Apparatebau : warum Flanschen achsfrei anordnen?

Guten Tag,
Genormte Flansche für den Behälter- und Apparatebau haben stets
eine durch vier teilbare Anzahl von Schraubenlöchern.
Die Schraubenlöcher sind auf Zeichnungen stets so angeordnet,
daß sie symmetrisch zu den beiden Hauptachsen liegen, und daß in
diese Achsen keine Bohrungen fallen.

Nun meine Frage :
Warum dürfen die Bohrungen nicht auf den Achsen liegen?

Gruß Wolfgang

Hallo !

Dürften sie sicher, wenn es ein Hersteller einfach mal macht. Nur - sind dann seine Apparate nicht mehr kompaktibel mit Flanschen vom Rest der Welt.
Man hat sich auf die jetzige Anordnung (Normung) geeinigt und wird wohl dabei bleiben. Warum sollte man das ändern?

Gruß Max

Hab noch was vergessen :

Es gibt für alle, die nicht wissen, wo sein Apparat mal angebaut wird lose Flanschen. Die kannst Du dann in jede verkorkste lage drehen.

Gruß max

Hallo Wolfgang

die achsfreie Anordnug hat den Zweck, dass eventuell einzubauende Schieber, Klappen, Stellgeräte und dergleichen wieder in Achse stehen. Schief schaut das doch nicht so schön aus :smile:
Beispiel:
http://www.alfredmeyer.com/buttwafer.htm

schönen Gruß

Darum!
Hi Wolfgang,

ich hab das vor vielen Jahren mal mit folgender Begründung gelernt:

Bei einer komplexen Verrohrung geht in fast allen Fällen irgendwann ein Bogen nach oben, nach unten, nach rechts oder nach links ab, und zwar wiederum in fast allen Fällen rechtwinklig. Nun haben es Verrohrungen - besonders im Apparatebau - so an sich, dass dort mehr oder weniger kalte oder warme Medien hindurch strömen. Bei vielen solcher Verrohrungen wechseln sich kalt und warm auch regelmäßig ab.

Wenn nun die Rohrleitungen nicht sehr lang sind, wird oft auf Kompensatoren verzichtet, indem man die Rohr-Längenänderungen „in den Bögen“ unterbringt. Es treten also auch bei spannungsfrei verlegten Rohrleitungen während des Betriebes mechanische Spannungen auf, die fast immer in Richtung oben, unten, rechts oder links verlaufen.

Und jetzt kommts: An dem Flansch wirkt jetzt eine Kraft so, als ob beispielsweise jemand das zugehörige Rohr nach unten zöge.

Wären jetzt die Schrauben auf den Achsen, wäre nur EINE Schraube, nämlich die obere, belastet. Die beiden waagerechten Schrauben nähmen keine Kraft auf (so lange die obere Schraube nicht länger wird, tritt hier auch keine Biegung auf) und die untere wird erst recht nicht belastet.

Bei der üblichen Anordnung nehmen nun aber ZWEI Schrauben die Kraft auf. Weil die aber nun näher am Mittelpunkt sind, ist wegen der Hebelwirkung die Gesamtkraft maximal um den Faktor Wurzel aus zwei, also ca. 1,4 höher. Die Schrauben sind aber zu zweit! Voraussetzung für gutes Gelingen ist natürlich eine einigermaßen gleichmäßige Belastung der beiden Schrauben. Das Ganze gilt übrigens auch für alle anderen Flansche mit mehr als vier Schrauben.

Gruß
Pat

Hallo Pat,
An einem auf Füßen stehenden zylindrischen Behälter wird in das Mantelblech ein waagerechter Stutzen eingeschweißt. Nehmen wir
nun einen Vorschweißflansch DN 50 ; PN 16 dieser hat 4 Bohrungen
mit Dm=18mm für M16 Schrauben. Wird dieser nun nach der "achsfreien Regel " eingeschweißt, so sind die Bohrungen von
der waagerechten und der senkrechten Hauptachse jeweils in einem
Winkel von 45° angeordnet. Wenn nun Deine Argumentation gelten
soll, darf die Haupt-Lastrichtung nur waagerecht oder senkrecht
sein, nur dann wird die Last immer auf 2 Schrauben gleichmäßig
verteilt. Diese Vorschrift gibt es meines Wissens nicht. Wird
nun der Gegenflansch mit Dichtung montiert, so wird z.B. auf
die Lastrichtung des anzuschweißenden Rohrbogens gar nicht geachtet, sondern dieser wird in dem Winkel angeschweißt wie vom Isometriker vorgegeben. Prinzipiell gibt es unendlich viele Lastrichtungen ( 360° ). Natürlich kenne ich auch die Losflansch-
verbindungen nach DIN 2641;2642;2655…usw. aber das war nicht meine Frage.
Außerdem wirken an einer Rohr-Flanschverbindung Primärlasten wie
Eigengewicht einschl. Inhalt und ev. Isolation als Streckenlast,
Erdbebenlast, im Freien noch Schnee- und Windlast.
Dazu gesellen sich noch sekundäre Lasten hervorgerufen durch Wärmespannungen und behinderte Systemlängsdehnungen.
Da ich sehr viele Festigkeitsberechnungen für den Druckbehälter- bau und für Rohrleitungen nach den AD-Merkblättern durchführe
kenne ich zwar diese ganze Problematik, weiß aber immer noch nicht, warum Flanschbohrungen achsfrei darzustellen sind !
Danke für Deine Ausführungen.

