Anything goes! und Jugendliteratur

Hallo,

ich würde gerne wissen, wie man „anything goes“ in Bezug auf (Jugend-)Literatur zu verstehen hat?
Anything goes bedeutet anscheinend so viel wie „Alles ist erlaubt“.
Wenn man also im Zusammenhang mit Jugendliteratur von anything goes spricht, meint man dann, dass die Autoren schreiben (dürfen), was sie wollen und es keine Tabus mehr gibt? Oder bezieht man anything goes eher auf die Handlung, dass zum Beispiel die Figuren im postmodernen Adoleszenzroman alles machen (können), was sie wollen?

Ich hab im Moment leider keinen Beispielsatz parat… vielleicht gehts ja auch erstmal ohne?

Danke im Voraus!

_Hallo, leider weiß ich zu diesem Thema auch nicht mehr als Du - es tut mir Leid, dass ich da nicht helfen kann.

MFG Kathrin

Das macht nichts, aber danke, dass du so schnell Bescheid gesagt hast!
Liebe Grüße

Hi Moglix,
so ohne Beispielsatz finde ich das echt schwierig.
Spontan hätte ich den Ausdruck eher auf das Lebensgefühl Jugendlicher bezogen, d.h. auch auf die Handlungsebene: Als Jugendlicher ist mal noch nicht festgelegt, was das weitere Leben betrifft. Man kann sich ausprobieren und dabei ist eben alles möglich. Man raucht eben auch mal alle Drogen, die man so findet, oder macht verrückte Dinge.
Soweit mal meine Idee.
Wenn du noch ein konkretes Beispiel hast, schreib einfach noch einmal.
Herzlich
annamirl

Hi Annamirl,
das ist ja mein Problem, dass ich keinen Text finde, in dem irgendetwas zu Anything goes in der Jugendliteratur gesagt wird :frowning: In einem Seminar über aktuelle Adoleszenzromane hat mein Prof immer mal wieder von „anything goes“ erwähnt, aber nie wirklich gesagt, was es bedeutet. Er meinte dann nur so etwas wie „Da sieht man mal wieder diese anything goes Mentalität“. Hm!
So wie du es verstehst und mir erklärt hast, macht es für mich Sinn. Es passt haargenau zu der dargestellten Jugend in dem Roman, den ich analysieren soll (Apples von Richard Milward). Meinst du, man könnte „anything goes“ nicht nur auf eine im Roman dargestellte Jugend, sondern auch auf die Autoren beziehen? So von wegen die Autoren können mittlerweile über alles mögliche schreiben, „Tabus brechen“ usw.?
Danke für deine bisherige Hilfe!
Schöne Ostern schon mal und liebe Grüße!

Hi Moglix,

so wie dein Prof das gesagt hat, meint er es wohl eher im Handlungssinne. Die Jugendliteratur bricht - meiner Meinung nach - nicht mehr Tabus als andere Literaturformen. Literatur hat schon immer versucht, Tabus zu brechen. Ich würde es eher nicht auf die Autoren beziehen.
Übrigens: Ist es eine Vorlesung oder ein Seminar. In einem Seminar würde ich einfach mal nachfragen, dann kann er dir genau erklären, was er darunter versteht.

Sehr herzlich

annamirl

Hi Annamirl,

ja, der Meinung bin ich persönlich auch, trotzdem höre ich in Bezug auf aktuelle Liebesromane immer wieder das Wort „Tabubruch“. Zum Beispiel wurde an irgendeiner Schule vor nicht allzu langer Zeit die Lesung aus „Doktorspiele“ von Konecny abgesagt bzw. vom Schulleiter „verboten“. Ebenso gab es zu „Doing it“ von Melvin Burgess in England heftige Reaktionen in Bezug auf die Sprache im Roman… Nun ja!

Es war ein Seminar, das ich vor zwei Semestern belegt habe… ich würde ungern auf den Prof zugehen, zumal seine Sprechstunden immer recht voll sind. Ich sehe das eher als letzten Ausweg.

Ich habe nochmal geschaut und habe ein Buch gefunden, in dem (laut Inhaltsverzeichnis) etwas über „anything goes“ gesagt wird. Ich werde es mir nach Ostern in der Bibliothek ausleihen und dann mal schauen, ob es mir weiterhilft. Falls nicht, habe ich dann aber endlich ein Textbeispiel für dich.
Also, gegebenenfalls komme ich nochmal auf dich zurück.
Ich danke dir schon mal für deine bisherige Hilfe!!!

Viele Grüße

Hallo moglix,

mit alles ist erlaubt ist es nur teilweise getroffen.

Der Wegfall von Absolutheit beanspruchenden Metasystemen führt zunächst einmal in eine Orientierungslosigkeit (Verunsicherung). Es gilt neue Wege zu finden, die eben diesen Anspruch (mein Weg ist für alle wegweisend) nicht mehr haben. Und da wird viel experimentiert und da gibt es viel Irrtum.
Literarisch sieht das manchmal so aus:
Aufgreifen alter Formen - Neukombination statt geniale Innovation
Zerstören alter Formen - bis hin zu ihrer Auflösung
Pluralität und Multiperspektivität - Meinung, was richtig oder falsch ist, muss erst der Leser durch den Leseakt finden …
Erzähltechnisch sieht das manchmal so aus: Verzicht auf den auktorialen Erzähler; Verzicht auf einen bzw. nur einen Helden;
Mehrsträngige statt einsträngige Handlung;

Mischung unterschiedlichster Textsorten (historische Dokumente, Tagebuchaufzeichnungen, phantastische Erzählung …)

Im Prinzip hast du dir schon selbst die richtige Antwort gegeben …

Es geht wirklich fast alles …

Vielleicht …

Erste Orientierung zu deiner Frage:
vgl. die ersten 40 Seiten dieser Diss
http://othes.univie.ac.at/1686/1/2008-10-01_0300456.pdf

Gruß CS

Hallo CarlosAntana,

vielen lieben Dank für deine Erklärung!

Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich alle Punkte verstehe… Trotzdem sehe ich, dass du „anything goes“ nicht auf die Handlungsebene beziehst, sondern auf literarische Gestaltungsmittel - sehr interessant!
Es hat mir bereits jemand hier geantwortet und diese Person hat „anything goes“ eher auf die im Roman dargestellte Jugend bezogen.

Ich habe die Dissertation kurz überflogen und werde sie in den nächsten Tagen in Ruhe durchlesen, vielleicht wird mir ja dann alles klar. Toll, vielen Dank für den Link! Ich habe beim Überfliegen gesehen, dass die Verfasserin sehr oft Herrn Ewers zitiert… das trifft sich sehr gut, denn bei ihm werde ich meine Hausarbeit schreiben :wink:

Darf ich dich noch einmal anschreiben, falls ich die Dissertation gelesen habe und danach nicht schlauer bin als vorher, was „anything goes“ betrifft?

PS: Kannst du eigentlich bisher gegebene Antworten von anderen hier lesen? Ich bin noch neu hier…

Viele Grüße