Hi,
Das Geburtsjahr ist falsch angegeben und meine zweijährige
Mitarbeit zuvor in der gleichen Firma (dazwischen ein Jahr
Pause) wird nicht erwähnt.
Das sind inakzeptable Mängel. Natürlich muß das Geburtsdatum genauso stimmen wie die genaue Zeit der Beschäftigung.
Bezüglich der äußeren Anforderungen: man unterscheidet zwischen einer einfachen Arbeitsbescheinigung (=unqualifiziertes Zeugnis) und einem qualifizierten Zeugnis.
Im erstgenannten steht nur von wann bis wann man als was beschäftigt war, also wirklich dem Wortsinn nach nur eine Bescheinigung über die Tätigkeit. Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis dagegen beurteilt den Mitarbeiter auch. Du hast Anspruch auf ein solches qualifiziertes Zeugnis, und das hast Du ja auch bekommen.
Das Zeugnis muß auf offiziellem Geschäftspapier geschrieben sein und muß von einem hochrangigen Vorgesetzten (Chef, Leiter Personalabteilung, Abteilungsleiter…) unterschrieben sein. Unter die Unterschrift gehören Name und Funktion des Unterzeichnenden.
Generell sollte das Zeugnis auf den Tag des Ausscheidens aus dem Unternehmen datiert sein, bei Dir also auf den 31.12.2003. Einklagbar ist das nicht, andere Datierungen (später, oder nicht zum Monatsende…) erwecken aber den Eindruck daß man womöglich fristlos gekündigt wurde oder sich über das Zeugnis gestritten hat. Hier solltest Du also darum bitten daß das Zeugnis auf den 31.12.2003 datiert wird.
Das Adressfeld DARF auf einem Zeugnis nicht ausgefüllt werden. Das würde den Eindruck erwecken daß das Zeugnis per Post kam oder „man sich nichts mehr zu sagen hatte“ und deswegen nur schriftlich kommunizieren konnte.
Generell MUSS ein Arbeistzeugnis dem Wohlwollens-Grundsatz folgen. Es muß ehrlich sein und darf den Mitarbeiter nicht über Gebühr loben wenn er eine Niete war (Gefälligkeis-Zeugnisse sind heikel - zum einen unglaubwürdig, zum anderen kann der alte Arbeitgeber in Regreß genommen werden wenn ein zu positives Zeugnis zu einer Einstellung führt, der Mitarbeiter dann aber nichts kann).
Trotzdem MUSS das Zeugnis wohlwollend sein und darf den Mitarbeiter nicht unnötig darin behindern eine neue Anstellung zu finden. Diese Regel führt dazu daß Zeugnisse immer wohlklingend formuliert werden, man bestimmten Formulierungen aber gewissen Noten zuschreibt bzw. mit Auslassungen etc. arbeitet um bestimmte Botschaften zu transportieren.
Letztlich gibt es inzwischen sowas wie „übliche Formulierungen“, die Personalern sagen welcher Zeugnisnote mitgeteilt werden soll und zugleich stellt sich aber auch immer ein gewisses Problem wenn mit anderen Formulierungen als den Standards beurteilt wird. Es stellt sich dann nämlich die Frage: ist das auf die Beschränktheit des Zeugnisschreibers zurückzuführen oder will der damit etwas Bestimmtes sagen? Hier spielt natürlich auch eine Rolle ob das Zeugnis von einem Personaler einer großen Firma, oder einen Maurer mit 2 Angestellten geschrieben wurde… im letzteren Fall wird man ungewöhnliche Formulierungen weniger kritisch interpretieren als bei jemandem, dem man unterstellt daß er genau weiß was er wie warum formuliert hat.
Um eine Note anzuheben oder zu senken arbeitet man mit Wörtern wie „stets“, „jederzeit“, „immer“. In mancher Hinsicht ist es sehr wichtig daß diese Worte auftauchen, z. B. wird man von einem Kassierer verlangen daß er stets, immer oder jederzeit ehrlich war - fehlt das Wort ist das ganz schlecht, denn dann war der Mitarbeiter offenbar nicht immer ehrlich… bei einem Kassierer fast ein Todesurteil.
