Appellationsrecht

Einen schönen guten Tag allerseits.

Ich lese gerade einen Text, in dem es um die Machtergreifung Hitlers geht, darum, dass allgemeine Grundrechte sowie das Appellationsrecht außer Kraft gesetzt worden sind.

Habe daraufhin kurz nachgeschlagen und gegoogelt, und bin darauf gestoßen, dass es sich bei Appellation um ein anderes Wort für Berufung handelt.
Lieg ich damit richtig? Ist es wirklich so, dass jeder Verurteilte ein Recht hat, Berufung einzulegen? Ich dachte immer, das ist von Fall zu Fall unterschiedlich?

Wäre für Aufklärung dankbar.
Bis dann, Dangermouse

Habe daraufhin kurz nachgeschlagen und gegoogelt, und bin
darauf gestoßen, dass es sich bei Appellation um ein anderes
Wort für Berufung handelt.
Lieg ich damit richtig? Ist es wirklich so, dass jeder
Verurteilte ein Recht hat, Berufung einzulegen? Ich dachte
immer, das ist von Fall zu Fall unterschiedlich?

Hallo,
das Wort Appellation kommt aus dem Lateinischen (appellatio) und bedeutet so viel wie Anrede, Ansprache, aber auch Berufung gegen ein Urteil.
Die Berufung ist ein Rechtsmittel, mit dem man sich gegen eine Behördenentscheidung meist an eine höhere Instanz wendet. So ist grundsätzlich jedes erstinstanzliche Strafurteil berufungsfähig, d.h. man kann es von einer anderen Instanz überprüfen lassen. Nicht alle Rechtmittel (oder Rechtsbehelfe) heißen aber Berufung, es gibt auch Einsprüche, Beschwerden usw. In der Schweiz etwa heißen Rechtsmittel auch „Appellation“ (etwa § 177 Schweizer StPO).
Die Rechtsmittel (Berufungen) sind in den einzelnen Verfahrensgesetzen sehr komplex geregelt und es gibt die verschiedensten Ausformungen, aber es zählt zu den rechtsstaatlichen Grundsätzen, dass jede Behördenentscheidung überprüfbar sein muss.
Das Wort „Appellation“ kann aber auch ganz allgemein im Sinne vom „Eingaben machen“ verwendet werden, z.B. dass man sich mit einem bestimmten Anliegen an eine Behörde, einen Abgeordneten oder sonst einen Funktionär wendet.
Grüße, Peter
PS: Es wäre interessant zu wissen, welchen Text Du meinst und welches Berufungsrecht konkret gemeint ist, dann könnte man das verfahrensrechtlich und auch im Hinblick auf rechtsstaatliche Prinzipien näher beurteilen.

Hallo, Peter, vielen Dank erstmal!

Es handelt sich bei dem Text, den ich meine um die so genannte Brandverordnung (also nach dem Brand im Reichstag), „Verordnung zum Schutz von Volk und Staat“ vom 28.02.1933.
Darin geht es hauptsächlich darum, dass bestimmte Artikel (114, 115, 117, 118, 123, 124 und 153) der Weimarer Verfassung außer Kraft gesetzt wurden, d.h. z.B. Einschränkung der persönlichen Freiheit, freie Meinungsäußerung, Einschränkungen des Eigentums, etc.
Hier kann man genau nachsehen, was im einzelnen in den Artilen stand:

http://de.wikisource.org/wiki/Verfassung_des_Deutsch…

„Appellationsrecht“ taucht allerdings nicht in dem Gesetzestext direkt auf, sondern nur in dem Text, der einige Vorgänge knapp zusammenfasst, ich werde dir kurz den Text abschreiben, in dem Appellationsrecht erwähnt wird:

„Als am 27. Februar das Reichstagsgebäude in Berlin in Flammen aufging, benutzte Hitler den bis heute in seiner Urheberschaft umstrittenen Brandanschlag, um über den Reichspräsidenten Hindenburg Notverordnungen nach Art. 48 der Weimarer Verfassung erlassen zu können. In der „Verordnung zum Schutz von Volk und Staat“ vom 28. Februar wurden die klassischen Grundrechte der Verfassung einschlißelich des Appellationsrechts außer Kraft gesetzt und die Todesstrafe für Hoch- und Landesverrat eingeführt. Das materiale Rechtsstaatprinzip war damit auf Grund eines formalen Reichsaktes bis 1945 aufgehoben.“

Soviel zum Kontext. Im weiteren Text wird das Appellationsrecht leider nicht mehr erwähnt, daher auch meine Frage.

Merci, Dangermouse

Hallo Dangermouse,
ich habe mir die von Zynismus, Gewaltbereitschaft und Mißachtung jeglicher Rechskultur triefende Verordnung „Zum Schutz von Volk und Staat“ vom 28.2.33 wieder einmal näher angeschaut (auch wenn ich dabei kotzen möcht). Worauf sich das angesprochene „Appellationsrecht“ nun im Detail bezieht, weiß ich leider auch nicht. Da die Verordnung aber viel schwerwiegendere Punkte enthält (und mir der von Dir zitierte Text auch nicht ganz fehlerfrei erscheint - es wurden mit der genannten Verordnung zwar wesentliche, aber doch nicht alle „klassischen Grundrechte“ beseitigt, es heißt „materielles“ und nicht „materiales“ Rechtsstaatsprinzip, und auch über die „Formalnatur“ der Verordnung ließe sich streiten), würde ich dem Begriff „Appellationsrecht“ keine besondere Bedeutung beimessen.
Grüße, Peter

Oha, jetzt hast du dir aber ganz schön viel Mühe gemacht :smiley:
Sehr nett von dir, auch wenn es so auführlich auch gar nicht hätte sein müssen. Habe nochmal nachgeschaut, hab alles richtig zitiert, das „materiale“ hat mich auch irritiert, deswegen hab ich es im Text auch vorsorglich nicht unterstrichen :wink:, werde ich am Mittwoch selber im Unterricht mal nachfragen.

Vielen Dank an dich und liebe Grüße
Dangermouse

hallo dangermouse,

die Verordnung hatte zur konkreten Folge, daß Sondergerichte gebildet wurden, gegen deren Urteil keine Berufung (Appellation) möglich war.
Näheres findest Du in dieser Durchführungsverordnung in § 16 Abs. 1:

http://www.documentarchiv.de/ns/1933/sondergerichte-…

Zusammen mit der Einschränkung der Rechte der Angeklagten im verfahren selbst war damit der Rechtsstaat faktisch abgeschafft, da die Sondergerichte fast immer einen Zusammenhang konstruieren konnten, um einen Fall, den sie haben wollten, in ihre Zuständigkeit zu bekommen.
Ein solches Sondergericht war z. B. auch der sog. „Volksgerichtshof“.
Und die feinen bürgerlichen Juristen haben fast immer bei diesen rechtlichen Farcen mitgespielt.

&Tschüß

Wolfgang