Arbeiten nach Arbeitsunfall wg. BG?

Hallo,
ein Servicemonteur quetscht sich bei der Arbeit die Hand in einer schweren Metalltür und geht nach dem Vorfall direkt von der Arbeit mit großen Schmerzen und Schwellung der Hand zum Unfallarzt. Dieser untersucht und röntgt, schreibt den Monteur vorläufig bis Ende der Woche wg. starker Prellung des Ring-, Mittel- und Zeigefingers krank. Verband, Schmerzmittel, Schonung. Noch am selben Tag meldet der Monteur dies seinem direkten Vorgesetzten, der ihn eh schon auf dem Kicker hat (nicht aufgrund Arbeitsgüte, Fehlverhalten oder nicht nachvollziehbarer Fehlzeiten. Die Personalbewertungen sind immer positiv und bescheinigen dem Mitarbeiter hohe Motivation, Loyalität und Einsatzbereitschaft. Er wird erst vom Vorgesetzen „sonderbehandelt“ seit er neben Arbeit und Familie noch eine 2jährige Fortbildung macht).
Der Vorgesetzte meldet sich am nächsten Morgen mit der Aufforderung beim Monteur, die Krankschreibung durch den Arzt aufheben zu lassen und stattdessen „leichte Tätigkeiten“ im Büro und Lager zu verrichten mit der Begründung, dass die Unfallmeldung zurückgezogen werden und somit nicht der Firmenzentrale gemeldet werden soll (das sei unnötig und kompliziert und dann würde nachgefragt werden blablablabla). Der Monteur wendet sich an die Personalabteilung und diese erzählen ihm das selbe, jedoch sei es denen egal ob er andere Arbeiten verrichte oder einfach zuhause bliebe und seine Hand kuriere… Aber die Meldung an die BG solle vermieden werden.
Bei diesem Unfall gibt es keinen „direkten Verursacher“ oder eine „Gefahrenstelle“, der Betrieb hätte keinerlei Überprüfung von Schutzmaßnahmen etc. zu befürchten. Der Unfall wurde durch den Monteur selbst „verschuldet“, als dieser auf einem Hausdach die Tür zum Aufzugsschacht aufstoßen wollte und seine Hand in die Tür bekam, die durch den entstandenen Luftzug (Schacht) und den gestrigen Wind direkt wieder zugeknallt wurde.
Was sollte der Monteur Eurer Meinung nach tun - wie verhält er sich richtig?
Was, wenn später Folgeschäden an Gelenkkapseln oder Sehnen auftreten und der Unfall gar nicht „stattfand“? Wer haftet dann für Spätfolgen?

Danke + Gruß,
Sonja

Hallo,

gem. § 2 Abs. 1 AU-RL (Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien) bezieht sich eine AU immer nur auf die arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit.
https://www.g-ba.de/informationen/richtlinien/2/
Eine andere Tätigkeit kann der AG nicht verlangen, wenn diese nicht ausdrücklich arbeitsvertraglich vereinbart ist.
Das Verhalten des Vorgesetzten im geschilderten Fall ist schon nahe am Bereich der Nötigung.

Der von der Personalabteilung genannte Grund der Vermeidung einer BG-Meldung ist Quatsch, da der Vorfall mit Aufsuchens des D-Arztes, der mit der BG abrechnet, bei der BG bereits aktenkundig wird. Damit werden auch entsprechende Nachfragen der BG nicht mehr vermieden. Evtl. gab es im Unternehmen eine derartige Häufung von Arbeitsunfällen, daß eine Erhöhung des Beitrages befürchtet wird.

Zwar hat der AN theoretisch grundsätzlich keinen Nachteil bei Weiterarbeit wg. § 7 Abs. 2 SGB VII,
http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_7/__7.html
allerdings sind BGen ausgesprochen geizig und werden bei evtl. Spätschäden erst recht nach allen möglichen Gründen suchen, warum die Spätschäden keine direkte Unfallfolge sein könnten.

Falls es in dem Betrieb einen BR gibt, sollte der AN diesen Fall dem BR sofort melden.

Außerdem stellt sich angesichts der Aussagen von Vorgesetztem und auch Personalabteilung durchaus die Frage, ob man es mit einem seriösen AG zu tun hat und ob eine berufliche Neuorientierung nicht angesagt wäre.

&Tschüß
Wolfgang

Ich würde als Betroffener zu hause bleiben und die Meldung aufrecht erhalten. Sollte die Meldung bei der BG zurückgezogen werden und es treten Spätschäden auf, ist der Verletzte gekniffen - und sein Chef wird ohn garantiert nicht aus Solidarität oder Mitleid weiterbeschäftigen sondern entlassen. Und dann hat er nichts.

