Arbeitgeber zahlt kein Gehalt - was tun?

Hallo Experten,

was tut man eigentlich, wenn der Arbeitgeber das vertraglich vereinbarte Gehalt nicht zahlt, weil er (angeblich?) nicht zahlen kann? Selbst hat man ja auch Verpflichtungen, Miete, Auto, Benzin (um überhaupt auf Arbeit zu kommen), essen muß man auch ab und zu mal was… Aber wenn es der Firma schlecht geht, bittet der Arbeitgeber um Verständnis, und die Lohnzahlung verschiebt sich Woche um Woche.

Was kann man da tun? Kann man vielleicht im Extremfall sogar Sozialhilfe beantragen? Oder gehen die nach dem formal bestehenden Arbeitsvertrag = angenommener Gehaltseingang?
Mal angenommen, man kündigt selbst - wie ist es dann mit Arbeitslosengeld? Wie lange bekommt man erst mal gar nichts?
Oder hat man gerichtlich irgend welche Möglichkeiten? Na ja, einem nackten Mann in die Tasche fassen…

Bitte gebt mir einen Rat, was man da machen könnte.

Cora

Hi Cora !!

Zunächst: Du befindest Dich in guter Gesellschaft. Viele Leute geben die Misere ihres Arbeitgebers nicht vor Freunden und Familie zu, um nicht als potentieller arbeitsloser Versager dazustehen (kein Witz !).

Diese Haltung ist falsch.

Hallo Experten,

was tut man eigentlich, wenn der
Arbeitgeber das vertraglich vereinbarte
Gehalt nicht zahlt, weil er (angeblich?)
nicht zahlen kann? Selbst hat man ja auch
Verpflichtungen, Miete, Auto, Benzin (um
überhaupt auf Arbeit zu kommen), essen
muß man auch ab und zu mal was… Aber
wenn es der Firma schlecht geht, bittet
der Arbeitgeber um Verständnis, und die
Lohnzahlung verschiebt sich Woche um
Woche.

U.s.w. Je nach dem, in welcher Position Du arbeitest, solltest Du versuchen, an Zahlen zu gelangen. Vielleicht mal mit dem Buchhalter Kaffee trinken gehen.

Ist die Sache aussichtslos, kannst Du einen Konkursantrag stellen und auf Zahlung des Restgehaltes aus der Konkursmasse klagen.
Hier stehen die Chancen neuerdings ganz gut, da die Banken sich nicht mehr als erste 100%ig schadlos halten dürfen.

Wahrscheinlich verschleppt der Inhaber der Firma den Konkurs, entweder um noch möglichst viel mitzunehmen, oder weil er seine Misere nicht wahrhaben will. Letzteres ist zwar anständig, jedoch für Dich auch nicht besser als ersteres.

Zumeist stellen Banken oder Sozialämter einen Konkursantrag, wenn es der Firmeninhaber nicht selber tut.

Die Banken lassen sich oftmals vertrösten (sh. Affäre Schneider) und die Sozialabgaben werden oftmals, eben zur Vermeidung des Konkurses, noch komplett bezahlt. Nur die dazugehörigen Gehälter eben nicht.

Daher hast also Du selbst, wie oben schon erwähnt, das Recht, nach einer angemessenen Frist (3 Monate maximal), einen Konkursantrag bei dem zuständigen Amtsgericht (Gerichtsstand aus den Rechnungsformularen der Firma ersichtlich) zu stellen.

Dann geht das Verfahren seinen Gang und es dauert wohl einige Monate, bis Du Dein Geld (meist sowieso nur einen Teil davon) siehst. In einem solchen Fall ist es übrigens unerheblich, wer den Konkursantrag gestellt hat. Alle Arbeitnehmer der Firma erhalten anteilig dieselbe Ablöse aus dem übrigen Firmenvermögen.

Die Frage ist: wie sehr vertraust Du Deinem Chef ? Bringt er es nochmal oder eher nicht ?

