Arbeiten während des Urlaubs, ansonsten ev. kein Urlaub

Hallo liebe Wissende,

ein Arbeitnehmer ist als Spezialist für einen bestimmten Fachbereich in einem Unternehmen beschäftigt. Er leistet dabei Unterstützung für Kollegen, die auf seine Fachkenntnisse zurückgreifen können (z.B. wie ein EDV-Spezialist, der für die kaufmännischen Kollegen die Computer lauffähig hält).

Nun steht die Urlaubszeit vor der Tür und je nach bereits seit Januar/Februar feststehendem Urlaubsplan gehen die Kollegen nach und nach - einzeln, aber auch zeitgleich - in den wohlverdienten Jahresurlaub.
So freut sich auch unser AN auf seinen Urlaub, den er wie gesagt seit Februar geplant und seit letzter Woche sowohl beantragt als auch durch die GF genehmigt bekommen hat.

Nun erhält jedoch die gesamte Abteilung, die der Spezialist unterstützt, den Arbeitsauftrag, bis Anfang August bestimmte Aufgaben abzuarbeiten. Jeder MA soll dabei eine individuelle Rückrufliste bearbeiten und Kontakt mit den dort aufgeführten Kunden aufnehmen.
Der Spezialist wird pauschal aufgefordert, für alle Kollegen, die gerade in Urlaub sind, diese Anrufe zu übernehmen.

Nun gut, sagt sich der Spezi und macht sich an die Arbeit. In einem zufälligen Treffen mit der GF weist er jedoch darauf hin, dass er ja selbst in Kürze in Urlaub ist und dann die gleichfalls abwesenden Kollegen in dieser Sache nicht mehr vertreten kann.

Daraufhin wird er von der GF aufgefordert, dies sehr wohl zu tun, mit der Begründung, „dass es sich ja nur um ein paar Telefonate handele, die pro Tag in höchstens einer halben Stunde erledigt seien.“ Dies könne man von einem Spezialisten „in seiner Position“ ja wohl erwarten.

Der Spezialist verweist darauf, dass er in seinem Urlaub aber nicht für die Firma arbeiten, sondern sich ganz seinem Urlaub und der damit hoffentlich verbundenen Erholung widmen wolle.

Daraufhin „droht“ die GF damit, dass man den Urlaub auch „gerne aus wichtigen betriebsbedingten Gründen wieder entziehen könne“ und dass eine derartige, fortgesetzte Haltung mit Sicherheit Konsequenzen auf zukünftige Vorgänge (Beförderung, Gehaltsverhandlung, Weiterbeschäftigung, etc.) habe.

Zusatzproblem: der eigentlich vorhandene BR ist selber in Urlaub und kann nicht zur Unterstützung heran gezogen werden.

Fragen:
1.) Welche Möglichkeiten hat der AN die Wichtigkeit und damit die Rechtmäßigkeit der „betriebsbedingten Gründe“ zu überprüfen?
2.) Steht dem AN die Schriftform zu, wenn der (bereits ursprünglich genehmigte) Urlaub nun kurzfristig wieder entzogen wird? (als Beweis zur ggf. späteren Vorlage bei Anwalt, Gericht, etc.)
3.) Gibt es eine „Geringfügigkeitsgrenze“ für betriebliche Aufgaben, die der AG verlangen kann, während des Urlaubs auszuführen?

Für die Beantwortung der Fragen, weitere nützliche Hinweise (außer: „Er soll sich nen anderen Job suchen“) und der Geduld, den ganzen Text bis hierher gelesen zu haben, danke ich recht herzlich!!

Viele Grüße
Camelot

Fragen:
1.) Welche Möglichkeiten hat der AN die Wichtigkeit und damit
die Rechtmäßigkeit der „betriebsbedingten Gründe“ zu
überprüfen?

für eine kündigung ? kündigungsfeststellungsklage, §§ 4, 7 KSchG

2.) Steht dem AN die Schriftform zu, wenn der (bereits
ursprünglich genehmigte) Urlaub nun kurzfristig wieder
entzogen wird? (als Beweis zur ggf. späteren Vorlage bei
Anwalt, Gericht, etc.)

der AG kann den genehmigten urlaub nur unter besonderen voarussetzungen widerrufen… plötzliche auftragslage oder abarbeiten von angehäuften aufträgen genügen nicht. es müsste gleichsam die existenz des unternehmens auf dem spiel stehen. dann wäre der widerruf formlos möglich…

3.) Gibt es eine „Geringfügigkeitsgrenze“ für betriebliche
Aufgaben, die der AG verlangen kann, während des Urlaubs
auszuführen?

urlaub dient erholungszwecken, dazu zählt es, sich überhaupt nicht mit der arbeit zu beschäftigen.
ansonsten gelten die ausführungen zu 2), dass der urlaub nur dann „aufgehoben“ werden kann, wenn die existenz des unternehmens auf dem spiel steht…

Hallo hendrik4u,

vorab: Herzlichen Dank für die Infos bis hierher!!

