Hallo Gerd,
der Abteilungsleiter ist im rechtlichen Sinne „nur“ Führungskraft. Verantwortlich für die Arbeitssicherheit ist und bleibt die Geschäftsführung in erster und auch in letzter Instanz. Es wäre zu prüfen, ob im Rahmen der genannten Stellenbeschreibung eine „Übertragung von Unternehmerpflichten“ stattgefunden hat. Dann wäre der AL als Führungskraft in zweiter Instanz verantwortlich. Trotzdem bleibt der Unternehmer in der Hauptverantwortung.
Hier ergeben sich noch einige Fragen: Wie erfolgt die sicherheitstechnische Betreuung des Betriebes? Gibt es eine(n) internen oder externen FASI? Diese Betreuung ist in verschiedenen Regelwerken vorgeschrieben und darf nicht umgangen werden. Nach dem Arbeitssicherheitsgesetz (§ 5 ASiG) ist eine solche Betreuung zwingend vorgeschrieben, der festgelegte Betreuungsumfang (Mindestarbeitszeit hierfür) regelt sich nach der DGUV V2 (abhängig von Betriebsart und Beschäftigtenzahl).
Im Arbeitssschutzgesetz werden Arbeitgeber (Unternehmer) verpflichtet, die Arbeitsbedingungen ihrer Beschäftigten zu beurteilen (§ 5 ArbSchG) - das ist die sogenannte Gefährdungsbeurteilung. Hat so etwas in diesem Unternehmen stattgefunden?
Um diese beiden Grundpflichten kann sich die Geschäftsführung nicht herum drücken! Ich würde dem AL empfehlen, schriftlich die GF darauf hinzuweisen (dokumentieren, evtl. von Zeugen bestätigen lassen), das sollte ganz klar mit § und Namen geschehen und ggf. auch mit Hinweis darauf, dass sich die GF, wenn sie diesen Pflichten nicht folgt, ordnungswidrig (Bußgeld) bzw. sogar richtig strafbar verhält (bei schwerer Verletzung oder gar Tod eines Mitarbeiters geht es auf jeden Fall vor den Kadi!). Damit wäre die Führungskraft (AL) weitgehend „aus dem Schneider“ und gibt den „schwarzen Peter“ dahin zurück, wo er her kommt
Was wird geschehen? Vielleicht nichts. Aber dann hat der AL auch seine Pflicht getan. Wenn der GF aber erkennt, dass er sich auf sehr dünnen Eis bewegt, wird er eine FASI beauftragen/bestellen müssen. Und die zu erstellende Gefährdungsbeurteilung wird die Missstände aufdecken. Ganz klar: Auch die FASI hat nur einen beratenden Auftrag, sie kann nichts anweisen. Denn die Unternehmerverantwortung bleibt - wie schon gesagt - „oben drüber“.
Natürlich dürfen Beschäftigte Sicherheitseinrichtungen nicht manipulieren. Doch wenn ihnen ein Unfall widerfährt, wird geprüft werden, ob die Führungskräfte bis hinauf in die oberste Etage davon wussten. Dann sind sie „fällig“, wenn sie nicht eingegriffen und gehandelt haben (Anweisung, Abmahnung etc.). Da ja offenbar wiederholte Begehungen stattfanden, werden sie die Kenntnis der Bedingungen kaum verleugnen können. Außerdem haben vor Ort Betriebsanweisungen etc. vorhanden zu sein. Ich vermute mal, das ist auch nicht der Fall…
Tja und dann bliebe im äußersten Fall nur noch eine Anzeige beim Amt für Arbeitsschutz bzw. Gewerbeaufsichtsamt (je nach Bundesland) oder der zuständigen Berufsgenossenschaft. Die schicken dann einen Aufsichtsbeamten bzw. technische Aufsichtsperson vorbei. Wenn das alles wirklich so dramatisch ist, wie Du schilderst, besteht dringend der Verdacht auf „Gefahr im Verzug“ und dann werden sie den Betrieb erst einmal still legen…
Aber ob der AL so weit gehen mag, muss er selbst entscheiden… manche Behörden behandeln die Anzeige auf Wunsch anonym und kaschieren den Besuch mit einer Betriebsbesichtigung, wie sie sie immer mal vornehmen.
Noch Fragen?
Viele Grüße
Mario