Soviel zu den äußeren Anforderungen.
Zum Inhalt:
Herr Stromberg, geb. am 26.03.66, war in der Zeit vom
15.04.1996 bis zum 31.12.2003 als Kassierer in unserem Hause
tätig.
Hier müßte folgen: „Zu seinen Aufgaben zählte…“ und dann muß eine neutrale Beschreibung/Auflistung dessen kommen, was Deine Aufgabe in der Firma war. Daß eine solche Aufstellung fehlt ist einer der Fehler dieses Zeugnisses.
Herr Stromberg arbeitete in der Früh-,Spät- und
Nachtschicht.
Das ist nicht relevant und gehört nicht ins Zeugnis, es sei denn das es eine Besonderheit Deiner Tätigkeit darstellte.
Er war sehr einsatzfreudig und stets freundlich
im Umgang mit unseren Kunden.
In einem guten Zeugnis muß etwas zur Arbeitsleistung, den Arbeitsergebnissen und der Motivation des Mitarbeiters gesagt werden. Danach folgt der Abschnitt „Führung“ bzw. Sozialverhalten. Hier werden diese beiden Bereiche in einem Satz zusammengemischt. Das ist nicht nur zu wenig und zu kurz, es ist auch unvollständig.
„Er war einsatzfreudig“ läßt auch offen in welcher Richtung - man könnte das auch als politisch korrekte Umschreibung dafür nehmen daß Du nur Kundinnen angebaggert hast - denn nur Kunden sind im weiteren erwähnt.
Auch wenn Deine Ehrlichkeit später nochmal thematisiert wird würde das hierher gehören und dann sollte man die Einsatzfreude auch näher beschreiben: „Herr Stromberg war ein motivierter, einsatzfreudiger und gewissenhafter Mitarbeiter, dessen Engagement und Ehrlichkeit jederzeit zu unserer vollsten Zufriedenheit war.“
Auf das Sozialverhalten sollte erst nach dem Leistungsteil eingegangen werden, und dann MÜSSEN Vorgesetzte, Kollegen und Kunden erwähnt werden - und zwar in dieser Reihenfolge. Jede Abweichung ist ein deutlicher Minuspunkt.
In Deinem Zeugnis fehlen Vorgesetzte und Kollegen, was ein Personaler als „beredtes Schweigen“ interpretieren wird: „da man nichts Besseres über den Mitarbeiter sagen kann, sagt man nichts dazu.“ Gerade auch durch die spätere Formulierung „mußten wir das Arbeitsverhältnis kündigen“ ist dieses ein besonders schwerer Mangel in Deinem Zeugnis. Hier wird ohne Umschweife deutlich gemacht daß es Krach gab und Du rausgeflogen bist, Dich nicht mal mit den Kollegen verstanden hast. So wird man es jedenfalls auslegen.
Insofern solltest Du hier auf jeden Fall eine neue Formulierung anfordern: „Das Verhältnis von Herrn Stromberg zu Vorgesetzten, Kollegen und Kunden war jederzeit einwandfrei.“
Hervorzuheben ist aber auch die große Eigeninitiative, mit
der Herr Stromberg die anfallenden Arbeiten im Shopbereich
erledigt hat.
Hier springt der Text wieder zurück in die Leistungsbeurteilung, nachdem wir ja eigentlich inzwischen im Block „Sozialverhalten“ angekommen waren. Und dann geht’s noch einen Schritt weiter zurück, nämlich zur Tätigkeitsbeschreibung. Daß Du im Shop gearbeitet hast gehört in die neutrale Aufgabenbeschreibuzng am Anfang, und die sollte dann auch noch genauer aussagen was Du im Shop gemacht hast und wie Deine Aufgaben und Verantwortlichkeiten dort waren.
Er führte alle Aufgaben stets zu unserer vollsten
Zufriedenheit aus.
Das ist eine sehr gute Formulierung. Sie gehört weiter nach vorne, nämlich in den Bereich Leistungsbeurteilung, ist aber sonst mit einer glatten 1 gleichzusetzen da das Wort „stets“ auftaucht und von „vollster Zufriedenheit“ die Rede ist (vollste Zufriedenheit=1, volle Zufriedenheit=2, Zufriedenheit=3).
