Hallo Karin,
zu Deinen ersten beiden Fragen haben ja schon etliche Leute was geschrieben - ich möchte gern was zur 3. sagen (obwohl das eigentlich schon nicht mehr in dieses Brett gehört):
Wie verhalten wir uns unseren Nachbarn gegenüber?
Freundlich. Warum? Meine Vermutung (oder eigentlich eher Erfahrung) ist, dass viele Menschen sich nicht trauen, sich rechtzeitig zu beschweren, wenn sie sich gestört fühlen. Sie warten, warten und warten, bis ihnen der Kragen platzt - und dann gibt es Schreierei oder eben den Anruf bei der Polizei. Zur Illustration erzähle ich mal die angedrohten Geschichten:
Vor einigen Jahren lebte ich mit meinem damaligen Mann in einem alten Haus, das wir renovierten - in einem südniedersächsischen Dorf volle Sturköpfe
. Einmal konnte der Gatte kein Ende finden und hämmerte um 21.00 Uhr noch auf dem Dachboden herum. Es kam wie es kommen musste: Das Telefon klingelte, und eine Frau schrie mir was von Unverschämtheit, Frechheit, Ruhestörung ins Ohr und wenn das Gehämmere nicht sofort aufhöre, riefe sie die Polizei. Als sie Luft holen musste, sagte ich: „Sie haben ja Recht, wer sind Sie denn?“), und prompt wurde aufgelegt. (Nebenbei: Sie hatte Recht - ich hätte mich an ihrer Stelle auch geärgert.)
Nun ja - am nächsten Tag begegnete ich der Nachbarin, die ich „in Verdacht“ hatte, und fragte sie direkt, ob sie angerufen habe. Nein, habe sie nicht. Ich hab dann ganz beiläufig weiter geredet, als hätte sie „ja“ gesagt - natürlich sei es Ruhestörung, um 21.00 Uhr zu hämmern und ich könne gar nicht verstehen, wieso sich nicht schon viel früher jemand beschwert habe, und jeder, der sich durch uns gestört fühle, möge das doch bitte gleich tun.
Und schließlich sagte sie: „Ich habe doch gedacht, Sie würden bald mal aufhören, und ich hatte meine Enkelkinder, und die konnten nicht schlafen.“ - Völlig klar: Sie war mit Recht sauer, hatte zu lange gewartet und war dann explodiert. Dieses zufällige Treffen endete letztlich damit, dass sie mir Blumensamen aus ihrem Garten schenkte.
Ein anderer Nachbar wollte manchmal etwas tun oder getan haben, was unserer Zustimmung bedurfte (ganz legitime Dinge - unser Grundstück betreten, um seinen Zaun von der anderen Seite zu streichen; das Stutzen eines Haselstrauchs, dessen Äste bei Westwind gegen sein Küchenfenster schlugen und dergleichen mehr). Aber anstatt einfach zu fragen, fiel dieser Mensch mich jedes Mal fast an wie eine Bulldogge - offenbar rechnete er wohl damit, dass wir ihm irgendwelche Schwierigkeiten machen würden (auch wieder klar: Wir waren erheblich jünger als alle anderen und lebten auch anders => Misstrauen). Nachdem ich dann zum 3. oder 4. Mal geantwortet hatte, das sei überhaupt kein Problem und er möge machen, verwandelte sich die Bulldogge in einen netten Nachbarn, der uns mitunter sein Werkzeug lieh.
Nach einiger Zeit waren wir so sehr akzeptiert, dass wir (größtenteils im Garten!) eine 3-Tage-Krawallfete mit ca 50 Leuten feiern konnten (selbstverständlich angekündigt und mit Einladung an alle direkt betroffenen Nachbarn bzw. mit der Bitte, sich bei Genervtsein zu melden), ohne dass sich jemand beschwerte oder die Polizei rief („Ach, das war doch gar nicht so schlimm“).
Tja, und warum habe ich das jetzt erzählt? Weil ich wirklich davon überzeugt bin, dass die meisten Menschen (Nachbarn) nicht „böse“ sind, auch wenn sie Dich anschreien oder die Polizei rufen. Ich glaube, die meisten Menschen sind froh, wenn man ihnen freundlich begegnet und sie sich nicht streiten müssen. Viele können sich aber anscheinend nicht sachlich und vor allen Dingen sofort mit ihrem jeweiligen Gegenüber verständigen, wenn sie sich gestört fühlen. Wenn man dann selbst nicht streitet, kann man ihnen ganz leicht den Wind aus den Segeln nehmen. Und das bedeutet nicht, vor aggressiven Nachbarn zu kuschen, sondern vielmehr, mal für einen Moment gewissermaßen durch ihre Augen zu sehen und konfliktträchtige Vorgänge aus ihrer Sicht zu beurteilen (mal ehrlich: Würde es Dich nicht auch stören, wenn jemand den lauen Frühlingsabend mit einem Rasenmäher zerhäckselte?).
Sicher gibt es auch Nachbarn, mit denen man sich - sei man auch noch so gutwillig - nicht verständigen kann, aber ich denke, die sind eine Minderheit.
Frühlingsgrüße und viel Glück - Susanne