Eine weitere Möglichkeit ist es, auf Zahlung des Gehaltes zu klagen. Hierzu gehst Du einfach zu einem Anwalt (vielleicht auch zusammen mit anderen Kollegen, dann wird es billiger) und strengst eine Verfügung gegen den Firmeninhaber an.
Meist wird dieser dann entweder bezahlen oder Konkurs anmelden.
Ohne massiven Druck wird allerdings nicht viel passieren.
Es gilt: wenn ich schon die Gehälter nicht mehr bezahlen kann, ist die Bude fertig.

Gruß,

Mathias

Was kann man da tun? Kann man vielleicht
im Extremfall sogar Sozialhilfe
beantragen? Oder gehen die nach dem
formal bestehenden Arbeitsvertrag =
angenommener Gehaltseingang?
Mal angenommen, man kündigt selbst - wie
ist es dann mit Arbeitslosengeld? Wie
lange bekommt man erst mal gar nichts?
Oder hat man gerichtlich irgend welche
Möglichkeiten? Na ja, einem nackten Mann
in die Tasche fassen…

Bitte gebt mir einen Rat, was man da
machen könnte.

Cora

Ich weiss aus eigener Erfahrung, das so ein zustand an die Substanz gehen kann. Ich denke, Dein Chef geht nicht in Konkurs, sondern zahlt einfach, wenn er Lust und Laune hat. Auf Dauer kann man in so einer Firma nicht mehr arbeiten. Wenn man aus diesem Grund kündigt, bekommt man keine Sperre beim Arbeitsamt.
Gruß
roleover

Wenn Du Deine Miete usw. nicht bezahlen kannst, kannst Du Sozialhilfe beantragen. Wenn Du nachweisen kannst, dass Dein Arbeitgeber nicht zahlt, bekommst Du auch was (ist natürlich davon abhängig, was sonst noch an Einkommen vorhanden ist). Mehr als den Sozialhilfesatz bekommst Du natürlich nicht, auch wenn Du vorher in anderen Verhältnissen gelebt hast. Der Lohnanspruch für diesen Zeitraum geht dann kraft Gesetzes auf das Sozialamt über, was das Sozialamt dem Arbeitgeber mitteilen wird. Den Paragraphen habe ich gerade nicht im Kopf, kann ihn aber raussuchen, wenn es Dich interessiert. Ich arbeite beim Sozialamt, und solche Fälle sind schon ein paarmal vorgekommen.
Gruß,
Delia

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hi Cora,

bei mir war´s so (und ich denke mal, daß sich daran nicht wesentlich viel geändert hat), daß ich nach 3 Monaten nicht erfolgter Gehaltszahlung fristlos kündigen konnte und auch sofort Anspruch auf Arbeitslosengeld hatte.
Beim Arbeitsgericht habe ich auf Zahlung der Gehälter geklagt und natürlich auch gewonnen. Was allerdings nichts daran geändert hat, daß mein Ex-Chef trotzdem nicht gezahlt hat. Der hatte sich zu dem Zeitpunkt schon ‘abgesetzt’ und war nicht mehr auffindbar. Ich hab das Geld dann per Konkursausfallgeld bekommen.

Alles in allem bin ich also mit nem blauen Auge davongekommen.
ABER: Der noch bestehende Urlaubsanspruch ist natürlich total verfallen - keine Ablöse. Ausserdem hat´s ewig gedauert, bis mal wieder Geld reinkam. Erst 3 Monate ohne jeglichen Zahlungseingang, dann hat´s noch ca. 6 Wochen gedauert, bis das Arbeitsamt meinen Antrag soweit bearbeitet hatte, daß ich das erstemal Geld bekommen habe und die Sache mit dem Konkursausfallgeld hat sich knapp 1 Jahr hingezogen.
Konnte glücklicherweise auf etwas Erspartes zurückgreifen, ansonsten hätte ich in dieser Zeit echt nicht gewusst, wie ich über die Runden kommen soll.

Mein Tip: schau Dich so bald als möglich nach nem anderen Job um und klag die ausstehenden Gehälter zur Not ein. Treue zum Arbeitgeber ist schön und gut, aber man kann dabei auch sehr schnell auf die Nase fallen.

Viel Glück !

Gudrun :smile:

Hallo Cora,
tja, das leidige Problem…

wenn es der Firma schlecht geht, bittet
der Arbeitgeber um Verständnis, und die
Lohnzahlung verschiebt sich Woche um
Woche.