Fragen:
1.) Welche Möglichkeiten hat der AN die Wichtigkeit und damit
die Rechtmäßigkeit der „betriebsbedingten Gründe“ zu
überprüfen?

für eine kündigung ? kündigungsfeststellungsklage, §§ 4, 7
KSchG

Hier habe ich mich als juristischer Laie offensichtlich missverständlich ausgedrückt, sorry. Die „betriebsbedingten Gründe“ bezogen sich nicht auf eine Kündigung, sondern lediglich darauf, dass eben diese Gründe von der GF herangezogen werden sollen, um den gewährten Urlaub noch einmal zurück zu ziehen…

2.) Steht dem AN die Schriftform zu, wenn der (bereits
ursprünglich genehmigte) Urlaub nun kurzfristig wieder
entzogen wird? (als Beweis zur ggf. späteren Vorlage bei
Anwalt, Gericht, etc.)

der AG kann den genehmigten urlaub nur unter besonderen
voarussetzungen widerrufen… plötzliche auftragslage oder
abarbeiten von angehäuften aufträgen genügen nicht. es müsste
gleichsam die existenz des unternehmens auf dem spiel stehen.
dann wäre der widerruf formlos möglich…

Die Existenz stünde im angenommenen Fall auch für einen Aussenstehenden objektiv nicht auf dem Spiel; die GF würde aber eben ohne nähere Angaben behaupten, dass der Urlaub nicht genommen werden könne, da die beauftragten Rückrufe nun einmal wichtig seien. Und wenn der AN diese halt nicht in seinem Urlaub machen wolle, dann könne er eben nicht in Urlaub gehen. So ein wenig nach dem Motto: „Bist halt selber Schuld, wenn Du so bockig bist…“ :

urlaub dient erholungszwecken, dazu zählt es, sich überhaupt
nicht mit der arbeit zu beschäftigen.
ansonsten gelten die ausführungen zu 2), dass der urlaub nur
dann „aufgehoben“ werden kann, wenn die existenz des
unternehmens auf dem spiel steht…

Noch einmal Merci bis hierher. Wie könnte sich denn ein AN in so einer Situation rechtssicher verhalten? Zusammengefasst: Der AG zieht - objektiv betrachtet unbegründet - die Urlaubsgewährung zurück und sagt sinngemäß: „Ich erwarte Sie am Montag an Ihrem Arbeitsplatz.“
Alternative A: der AN „fügt“ sich zunächst einmal der Anweisung, tritt seinen Urlaub nicht an und lässt die Angelegenheit durch BR / Rechtsanwalt / etc. im weiteren Verlauf klären. (Lassen wir die Möglichkeit einer nicht anzutretenden Reise einmal der Einfachheit halber außer Acht. Es geht in diesem Fall nicht um den dann ev. möglichen Schadenersatz…)
Alternative B: der AN weigert sich und verweist (schriftlich?) auf den bereits genehmigten Urlaub und tritt diesen auch an.
Alternative C: … [keine Ahnung, gibt´s eine Alternative C]

Besteht speziell bei „B“ die Gefahr, dass der AN - obwohl er objektiv im Recht ist - aufgrund eines „Formfehlers“ (einfach in Urlaub gehen, obwohl der GF diesen entzogen hat) arbeitsrechtliche Konsequenzen befürchten muss?

Umgekehrt: Schafft der AN bei „A“ durch sein Arbeits-Erscheinen am Montag Fakten zu seinen Ungunsten - weil er rechtmäßig Urlaub HÄTTE, sich aber der unrechtmäßigen Verweigerung beugt?

Viele Grüße
Camelot

Noch einmal Merci bis hierher. Wie könnte sich denn ein AN in
so einer Situation rechtssicher verhalten? Zusammengefasst:
Der AG zieht - objektiv betrachtet unbegründet - die
Urlaubsgewährung zurück und sagt sinngemäß: „Ich erwarte Sie
am Montag an Ihrem Arbeitsplatz.“

Alternative A: der AN „fügt“ sich zunächst einmal der
Anweisung, tritt seinen Urlaub nicht an und lässt die
Angelegenheit durch BR / Rechtsanwalt / etc. im weiteren
Verlauf klären. (Lassen wir die Möglichkeit einer nicht
anzutretenden Reise einmal der Einfachheit halber außer Acht.
Es geht in diesem Fall nicht um den dann ev. möglichen
Schadenersatz…)

das ist möglich, aber die klärung im nachhinein (dass der urlaub hätte angetreten werden können) ist nicht sehr gewinnbringend…

Alternative B: der AN weigert sich und verweist (schriftlich?)
auf den bereits genehmigten Urlaub und tritt diesen auch an.

schriftlich ist immer gut. dass der urlaub bereits gewährt worden ist, sollte man sicherheitshalber auch nachweisen können (foto des genehmigten urlaubsplans / schreiben o.ä.)

Besteht speziell bei „B“ die Gefahr, dass der AN - obwohl er
objektiv im Recht ist - aufgrund eines „Formfehlers“ (einfach
in Urlaub gehen, obwohl der GF diesen entzogen hat)
arbeitsrechtliche Konsequenzen befürchten muss?

unmittelbare arbeitsrechtliche (nachteilige) konsequenzen bestehen nicht. man muss aber auch sehen, dass das AV dann gestört (noch mehr gestört) sein wird als vorher. andererseits kann der AG, wenn er mit seinem vorgehen erfolg hat, den eindruck gewinnen, er könne mit dem AN nach belieben umspringen…

Umgekehrt: Schafft der AN bei „A“ durch sein
Arbeits-Erscheinen am Montag Fakten zu seinen Ungunsten - weil
er rechtmäßig Urlaub HÄTTE, sich aber der unrechtmäßigen
Verweigerung beugt?

sicherheitshalbe sollte man sich bestätigen lassen, dass man den genehmigten urlaub nicht angetreten hat, weil der AG darauf bestand…

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