Archaische Werte, ethische Werte

Archaische Werte.
Ich meine damit Werte, nach denen wir konkret werten und gewertet werden:
Mit einiger Mühe könnte ich etwa 30 000 Kriterien aufzählen, nach denen wir - vielleicht ganz unbewußt - Pluspunkte oder Minuspunkte bezüglich des Wertes eines Menschen verteilen. Es sind keineswegs christliche Maßstäbe.
Zu einem gewissen Teil sind uns diese Bewertungskriterien angeboren, zu einem anderen Teil anerzogen, kulturell übernommen, zu einem anderen Teil sind sie das Produkt unserer Lebenserfahrung.
Beispiel:
Jeder weiß, Kleider machen Leute. Stünden mir zwei gleichgekleidete und auch ansonsten gleiche Menschen gegenüber und einer von ihnen hätte eine Zahnlücke, er wäre bei der Bewertung bereits durchgefallen.
Bei der Wahl einer Schönheitskönigin ohnehin.
Ich sagte (geschätzt) 30 000, dreißgtausend positive und negative Bewertungskriterien.
Ungeputzte Schuhe = negativ,
Krawatte = positiv,
Frau 18 Jahre alt = positiv, geil,
Frau 50 Jahre alt = negativ,
Frau schielt = negaitv,
Mann mit Geld = positiv,
Mann ohne Geld = negativ,
Mann klein und schwach = negativ, negativ,
usw.
Ist solche Bewertung nun bloß Voreingenommenheit oder schon Kultur und sinnvolle Gesellschaftsstruktur?

Man kann zurecht sagen, daß alle großen Religionen und Philosophien der Menschheit neben jeder transzendenten Aussage gemeinsam bemüht sind und fordern, daß sich der Mensch jenen archaischen Trieben und Werten nicht selbst ausliefert, was ihn unter das Tier stellen und zu einem Ungeheuer machen würde, und auch nicht den Mitmenschen, - als sei der Mensch des Menschen Objekt und damit der größte Feind.

Die bekannte „Goldene Regel“, der „Kategorische Imperativ“ schließt dies in sich ein.

Die ethischen Werte erheben den Menschen vom Sklaven zum Beherrscher der archaischen Werte. „Beherrsch Dich mal!“

Die menschlich archaische Triebstruktur, die genetisch angeboren, weitgehend vom limbischen System gesteuert und überlebenswichtig ist, hat man bisher erst im Ansatz recht verstanden, - nämlich wie jene limbischen Impulse dann im Kortex zu Wertkriterien und jedem Kind mit der Sprache anerzogen werden. Der amerikanische(?) Soziologe André Gorz, nennt sie „informelles Wissen“, die Substanz jeder Kultur.

Und in der Tat macht das tägliche Spiel mit Mode und Angeberei, mit Getratsche und Gerangel das Leben interessant und eigentlich erst lebenswert.

Ein illustrativer Umweg in die Argumentation der recht archaischen Karikaturenkrawalle, - bisher 20 Tote! - , zeigt jedoch, daß jene Hilfsmittel des Islam (und auch des Christentums!) gegen die ungezügelte Triebhaftigkeit des Menschen, wie Bilderverbot, Alkoholverbot, Kopftuch, geschlechtlich getrennter Gottesdienst, Verbannung, Steinigung, Verbrennung usw. einer Zeit primitiver Entwicklungsstufe inzwischen zum Anachronismus geworden ist und langsam zu einem neuen Problem unterschiedlicher Sozialisationen und Kulturen werden könnte, wenn man jene alten Regeln dogmatisiert, statt dem Menschen eine selbstverantwortliche Mündigkeit und Verantwortung zu übergeben.

have a great sunday!
Friedhelm

Und in der Tat macht das tägliche Spiel mit Mode und
Angeberei, mit Getratsche und Gerangel das Leben interessant
und eigentlich erst lebenswert.