  1. du musst innerhalb von 3 Monaten bei nichterhaltung deines lohnes sofort aufs arbeitsamt und „konkursausfallgeld“ beantragen (allerdings heisst das jetzt nicht mehr so, sondern „insolvenz…“ oder so ähnlich. die wissen es dann schon. nur dann hast du die möglichkeit, das du nichts von deinem gehalt einbüsst. für die 3 monate bekommst du dein volles geld…danach arbeitslosengeld, allerdings eröffnest du damit auch ein konkursverfahren gegen deine firma.

Mal angenommen, man kündigt selbst - wie
ist es dann mit Arbeitslosengeld?

wenn du in so einer situation selbst kündigst, dann bekommst du keine sperre vom arbeitsamt…allerdings musst du auch höchstwahrscheinlich eine begründung schreiben, aber das dürfte ja dann kein problem sein.

Oder hat man gerichtlich irgend welche
Möglichkeiten? Na ja, einem nackten Mann
in die Tasche fassen…

…wie gesagt, um geld zu bekommen, musst du dich entscheiden, ob du nach spätestens 2,5 monaten deine firma zum konkurs anmeldest…heikles thema, wenn die zahlungsschwierigkeiten nicht am chef sondern an den kunden liegen.

auf alle fälle nicht den kopf hängen lassen…vorsicht nur, wenn die firma auf den trichter kommt und immer nur einen teil des geldes auszahlt, dann sieht die rechtslage etwas anders aus…wie das weiss ich momentan auch nicht…aber dann solltest du schon eine neue stelle suchen.
viel glück
yvonne

Hi Cora,

auch wenn ich mich auf Einzelkämferposition begebe, weichen meine Empfehlungen vorherigen ab. Darüberhinaus scheint es niemand mehr zu wundern, wenn in diesem unseren Lande ein Arbeitnehmer begründet, warum er denn wohl seinen Lohn mal haben möchte (Wenn Du bei Deinem Chef auch nur einen Bleistift mitgehen läßt, kann er Dich fristlos wegen Diebstahl kündigen!!!) Soviel zur Chancengleichheit . . .:

Bevor Du (fristlos) kündigen kannst bzw. von Deinem Zurückbehaltungsrecht (keine Arbeit mehr leisten) Gebrauch machen kannst, ohne Gefahr zu laufen eine Sperrfrist beim AloGeld zu bekommen, mußt Du den Chef nachweislich (am besten schriftlich) zur Zahlung binnen einer von Dir gesetzten Frist auffordern und ankündigen, daß Du von Deinem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch machen wirst.

Da Du Dich in Deiner Situation komplett auf sehr dünnen Eis befindest, solltest Du Deine Gewerkschaft einschalten.

Einen Insolvenzantrag kannst Du frühestens stellen, wenn Du vor Gericht einen Titel (sprich: ein obsiegendes Urteil) erstritten hast - aber Vorsicht: u. U. trägst Du die Kosten des Verfahrens!!!

Für max. drei Monate vor der Insolvenz (Zahlungsunfähigkeit) zahlt das Arbeitsamt Insolvenzausfallgeld. Dein Chef muß den Insolvenzantrag stellen, wenn er zahlungsunfähig ist (was er ja laut eigener Aussage ist und weshalb er Dir den Lohn nicht zahlt). Dazu beobachte ich immer häufiger, dass Chefs diese Methode anwenden in der Hoffnung, daß die betrogenen Arbeitnehmer dann frustiert abhauen und er den Lohn spart. So kann das nächste Auto ein Modell größer und der Urlaub eine Woche verlängert werden . . .

Laß´ Dir das nicht gefallen und trotzdem

munter bleiben

Hubert

Hallo Cora,

setz Dich doch mal mit Deiner Krankenkasse in Verbindung. Einfach mal Fragen, ob Dein Arbeitgeber noch die Beiträge für Dich bezahlt.

Ggf. haben die ja schon einige Infos, ob Geld beim Arbeitgeber zu holen ist. Fruchtlose Pfändung etc.

