Hallo Ben,
Also, ich arbeite als Azubi in einem Betrieb und hätte jetzt
im Mai meine Abschlussprüfung.
Mein Arbeitgeber hat angefangen das Gehalt der letzten Monate
immer mit verzug zu bezahlen aber das Geld kam immerhin.
Klingt nach Krise…
Nun ist es so das das Geld irgendwie gar nicht mehr kommt.
Immer wieder werden wir vertröstet und doch kommt nichts dabei
rüber.
Klingt sehr nach Krise…
Ich habe mit meinem Arbeitgeber schon mehr als einmal geredet,
hat aber nichts genützt.
Wo ggf. nichts ist…
Habe auch schon mit einem Anwalt gesprochen ABER der meinte
ich solle mal noch nicht zur IHK gehen, weil die meinen CHef
zwingen könnten Insolvenz anzumelden. . .aber andererseits
könnte es ja auch so sein, das der Betrieb schon lange
Insolvent ist und mein Chef diese nur „verschleppt“ bis gar
nichts mehr geht.
Insolvent ist man (zumindest bei Kapitalgesellschaften):
a) bei eingetretener Zahlungsunfähigkeit
b) bei eingetretener Überschuldung
c) bei drohender Zahlungsunfähigkeit (Gummiparagraph)
Zahlungsunfähig ist man, wenn man absehbar für die weitere Zeit nicht fähig oder bereit ist, seine fälligen Verbindlichkeiten zu begleichen. Man ist es nicht, wenn man einen kurzen(!) Zahlungsengpass hat.
Macht man trotz eigentretenem Insolvenzgrund ohne Maßnahmen weiter, bewegt man sich im Strafrechtsbereich(!) (Insolvenzverschleppung)
Insolvenz kann sowohl vom Geschäftsführer, den Gesellschaftern als auch von beliebigen Gläubigern (also auch von Dir) beantragt werden
Der Anwalt mit dem ich gesprochen hatte, meinte eigentlich nur
ich solle die Füße still halten und gar nichts tun und nur
meine Ausbildung beenden, auch wenn es jetzt monatelang kein
Geld geben würde.
Hmh… Anwalt wechseln?
Ich würde es dann hinterher vom Staat bekommen, wenn der
Betrieb dann letztendlich Insolvent wäre.
IMHO falsch. Maximal drei(!) ausstehende Gehälter sind vom Insolvenzausfallgeld abgedeckt. Ist der Rückstand größer, hast Du ein vorrangiges Recht auf die Insolvenzmasse, die aber mittlerweile theoretisch null sein könnte, da vor Dir noch Aus- und Absonderungen kommen…
Aber damit kann ich mich nicht zufrieden geben, ich brauche
mein Geld, gibt es da denn überhaupt keine Möglichkeit.
Rede Tacheles mit Deinem Arbeitgeber. Mach ihm klar, dass Du ohne Perspektive Maßnahmen ergreifen wirst, da Du Deine persönliche Situation massiv als gefährdet ansiehst (sowohl finanziell als auch ausbildungstechnisch). Denn es gibt sehr wahrscheinlich Gläubiger, die nicht so zimperlich sind (z.B. Sozialversicherungen oder das Finanzamt), so dass Du befürchtest, dass ggf. heute noch ein Insolvenzverfahren beginnt.
Du solltest nicht mit Insovenzbeantragung drohen (das überlass anderen), aber sage Deinem Arbeitgeber, dass Du vor hast, mit der IHK und ggf. dem Arbeitsamt über Deine Perspektiven reden wirst (bedeutet ja ggf. wie Dein Anwalt richtig schrieb, die Insolvenzbeantragung). Vielleicht gibt es ja auch in der Ausbildung Möglichkeiten wie Kurzarbeit, die Deinen Arbeitgeber entlasten könnten, was ihm vielleicht entgegenkommt, worüber man sich aber informieren muss…
Und: Gibt es keine konkrete Perspektive der Besserung, dann ergreif diese Schritte, denn ansonsten drohst Du kurz vor Ende Deiner Ausbildung in einem abzuwickelnden Betrieb zu stecken, der vielleicht März seine Tätigkeit einstellt…
Vielleicht kann man tatsächlich dealen, dass ein besserstehender Ausbildungsbetrieb Dich für die letzten Monate übernimmt, oder ggf. öffentliche Mittel während der Rest-Phase Dich finanzieren.
Nicht schön…
Grüße
Jürgen