Da das Zeugnis allerdings insgesamt durchwachsen ist paßt es nicht wenn hier plötzlich im Überschwang gelobt wird. Sowas wird gerne benutzt um die Aussage lächerlich zu machen und damit zu negieren. Letztlich würde man im Gesamtzusammenhang also eher interpretieren daß Du ein schlechter Mitarbeiter warst weil diese 1 nicht zum Rest paßt und an anderer Stelle Auslassungen etc. vorherrschen.
Herr Stromberg war stets pünktlich, ehrlich und aufrichtig.
Grundsätzlich OK, allerdings sind es Allerweltstugenden, die selbstverständlich sind. Sie zu erwähnen könnte so ausgelegt werden als könnte man sonst wenig Gutes sagen außer daß Du immerhin pünktlich warst.
Da Herr Stromberg aus persönlichen Gründen keine Nachtschicht
mehr machen wollte, mussten wir das Arbeitsverhältnis aus
betrieblichen Gründen leider zum Jahresende kündigen.
Das ist allein schon logischer Unsinn. Entweder wolltest Du nicht mehr oder der Arbeitgeber wollte nicht mehr. Aber beides geht wohl schlecht. Unterirdisch ist auch daß hier ganz klar Deine fehlende Bereitschaft, einer Anforderung des Unternehmens zu entsprechen, genannt wird. Normalerweise würde man einfach nur schreiben daß das Arbeitsverhältnis aus betrieblichen Gründen leider beenndet werden mußte.
Wir danken Herrn Stromberg für Seine Mitarbeit und wünschen
für die weitere Zukunft alles Gute.
Im Satz davor steht zwar „leider“, aber besser wäre wenn der Ausdruck des Bedauerns explizit erwähnt wird, z. b: im Schlußsatz.
„Zukunft alles Gute“ ist durchschnittlich. Eine positive Formulierung würde auch noch viel Erfolg wünschen sowohl die private wie auch die berufliche Zukunft erwähnen. Ein deutlich positiver Schlußsatz wäre: „Wir bedauern sein Ausscheiden aus unserem Unternehmen und wünschem ihm für den weiteren beruflichen und privaten Lebensweg alles Gute und viel Erfolg.“
Die Unterschrift erfolgte über dem Namensdruck 
Unterschrift, Namensdruck und Funktionsbeschreibung - alles andere ist unzulässig.
Ich bin gespannt und in dankbarer Erwartung.
Ich nehme mal an daß es ein kleineres Unternehmen war und der Zeugnisschreiber kein Profi ist. Insofern habe ich es auch etwas übertrieben den Text hier so auseinander zu nehmen. Trotzdem: ein rundum positiv gestaltetes Zeugnis sieht anders aus.
Schau Dich mal auf http://www.arbeitszeugnis.de um, da findest Du sehr viele gute Ratschläge. Dann würde ich an Deiner Stelle einen eigenen neuen Formulierungsvorschlag einreichen. Das ist durchaus ein üblicher Vorgang und absolut gängig. Dein AG muß deinen Vorschlag nicht übernehmen, ich würde aber argumentieren daß er ja auch einen besseren Eindruck machen kann wenn das Zeugnis, mit dem Du deinen kompletten weiteren Lebensweg unterwegs bist, ein gutes Licht aufgrund kompetenter Formulierungen, Aussagen und tadellosem Aufbau macht.
Arbeitsgerichte setzen heute eine „Nullinie“ im Bereich einer 3 an. Fällt die Beurteilung schlechter aus muß der AG das vor Gericht belegen können. Willst Du eine bessere Note mußt Du ggf. Beweise liefern daß Du überdurchschnittlich gut warst. Glatte 1er werden fast nicht vergeben - wenn’s zu positiv wird ist das immer unglaubwürdig.
Ich würde mich also an Deiner Stelle im Bereich einer 2-3 (je nachdem für wie gut Du dich realistisch hälst) ansiedeln, dann hast Du ein leicht überdurchschnittliches Zeugnis ohne unglaubwürdig zu sein.
Gruß,
MecFleih