Wenn es ganz kraß aussieht, wird jede Kasse sofort nach Nachweis der Zahlungsunfähigkeit
einen Insolvenzantrag stellen (ggf. auch Strafanzeige wegen Vorenthaltenen Arbeitnehmer-Anteilen).

Auf jeden Fall kannst Du Dir ein besseres Bild machen wie die Situation Deines Arbeitgebers ist.

Viel Glück und Erfolg.
cu Oli

Hallo, Hubert !

Hi Cora,

auch wenn ich mich auf
Einzelkämferposition begebe, weichen
meine Empfehlungen vorherigen ab.
Darüberhinaus scheint es niemand mehr zu
wundern, wenn in diesem unseren Lande ein
Arbeitnehmer begründet, warum er denn
wohl seinen Lohn mal haben möchte (Wenn
Du bei Deinem Chef auch nur einen
Bleistift mitgehen läßt, kann er Dich
fristlos wegen Diebstahl kündigen!!!)
Soviel zur Chancengleichheit . . .:

Tut hier nichts zur Sache, oder ? Außerdem haben beide Rechte und Pflichten und eine derartige Polarisierung muß ich ablehnen.

Bevor Du (fristlos) kündigen kannst bzw.
von Deinem Zurückbehaltungsrecht (keine
Arbeit mehr leisten) Gebrauch machen
kannst, ohne Gefahr zu laufen eine
Sperrfrist beim AloGeld zu bekommen, mußt
Du den Chef nachweislich (am besten
schriftlich) zur Zahlung binnen einer von
Dir gesetzten Frist auffordern und
ankündigen, daß Du von Deinem
Zurückbehaltungsrecht Gebrauch machen
wirst.

Ich ging davon aus, daß das schon längst erfolgt ist !

Da Du Dich in Deiner Situation komplett
auf sehr dünnen Eis befindest, solltest
Du Deine Gewerkschaft einschalten.

Was werden die tun ?
Die Sachlage prüfen und nach 8 Monaten, wenn alles vorbei ist, einen Brief an den Ex-Firmeninhaber schreiben.

Einen Insolvenzantrag kannst Du
frühestens stellen, wenn Du vor Gericht
einen Titel (sprich: ein obsiegendes
Urteil) erstritten hast - aber Vorsicht:
u. U. trägst Du die Kosten des
Verfahrens!!!

Unter welchen Umständen ?

Für max. drei Monate vor der Insolvenz
(Zahlungsunfähigkeit) zahlt das
Arbeitsamt Insolvenzausfallgeld. Dein
Chef muß den Insolvenzantrag stellen,
wenn er zahlungsunfähig ist (was er ja
laut eigener Aussage ist und weshalb er
Dir den Lohn nicht zahlt).

Das ist richtig, aber Coras Problem war doch, daß er dies eben nicht getan hat.

Dazu beobachte

ich immer häufiger, dass Chefs diese
Methode anwenden in der Hoffnung, daß die
betrogenen Arbeitnehmer dann frustiert
abhauen und er den Lohn spart. So kann
das nächste Auto ein Modell größer und
der Urlaub eine Woche verlängert werden .

So ein Mist !
Da stehen mir ja die Haare zu Berge !!

Gruß,

Mathias

Danke!
Hallo,

ich danke allen, die mir bisher geantwortet haben (möchte aber alle weiteren, die das noch tun wollen, keineswegs davon abhalten :wink:)

Das Fazit ist allerdings für mich sehr deprimierend: man kann was tun, aber es ist ziemlich heikel (Vielleicht treibt man ja die Firma erst recht in den Ruin? Sie hätte sich vielleicht in einem Monat erholt?) und vor allem sieht man sein Geld erst nach Monaten! Wenn überhaupt! Da muß man sich nicht wundern, wenn die Obdachlosenzahlen zunehmen. Unserem Vermieter ist das alles nämlich reichlich egal (um noch mal auf der „Chancengleichheit“ rumzureiten)

Aber ok, durch falsch verstandenes Verantwortungsgefühl und Nichts-Tun wirds auch nicht besser. Jetzt wissen wir wenigstens, was es überhaupt für Möglichkeiten gibt und werden überlegen, was wir tun wollen.

Cora
*diesichnichtdeprimierenlassenwill*