Appell blasen

Hallo Leute,

ich hab kürzlich ein Gedicht gelesen und verstehe diese Textstelle nicht ganz:

,Zum letzten Mal wird nun Appell geblasen!"

genauer gesagt verstehe ich diese redewendung Appell blasen nicht wirklich und verstehe sie dementsprechend auch nicht.

für alle, die es interessiert…es war ein vers aus einem gedicht von horst wessel (die fahne hoch)

liebe grüße

Hallo!

für alle, die es interessiert…es war ein vers aus einem
gedicht von horst wessel (die fahne hoch)

Dass dieses „Gedicht“ das Kampflied der SA und später Parteihymne der NSDAP war und in Deutschland als Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verboten ist, ist dir hoffentlich bekannt.
http://bundesrecht.juris.de/stgb/__86a.html
Grüße, Peter

Hallo,
Appell ist ein Lehnwort aus dem Französischen (appel - Ruf, Ausruf), Ende des 17. Jahrhunderts im Militärwesen übernommen. Die heute üblichere Bedeutung i.S.v. Aufruf, nachdrückliche Bitte, Aufforderung, Mahnruf (z.B. ‚Appell an das Gewissen‘) ist erst ca. ein Jahrhundert später nachgewiesen.

Im militärischen Bereich ist ‚Appell‘ der Mannschaftssammelruf, vor allem zur Befehlsausgabe und / oder zur Überprüfung der Mannschaftsstärke (‚Zählappell‘); das Wort tritt zumeist in Syntagmen wie ‚zum Appell blasen‘, ‚zum Appell antreten‘ o.ä. auf. Zum ‚Appell blasen‘ deswegen, weil das Signal, zum Appell anzutreten, i.d.R. mit einem Trompeten- oder Hornsignal gegeben wird. Im 18. Jahrhundert auch üblich der Begriff ‚zum Appell schlagen‘ - das Sammelsignal wurde in manchen Militärverbänden mit einer Trommel statt mit Militärtrompete / Signalhorn gegeben.

Freundliche Grüße,
Ralf

Dass dieses „Gedicht“ das Kampflied der SA und später
Parteihymne der NSDAP war und in Deutschland als Kennzeichen
verfassungswidriger Organisationen verboten ist, ist dir
hoffentlich bekannt.
http://bundesrecht.juris.de/stgb/__86a.html
Grüße, Peter

Zitat aus §86a:
„Kennzeichen im Sinne des Absatzes 1 sind namentlich Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen.“

Da kann das Gedicht/Lied ja eigentlich nicht drunterfallen (oder ist ein Lied auch eine „Parole“?)

Grüße,
Sebastian

Hallo Sebastian,

Zitat aus §86a:
„Kennzeichen im Sinne des Absatzes 1 sind namentlich Fahnen,
Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen.“

Da kann das Gedicht/Lied ja eigentlich nicht drunterfallen
(oder ist ein Lied auch eine „Parole“?)

doch, doch, das weiß sogar Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Horst-Wessel-Lied

Gruß

=^…^=

Hallo, Sebastian,

Da kann das Gedicht/Lied ja eigentlich nicht drunterfallen
(oder ist ein Lied auch eine „Parole“?)

Nein, aber in diesem Fall ein „Propagandamittel“

und hier greift - meiner Meinung nach - nicht StgB§86a, sondern
§ 86/I/4

„4. Propagandamittel, die nach ihrem Inhalt dazu bestimmt sind, Bestrebungen einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation fortzusetzen,“

aus: http://www.gesetze-xxl.de/gesetze/stgb/p86.htm

Aber ich bin keine deutsche Juristin - ich kann mich auch irren.

Gruß, jenny

Hallo Sebastian,

Zitat aus §86a:
„Kennzeichen im Sinne des Absatzes 1 sind namentlich Fahnen,
Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen.“

Da kann das Gedicht/Lied ja eigentlich nicht drunterfallen
(oder ist ein Lied auch eine „Parole“?)

doch, doch, das weiß sogar Wikipedia:
http://de.wikipedia.org/wiki/Horst-Wessel-Lied

Dort habe ich den Verweis auf 86a auch gesehen, allerdings ohne jede Begründung. Entweder irrt hier Wikipedia, oder die rechtliche Konstruktion des Verbots ist ziemlich an den Haaren herbeigezogen.

Grüße,
Sebastian

Servus, Sunbell,

ich hab kürzlich ein Gedicht gelesen und verstehe diese…

es interessiert mich sehr, deshalb meine Frage, wo du denn dieses
„Gedicht“ gelesen hast? In welchem Zusammenhang? War es Schulstoff?
Wenn ja, habt ihr darüber gesprochen?
Oder bist du zufällig darauf gestoßen? Und wenn ja, wo?

Einen lieben Gruß, jenny

„4. Propagandamittel, die nach ihrem Inhalt dazu bestimmt
sind, Bestrebungen einer ehemaligen nationalsozialistischen
Organisation fortzusetzen,“

aus: http://www.gesetze-xxl.de/gesetze/stgb/p86.htm

Aber ich bin keine deutsche Juristin - ich kann mich auch
irren.

Kling passender als der 86a. Allerdings ist der §86 auf Verbreitung etc. von Schriften beschränkt, würde also das öffentliche Singen vermutlich wiederum nicht umfassen. Naja. Lässt sich vermutlich nur vom Juristen, der einen dicken Kommentar im Regal hat, klären.

Bin auch nur juristischer Laie, aber interessiert :smile:.

