Hallo,
ein paar Dinge vorweg. Ich bin nicht unbedingt Experte im Arbeitsrecht, sondern als Beamtenvertreter eines Personalrats eher im Dienstrecht zuhause. Zu dem einen oder anderen Punkt habe ich also nicht gleich eine Rechtsgrundlage zur Hand.
Die wichtigste Antwort kann ich aber gleich vorweg nehmen: Der Arbeitgeber darf niemandem die Kontaktaufnahme zum Betriebsrat verbieten. Will man sich geschickt verhalten, versucht man zunächst außerhalb der Arbeitszeit mit dem Betriebsrat zu sprechen. Dieser kennt - soweit vorhanden - die betrieblichen Verhältnisse am besten und auch die entsprechenden Regelungen im Arbeitsrecht und im jeweiligen Tarifvertrag. Ich bitte Dich also, Deine Bekannte aufzufordern, mit dem Betriebsrat Kontakt aufzunehmen. Dadurch darf Ihr kein Nachteil entstehen. Wenn Sie anwaltlichen Rat benötigt, kann eine Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft sinnvoll sein, da diese Fachanwälte vermitteln können.
Folgendes ist mir in den Ausführungen aufgefallen:
Laut Arbeitsvertrag (, den beide Seiten unterschrieben haben…) leistet Deine Bekannte 20 Wochenstunden in Teilzeit bzw. jetzt 169 h / Monat. In Ausnahmefällen kann die wöchentliche Arbeitszeit im Sinne von Überstunden oder Mehrarbeit überschritten werden, keinesfalls jedoch über längere Zeit ohne Begründung. Rahmenbedingungen, die eine höhere Rechtsnorm als der Arbeitsvertrag darstellen, sind das Arbeitszeitgesetz und der Tarifvertrag. Wird dagegen verstoßen, können einzelne Klauseln oder der Arbeitsvertrag ungültig sein. Wird abweichend vom Arbeitsvertrag mehr gearbeitet, so sollte die Mitarbeiterin dies gut dokumentieren, um nachträglich - notfalls vor Gericht - Ansprüche geltend machen zu können.
Weiterhin hat Deine Bekannte Anspruch auf eine sogenannte Tätigkeitsdarstellung. Darin ist genau festzuschreiben, als was sie eingestellt ist und welche Aufgaben damit verbunden sind. Die „TD“ ist die Grundlage für den Arbeitsgeber und den Betriebsrat in Fragen der Eingruppierung. Nimmt sie dauerhaft höherwertige Tätigkeiten war, kann der Betriebsrat eine Umsetzung, z.B. auf eine Schichtleiterstelle fordern. Zumindest eine Zulage oder Höhergruppierung muss möglich sein. Voraussetzung ist, dass der Betriebsrat überhaupt um die Missstände weiß…
Beim Thema Mobbing ist es für einen Außenstehenden schwierig, sich einen Eindruck zu machen, daher bin ich damit vorsichtig. Ich habe selbst einmal Erfahrungen mit „Bossing“ (Mobbing durch den Chef) gemacht. So etwas färbt natürlich auf die Kollegen ab, wenn der Chef bzw. die Cefin anfängt, Stimmung zu machen. Wichtig wäre, wenn die Situation es hergibt, ein Mitarbeitergespräch mit einem Mediator (Vermittler). Auch das kann der Betriebsrat leisten, aber das kommt auf die Situation an. Der eine oder andere Chef fühlt sich dann bedrängt… Gibt es vielleicht eine andere Führungskraft in der Filiale, zu der beide Seiten Vertrauen haben? Rechtliche Schritte sind gut abzuwägen, da Mobbing ein schwerer persönlicher Vorwurf ist, der das Verhältnis zwischen den Beteiligten oft zerrüttet. Aber wenn es sich nicht durch Gespräche aus der Welt schaffen lässt, dann bleibt halt nur der Rechtsweg.
Die Aussage, sie möge froh sein, überhaupt Arbeit zu haben, ist natürlich ein klassisches Totschlagargument, mit der jede Kritik einfach ignoriert wird. Das zeugt zwar von schlechtem Führungsstil und einer sehr schwierigen Situation für die Beschäftigten, ist aber rechtlich Euer kleinstes Problem.
Bevor Deine Bekannte jedoch einen Brief an die Vorgesetzte schreibt, sollte sie sich unbedingt Rat holen (Betriebsrat, Gewerkschaft, Anwalt). Ein Brief ist ein Dokument, dessen Worte gut bedacht sein müssen, um sich nicht selbst angreifbar zu machen. Ein vermittelndes Gespräch ist meist besser.
Gegen ungerechte Bezahlung hilft - wie gesagt - einzig der Gang zum Betriebsrat. Im Beamtenrecht gibt es den „Grundsatz der funktionsgerechten Besoldung“, warum sollte das im Tarifrecht anders sein? Der beste Ansatzpunkt bleibt die Anforderung der aktuellen „TD“ durch den Betriebsrat.
Ich schließe mich meinem Vorredner an, wenn keine Rufbereitschaft vereinbart ist, muss die Mitarbeiterin auch nicht ans Telefon gehen (siehe Tarifvertrag, Arbeitsvertag, Arbeitszeitgesetz). Gerade in der geschilderten Situation können sich kurzfristige Dienstplanänderungen, insbesondere durch Krankheit, immer ergeben. Gerade im Sinne einer positiven Bewertung der eigenen Arbeit durch den Arbeitgeber in puncto Hilfsbereitschaft und Flexibilität ist die Beschäftigte natürlich gut beraten, auch mal einzuspringen oder in der Freizeit ans Telefon zu gehen. Wird dies zum Dauerzustand, kann ich den Wunsch nach Freizeit mehr als nur nachvollziehen, auch das kenne ich leider allzu gut. Das Arbeitszeitgesetz bietet eine gute Grundlage bezüglich einzuhaltender Ruhezeiten, auch im Sinne der EU-Arbeitszeitrichtlinie. Ausgleichsruhezeiten sind wichtig, vor allem, wenn die Nerven schon so blank liegen. Da hilft nur reden, reden, reden…
Wenn alle Bemühungen nicht fruchten, kann ich leider nur einen Arbeitsplatzwechsel empfehlen, obwohl diese Zustände in der Systemgastronomie vermutlich keine Einzelfälle sind. Bei einer Kündigung erlischt aber meines Wissens in der Regel der Anspruch auf eine Abfindung. So etwas also mit dem Betriebsrat klären… Viele Großküchen, z.B. in der öffentlichen Verwaltung (Polizei, Krankenhäuser, Schulen…) beschäftigen auch Systemgastromen, vielleicht wäre das irgendwann das Richtige?
Liebe Grüße, Michael