Die Erfahrung die ich im Bekannten- und Familienkreis machen musste - der Arbeitgeber dankt es einem nichts, wenn man sich gesundheitlich aufopfert.

Wenn man normale Beschwerden hat, wie leichte Rückschmerzen oder Knie oder Fuß und nicht auf Montage kann, spricht nichts gegen Bürotätigkeit oder Lager aufräumen oder so. Aber wenn die BG zuständig ist und man einen Unfall hatte, würde ich das nicht tun.

Zumal, was würde der Arzt sagen … Erst geht man hin und sat Arbeitsunfall, dann kommt man nach ein paar Tagen und sagt „April April“?

Hallo,
danke für die Antworten. Es gab ein Missverständnis, sorry - es war in diesem fiktiven Fall nicht die Personalabteilung, sondern die Bezirksleitung… könnte da ein Bonussystem für die Führungskräfte dahinterstecken!!! Hmmmm…
Jedenfalls hätte man dem Monteur nun nahe gelegt, doch wenigstens Kurierfahrten zu machen - denn Autofahren könne er ja vermutlich, er müsse ja auch mal zum Arzt…
Gibt es hier eine Art „Frist“, dass ein Arbeitsunfall der BG erst gemeldet wird, wenn die AU länger als X Tage andauert?
Ins „Unfallbuch“ müssen ja auch schon kleine Schnittverletzungen eingetragen werden, auch ohne BG-Meldung.
Laienfrage: wie erreicht die Meldung überhaupt die BG? Durch die Personalabteilung? Durch den behandelnden Arzt, der diese bei der Krankenkasse abrechnet und dann meldet die? Auf der AU gibt es ja das Kästchen für Arbeitsunfall…
Worst Case: was wäre, wenn der Monteur nun innerhalb der AU-Zeit Betriebsfahrten tätigt und dabei ein Verkehrsunfall passiert? Man muss ja nicht schuld sein… es kann auch ein anderer die Vorfahrt missachten oder auffahren!
Man könnte vermuten, dass der Monteur Angst vor Konsequenzen hat - zum BR würde er daher nicht wollen, so wie Wolfgang erwähnte… dann wären die Aufstiegschancen (Fortbildung) innerhalb dieses Weltkonzerns vermutlich futsch…

Danke und schönen Tag noch,
Sonja

Schlimm genug, wenn ein „Weltkonzern“ seine MA so gängelt und unter Druck setzt. Schade, dass man nicht weiß welcher - den würde ich glatt meiden wollen.

Ich würde auch nicht fahren. Wie du schreibst, wenn ein Unfall passiert … Während einer Krankschreibung darf man m.W. nicht arbeiten, ggf. riskiert man den Versicherungsschutz. Dann muss er sich gesundschreiben lassen - aber will er das? Braucht die Hand nicht Ruhe? Ich würde das Risiko für keinen AG eingehen. Und für solche offenbar schon gar nicht.

Hallo,

wo steht das??

Hallo,

Das steht nirgendwo, weil es grundsätzlich Quatsch ist. Zu empfehlen ist ein Blick in § 7 Abs. 2 SGB VII:
http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_7/__7.html

&Tschüß
Wolfgang

Huhu,

Es wurde ja geschrieben „meines Wissens“ und mir gegenüber hat eine mich vertretungsweise behandelnde Ärztin das auch schon steif und fest behauptet (und ließ sich auch durch Fakten nicht belehren).

Geht nicht zu hart mit newbee ins Gericht :smile:

VG
Guido

Hallo,

Ärzte sind da oft ziemlich beratungsresistent, wenn es um sozialrechtliche Fragen geht, und kennen noch nicht mal ihre eigenen rechtlichen Grundlagen vollständig wie zB die AU-RL.

Dieser angeblich wegfallende Schutz der GUV ist eine der ärgerlichsten und hartnäckigsten „Urban Legends“ des Arbeitsrechts.

§Tschüß
Wolfgang

Hi!

Das musst Du mir nicht erzählen, aber ist es wirklich so ärgerlich?

Ich finde es gar nicht soo verkehrt, wenn Leute erst dann wieder in ihrem Berufsalltag auftauchen, wenn sie wirklich wieder fit genug dafür sind, statt ihre halbe Kollegschaft anzustecken oder Mist zu bauen, den sie im gesunden Zustand nicht bauen würden.
Die meisten (!) Ärzte schätzen es imo ganz gut ein, wie lange jemand nicht arbeitsfähig sei wird.

VG
Guido

Hallo Guido,

Das ist für mich nicht der Punkt, da bin ich ganz bei dir.
Es ist für mich deswegen ärgerlich, weil es im Zusammenspiel mit einigen anderen unausrottbaren Legenden rund um AU den AN Pflichten suggeriert während der AU, die es einfach nicht gibt.

&Tschüß
Wolfgang