich annimmst, stellst Du damit einen Grundpfeiler unseres Rechtssystems in Frage, nämlich das Aussageverweigerungsrecht. Von dem darf man ja nur gebrauch machen, wenn man sich selbst belasten würde. Und wenn das den Richter beeinflussen würde („Er muss ja schuldig sein, sonst könnte er nicht die Aussage verweigern“), dann wäre das ganze sinnlos.
Nein, ich habe viele Probleme mit Richtern (insbesondere wenn Juristen über technische oder sonstwelche Probleme entscheiden), aber gerade hier würde ich dieses Abstraktionsvermögen der Justiz zutrauen.

Dass Polizeibeamte versuchen, durch kleine Tricks Aussagen zu
bekommen, kann ich nur bestätigen.

wenn da jemand nicht selbstbewusst genug ist, sich gegen
solche Tricks zu wehren, dann sagt er schnell etwas, obwohl er
das eigentlich nicht wollte.

Und wenn da jemand mal seine Rechtsschutzversicherung ausnutzen will, dann kann das ganz schnell nach hinten losgehen, für den Beamten.

Grüße,

Anwar

Hallo Anwar,

Nein, ich habe viele Probleme mit Richtern (insbesondere wenn
Juristen über technische oder sonstwelche Probleme
entscheiden), aber gerade hier würde ich dieses
Abstraktionsvermögen der Justiz zutrauen.

Na ja, da sind sicher nicht alle Richter gleich. Der eine versucht tatsächlich, so gut er irgend kann, solche Eindrücke nicht auf sich wirken zu lassen und wirklich nur das heranzuziehen, was offiziell in die Entscheidung einfließen darf, der andere fühlt sich verarscht (wenn ein Beschuldigter z.B. in dem „vertraulichen Gespräch“ mit dem Beamten etwas völlig anderes gesagt hat als nachher in seiner Aussage vor Gericht) und reagiert entsprechend sauer.

Auch Richter sind nur Menschen …

Grüße
Sebastian

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