Bravo!
Hallo, Wolfgang.
Schon immer und quer durch alle Parteien wird in Deutschland
wie folgt verfahren: Über eine Milliarde DM für ein einziges
Marineschiff redet kein Mensch, findet sich höchstens eine
3zeilige Pressenotiz. Ein paar hundert Millionen für die
Bildung sind Pressekonferenzen mit vor Stolz geschwellter
Ministerbrust wert. Das gleiche gilt für die Anschaffung von
100 Schul-PCs für ein ganzes Bundesland (nein, kein Irrtum,
nicht etwa für eine einzige Dorfschule). Dabei sind solche
Beträge noch weniger als der Tropfen auf den heißen Stein, es
ist eine um mehrere Zehnerpotenzen falsche Größenordnung. Wenn
ein amerikanischer (fast hätte ich gesagt: intellektuell mäßig
begabter) Präsident 100 Milliarden Dollar oder mehr für ein
Schießprügelsystem ausgeben will, wird darüber nachgedacht, ob
und in welcher Höhe eine auch deutsche Beteiligung in Betracht
kommt. Es hat noch niemand probiert, aber wer in Deutschland
100 Milliarden DM für die Bildung fordert, würde
wahrscheinlich für verrückt erklärt. Dabei ist das die
Größenordnung, um in Grund- und Hauptschulen kleine Klassen
mit bester Ausstattung zu bekommen, bis hin zur Finanzierung
universitärer Forschung an vorderster Front und auf höchstem
Niveau. Statt dessen wird über Ganztagesschulen und ihre
Finanzierung über Jahrzehnte ergebnislos gestritten. Wenn wir
qualifizierte Leute brauchen, geht der Blick nach Indien. Eine
Fotokopie in einer Schule ist ein Verwaltungsakt. Mädchen
lernen immer noch überwiegend auf der Ebene Friseurin und
Wurstfachverkäuferin. Für alle werden immer schmalspurigere
Ausbildungsgänge angeboten. Jede Marktänderung wirft diese
Leute aus der Bahn. In Schulbüchern für Grundschüler spannt
der Bauer immer noch im Märzen die Rößlein ein - die Bücher
sind viel älter als die Schüler. Für Schulatlanten, die das
Verschwinden der DDR zur Kenntnis genommen haben, ist auch
kein Geld da. Abiturienten halten den Dreisatz für eine
olympische Disziplin und Realschüler verwenden eine
Mehrwertsteuertabelle, weil sie 16% nie und nimmer selbst
errechnen könnten.
Da kann ich nicht umhin, Dir Beifall zu zollen - genau das ist faul in diesem unserem komischen Land.
Ansonsten aber gebe ich zu bedenken, daß der 16jährige durchaus ein interessanter Rekrut für rechte Schlägertruppen ist. Wer sich solche Texte mit Begeisterung anhört, ist - zumindest in der Rotte - auch bereit, sie in die Praxis umzusetzen. Dem Anstreicher seine SA-Rotten bestanden auch zu großen Teilen aus 18/19jährigen Rotzlöffeln … und der Vergleich eines heutigen 16jährigen mit den 18/19jährigen von damals ist, denke ich, nicht so arg weit hergeholt. Also : Der „Schuß vor den Bug“ sollte schon ein ordentlicher sein.
Gruß kw