Gruß Wolfgang

Danke für Eure Antworten! owT.
owT.

Hallo Pat,
An einem auf Füßen stehenden zylindrischen Behälter wird in
das Mantelblech ein waagerechter Stutzen eingeschweißt. Nehmen
wir
nun einen Vorschweißflansch DN 50 ; PN 16 dieser hat 4
Bohrungen
mit Dm=18mm für M16 Schrauben. Wird dieser nun nach der
"achsfreien Regel " eingeschweißt, so sind die Bohrungen von
der waagerechten und der senkrechten Hauptachse jeweils in
einem
Winkel von 45° angeordnet. Wenn nun Deine Argumentation gelten
soll, darf die Haupt-Lastrichtung nur waagerecht oder
senkrecht
sein,

dürfen darf sie wahrscheinlich sein, wie sie will, aber bei üblicher Montage stellt sie sich so ein

nur dann wird die Last immer auf 2 Schrauben gleichmäßig
verteilt. Diese Vorschrift gibt es meines Wissens nicht.

meines Wissens (bin da kein Experte!) auch nicht, aber bei „Preußens“ sollte man vorsichtig sein, da gibt’s ja für jeden Furz ne Vorschrift

Wird
nun der Gegenflansch mit Dichtung montiert, so wird z.B. auf
die Lastrichtung des anzuschweißenden Rohrbogens gar nicht
geachtet, sondern dieser wird in dem Winkel angeschweißt wie
vom Isometriker vorgegeben.

und der ist in geschätzten 98% aller Fälle senkrecht oder waagerecht

Prinzipiell gibt es unendlich
viele Lastrichtungen ( 360° ).

völlig richtig!

Natürlich kenne ich auch die
Losflansch-
verbindungen nach DIN 2641;2642;2655…usw. aber das war nicht
meine Frage.

das greife ich aber trotzdem mal auf: Nehmen wir an, der Gegenflansch bekommt einen 90°-Bogen angeschweißt, daran kommt ein Rohr in einem Winkel von 45° nach oben. Dann wird der clevere Konstrukteur am Behälter einen Losflansch vorsehen. Sollte er das nicht dürfen, sollte der Isometriker ein erstes Stück Rohr (ca. 200 mm) waagerecht oder senkrecht machen und dann den Winkel vorsehen. Und wenn das auch nicht geht, bildet diese Verbindung halt mal ne Ausnahme, davon geht die Welt nicht unter!
Kommt ein Rohr ohne Bogen an den Flansch, kannst du am freien Ende natürlich in alle Richtungen „rühren“, aber (fast) jedes freie Rohrende kriegt irgendwann einen Bogen und dessen freies Ende zeigt dann nach oben, unten, rechts oder links …

Außerdem wirken an einer Rohr-Flanschverbindung Primärlasten
wie
Eigengewicht einschl. Inhalt und ev. Isolation als
Streckenlast,
Erdbebenlast, im Freien noch Schnee- und Windlast.

hier heißt das Stichwort Rohrlagerung (oder -halterung)

Dazu gesellen sich noch sekundäre Lasten hervorgerufen durch
Wärmespannungen und behinderte Systemlängsdehnungen.

stell dir doch bitte mal folgendes vor: Der Behälter bekommt einen Flansch wie du ihn oben beschrieben hast in 1,5 m über Grund (damit du kräftig zupacken kannst). Am Gegenflansch wird ein Bogen angeschweißt mit dem freien Ende waagerecht nach rechts. Daran kommt ein Rohr mit 1,50 m Länge. Nun kannst du mit der Hand am freien Rohrende eine Kraft in sechs Hauptrichtungen ausüben.
a) senkrecht nach oben und unten
b) waagerecht nach vorn und hinten
c) waagerecht nach rechts und links
Im Falle von a werden die Schrauben nicht auf zusätzliche Dehnung, sonder auf Scherung belastet.
In den Fällen b und c werden jeweils zwei Schrauben auf Dehnung belastet. Alle anderen Lastfälle, z. B. schräg nach hinten-unten sind eine Kombination der Fälle a, b oder c. Also wozu eine Vorschrift, wenn doch die Logik das gebietet?

Da ich sehr viele Festigkeitsberechnungen für den
Druckbehälter- bau und für Rohrleitungen nach den
AD-Merkblättern durchführe
kenne ich zwar diese ganze Problematik, weiß aber immer noch
nicht, warum Flanschbohrungen achsfrei darzustellen sind !

jetzt vielleicht doch? Oder damit keine Schraube unter einem engen Rohrbogen liegt und somit schlecht zugänglich ist?

Danke für Deine Ausführungen.

gern geschehen

Gruß Wolfgang

Gruß
Pat

R^3: Die vermeintliche Lösung !
Hallo Pat,

nach dem ich bei einigen Apparatebauern nachgefragt habe, und
diese keine Erklärung dafür hatten, habe ich beim Normenausschuß
für Rohrleitungen nachgefragt, hier die Original-Antwort :

meines Wissens nach liegt der Grund in der üblicherweise auch achsfrei durchgeführten Montage. Diese führt zu einer besseren Zugänglichkeit der Schrauben-/Bolzenverbindungen z.B. bei paralleler Verlegung auf engen Rohrbrücken etc.

Gruß Wolfgang