Grüße,
Sebastian

Hi,

Kling passender als der 86a. Allerdings ist der §86 auf
Verbreitung etc. von Schriften beschränkt,

nö, ist er eben nicht (im Zusatz I/4)

würde also das
öffentliche Singen vermutlich wiederum nicht umfassen.

Dazu auch:
Zitat:
"Strafbar macht sich allerdings, wer das sogenannte Horst-Wessel-Lied singt, es zählt zu den “Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen”.

aus:http://blog.juracity.de/2007-11-21/das-singen-ist-fr…

In Österreich heißt es:
„Nach § 3g wird auch bestraft, wer in einem Druckwerk, im Rundfunk oder in einem anderen Medium oder wer sonst öffentlich auf eine Weise, daß es vielen Menschen zugänglich wird, den nationalsozialistischen Völkermord oder andere nationalsozialistische Verbrechen gegen die Menschlichkeit leugnet, gröblich verharmlost, gutheißt oder zu rechtfertigen sucht.“

Und dieser Tatbestand ist mit dem Singen des Liedes in der Öffentlichkeit sicher gegeben!

Gruß, jenny

Kling passender als der 86a. Allerdings ist der §86 auf
Verbreitung etc. von Schriften beschränkt,

nö, ist er eben nicht (im Zusatz I/4)

Was ist denn der Zusatz I/4? Wo findet man den, ist das ein Zusatzgesetz zum StGB? Im Gesetzestext des StGB selbst steht ja unter §86(2) erst mal, dass „Propagandamittel im Sinne des Absatzes 1 […] nur solche Schriften (§ 11 Abs. 3) [sind], deren Inhalt gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet ist“ (Hervorhebung durch mich).

Dazu auch:
Zitat:
"Strafbar macht sich allerdings, wer das sogenannte
Horst-Wessel-Lied singt, es zählt zu den “Kennzeichen
verfassungswidriger Organisationen”.

Mit „Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“ sind wir wieder beim §86a angelangt. Es kann eigentlich nur so sein, dass das Horst-Wessel-Lied von der Rechtssprechung (in meinen Augen leicht holprig) als „Parole“ gedeutet wird, damit es unter den §86a fällt. Oder es handelt sich bei der Strafbarkeit um einen urbanen Mythos :wink:.

Viele Grüße,
Sebastian

aus:http://blog.juracity.de/2007-11-21/das-singen-ist-fr…

In Österreich heißt es:
„Nach § 3g wird auch bestraft, wer in einem Druckwerk, im
Rundfunk oder in einem anderen Medium oder wer sonst
öffentlich auf eine Weise, daß es vielen Menschen zugänglich
wird, den nationalsozialistischen Völkermord oder andere
nationalsozialistische Verbrechen gegen die Menschlichkeit
leugnet, gröblich verharmlost, gutheißt oder zu rechtfertigen
sucht.“

Und dieser Tatbestand ist mit dem Singen des Liedes in der
Öffentlichkeit sicher gegeben!

Naja, wenn ich die vier Verben anschaue, trifft es keines von ihnen zu 100%. „Gutheißen“ kommt vermutlich je nach Kontext in Frage. Das ist doch mehr ein Holocaustleugnerparagraph als ein Kennzeichen-verfassungswidriger-Organisationen-Paragraph.

Viele Grüße,
Sebastian

Servus, Sebastian,

ich möchte diese Diskussion hier bitte beenden!

  1. gehört sie nicht in dieses Brett
  2. sind wir beide keine Juristen

und 3) und das ist für mich der wichtigste Grund:

mir reicht es, dass das H.W.-Lied VERBOTEN ist!!! Juristische Spitzfindigkeiten mögen die austüfteln, deren Beruf das ist oder denen dieses Verbot aus dem einen oder anderen Grund nicht „reicht“.

Mir wäre allerdings lieber, diese Energien konzentrierten sich auf die Einhaltung des Verbots!

Lieben Gruß, jenny

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ich möchte diese Diskussion hier bitte beenden!

Hast recht, die Frage lässt sich ohne Blick in einen entsprechenden Kommentar oder ein entsprechendes Urteil wohl kaum lösen.

mir reicht es, dass das H.W.-Lied VERBOTEN ist!!!

Ob und in welchem Umfang das so ist, war halt gerade die Frage.

Viele Grüße,
Sebastian

letztmalig off topic
Hallo!
Ich bitte den MOD jetzt schon um Entschuldigung, es ist mir aber wichtig, dass über Verbot und strafrechtliche Konsequenzen dieses Liedes keine Zweifel bleiben. Da der Thread dazu geschlossen wurde, erlaube ich mir hier abschließend zwei kurze Bemerkungen:

  1. Deine Ansicht, Jenny, dass das öffentliche Absingen dieses Liedes in Österreich verboten ist, ist auch die des Obersten Gerichtshofes (vgl. OGH 5.9.1996, 15Os107,108/96 – http://www.ris2.bka.gv.at/Dokument.wxe?QueryID=Justi…).
  2. Zur Rechtslage in Deutschland wurden Zweifel angemeldet, weil es sich um ein Lied handelt und als solches nicht von § 86a StGB umfasst sei. Dem ist nicht so: Kennzeichen im Sinne des §86a StGB sind auch nichtkörperliche optische oder akustisch charakteristische Erkennungszeichen. Dazu zählt auch das Horst-Wessel-Lied.
    http://www.verfassungsschutz.sachsen.de/download/hak…
    Und jetzt sag ich hier nix mehr dazu. Weitere Fragen bitte ins Rechtsbrett.
    Grüße, Peter
2 Like