Arbeitsvertrag öffentl.Dienst ununterschrieben

Hallo,

folgende Situation: Es liegt ein Arbeitsvertrag im Rahmen des TV-H vor, der von AG-Seite unterschrieben ist, von meiner nicht, bzw. liegt nicht beim AG vor. Arbeitsantritt 1.09… Mündliche Zusage ist gegeben. Nun möchte ich aus privaten Gründen diese Stelle aber doch nicht antreten.

Kann ich „einfach“ absagen (so blöd wie das ist) oder habe ich die Probekündigungsfrist vor Arbeitsantritt (2 Wochen zum Monatsende) zu beachten oder gibt es beim TV-H eine Ausschlussklausel, was die Kündigung vor Arbeitsantritt betrifft? Konnte dazu nun nichts finden.

Gilt nach TV-H überhaupt ein mündlicher Vertrag, da der TV-H ja vorsieht, dass die Arbeitsverträge schriftlich geschlossen werden? Mit welchen Konsequenzen müsste ich ansonsten im Zweifelsfall rechnen?

Hoffe auf fachkundige Auskunft.

Hallo Evene,

nach kurzer Lektüre der notwendigen Paragraphen des betreffenden TV-H und unter der Voraussetzung das Sie derzeit in keiner Weise beim Land Hessen beschäftigt sind (als Tarifbeschäftigte/r) komme ich zu folgender Schlussfolgerung:

Bereits § 1 Abs. 1 TV-H beinhaltet die entscheidende Aussage. Der TV-H gilt nur für Beschäftigte, die in einem Arbeitsverhältnis zum Land Hessen stehen. Ein Arbeitsverhältnis kann hier nicht vorliegen. Warum?
Ein Arbeitsverhältnis begründet sich grds. durch einen Arbeitsvertrag in dem beide Vertragsparteien (AG und AN) ihre jeweiligen gegenseitigen Pflichten und Rechte bestimmen und den beide Vertragsparteien unterschreiben. Da nach Ihrer Aussage die Unterschrift von Ihnen fehlt liegen (rechtlich gesehen) keine zwei sog. übereinstimmenden Willenserklärungen vor, die aber bei einem solchen Vertragsverhältnis (Spezialfall eines Dienstvertrages im Sinne des § 611 Abs. 1 BGB) notwendig sind. Folglich besteht kein wirksamer Arbeitsvertrag und somit auch kein Arbeitsverhältnis zum Land Hessen.
Da Sie schreiben, dass das Arbeitsverhältnis zum 01.09. beginnen soll, gehe ich davon aus, dass die Ausnahme eines fiktiven Arbeitsverhältnisses (Sie arbeiten bereits für den AG ohne das ein gültiger Vertrag besteht) nicht vorliegt.

Auch § 2 Abs. 1 TV-H (wie übrigens in fast allen Tarifverträgen üblich) hält ausdrücklich die Schriftform zum wirksamen Vertragsabschluss fest. Da hier nur eine mdl. Vereinbarung vorliegt, besteht kein Vertrag.

Der Aspekt der Probezeit § 2 Abs. 4 TV-H ist hier unrelevant, da diese nur bei bestehen einer Beschäftigung interessant ist. Da Sie aber noch nicht beim Land Hessen arbeiten und kein Arbeitsverhältnis und somit keine Beschäftigung besteht, kommen eine Probezeit sowie sämtliche Kündigungsfristen nicht zum Tragen.

Es ist selbstverständlich nicht „die feine englische Art“ so kurzfristig abzusagen, aber es ist Ihr Recht und der Arbeitgeber muss dies entsprechend hinnehmen und darf Sie nicht zum Vertragsschluss zwingen nur weil Sie eine mdl. Zusage erteilt haben. Diese ist nämlich im Regelfall bei Dienstverträgen nicht Vertragsbegründend. Aus meiner Sicht sind „im Zweifelsfall“ keine Konsequenzen zu erwarten bzw. besteht hierbei kein Anspruch des AG, da diesem kein Schaden entstanden ist. Im Zweifelsfall freut sich dann der/die Zweitplatzierte aus dem Auswahlverfahren, dass Sie abgesprungen sind und er/sie die Zusage und somit die Stelle erhält. Sollte es keine weiteren Kandidaten gegeben haben, ist das sozusagen das Pech des AG, wenn Sie die Stelle nicht annehmen und er muss dann nochmals eine Auswahl treffen.

Kurzum meine Sicht:

Moralisch vlt. verwerflich, rechtlich meines Erachtens nicht bedenklich und rechtens und folglich völlig in Ordnung.

Der TV-H sagt mir jetzt leider nix, aber warum rufst du den Arbeitgeber nicht einfach an, schilderst ihm deine Gründe und gibst jemand anderem die Chance zum Nachrücken? Jeder Tag, den du zögerst, macht es für andere schwieriger, die die Stelle vielleicht gerne hätten.

Hallo Evene,

solange der Arebitsvertrag noch nicht unterschrieben beim AG vorliegt ist er auch nicht abgeschlossen.

Allerdings hast Du mündlich zugesagt. Theoretisch könnte er also auf die Einhaltung der von Dir genannten Frist zur Kündigung pochen (TV-H ist mir allerdings nicht bekannt). Praktisch wird er es aber nicht tun. Im öffentlichen Dienst bewerben sich in der Regel mehrere geeignete Bewerber auf eine Stelle. Wenn dann der „Auserwählte“ abspringt und die Stelle nicht antritt kommt automatsich der nächste zum Zuge.

M.E. musst Du dort nur kurz anrufen und mitteilen das Du nicht kommst. Ein anderer wird sich darüber freuen.

Hoffe ich konnte Dir helfen!

Charlie80

vielen Dank.
Dieser Entschluss ist erst gestern gefallen, da ich ein Bleibeangebot bekommen habe vom alten Arbeitgeber, welches mir Umzug und Fernbeziehung erspart.
Ich weiß, das ist nun alles andere als toll für den AG, zumal wie im öffentlichen Dienst zuerst abgesagt und dann 2 Wochen später Kandidat 1 zugesagt wird…

aber es hilft ja alles nichts.

Also du kannst einfach absagen, denn du hast noch nicht unterschrieben, ABER Arbeitsverträge können auch mündlich geschlossen werden. Das müsste bewiesen werden können. Dann könnte es theoretisch zu Schadensersatzforderungen gegen dich kommen. Natürlich ist es sehr unhöflich und du solltest dir sicher sein!

VG
Jne