Friedhelm

Diese archaischen Werte, sind im Grunde das Spiel des Lebens und somit irrational. Erst durch mentale Kontrolle, werden diese in entsprechende Schablonen und Modelle gepfercht, die ein Zusammenleben erlauben. Das geschieht jedoch nur unter Druck, im Extremfall wird man sehen, daß das Tier in uns das gleiche geblieben ist. Ich denke dabei an Situationen, wie sie auch bei Notsituationen auftreten oder denke nur an die Judenvernichtung. Oder betrachte nur die Reaktionen in New Orleans bezüglich von Plünderungen.

Was daraus folgt, möchte ich lieber nicht weiter verfolgen :smile:

gruß
rolf

Hallo Rolf,
selbst als Christ mit der biblischen Apokalypse im Bewußtsein sehe ich nicht ganz so schwarz, sondern die weltweite Vernunft auf dem Vormarsch.
Diese Grundtriebe Existenzerhalt, Arterhalt und Geltungstrieb aus dem Zentralhirn (Reptilienhirn) sind inzwischen chemisch recht genau analysiert. Irgendwann wird es geradezu lächerlich sein, diese Gefühle rein theologisch zu begründen, wie es jetzt bei den Karikaturenkrawallen versucht wird. Aber jeder weiß bereits, es ist Scharlatanerie.

Die bittere Erfahrung der Deutschen, an der ich noch teil hatte, daß die frömmste und gebildetste Nation Europas in die Barbarei verfiel, ist allerdings von uns Deutschen am wenigsten verstanden.
Zaghafte, aber weltweit beachtete Ansätze gib es in den USA.
das Garfinkels-Experiment: http://www.hewett.norfolk.sch.uk/curric/soc/ethno/in…
das Milgram-Experiment,: http://www.ngfg.com/texte/br003.htm
Stanford Prison Experiment web site www.prisonexp.org

Friedhelm

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selbst als Christ mit der biblischen Apokalypse im Bewußtsein
sehe ich nicht ganz so schwarz, sondern die weltweite Vernunft
auf dem Vormarsch.
Diese Grundtriebe Existenzerhalt, Arterhalt und Geltungstrieb
aus dem Zentralhirn (Reptilienhirn) sind inzwischen chemisch
recht genau analysiert. Irgendwann wird es geradezu lächerlich
sein, diese Gefühle rein theologisch zu begründen, wie es
jetzt bei den Karikaturenkrawallen versucht wird. Aber jeder
weiß bereits, es ist Scharlatanerie.

Hallo Friedhelm

Das war natürlich eine ungeschminkte Darstellung der menschlichen Psyche und es gibt auch Elemente die ihm eine höhere Würde geben. Aber man darf vor dem Ersteren nicht die Augen verschließen und die Letztere muß errungen werden, wenn sie einen praktischen Nutzen haben soll, denn sie fällt uns nicht in den Schoß.

Gewiß hat das auch einen organischen Ausdruck, aber Ursache ist in erster Linie das Phänomen des Bewußtseins und nur über dieses dauerhaft veränderbar. Wir kommen ohne den Willen nicht aus. Eine drogenabhängige Welt a la Huxley, wie wir sie ja bereits haben und wie sie die Wissenschaft sucht zu erlangen, wäre nicht nur unnatürlich und dämonisch, sondern auch nicht lebenswert.

Wer wirklich ethische Werte setzt, sind die wenigen der Gesellschaft die durch ihr persönliches Beispiel vorangegangen sind und noch gehen.

gruß
rolf

Hallo Rolf,

Du weißt, dass Du mit Deinem Einspruch bei mir, - aber auch bei allen (westlichen) Theologen – offene Türen einrennst. Wir sprachen bereits darüber im Zusammenhang mit Sri Aurobindo.
Und ich denke, dass kaum ein Wissenschaftler da widersprechen wird.
Eine Chemikalie hat weder ein Gefühl noch ist sie ein Gefühl.

Trotzdem sagt man so: „Zucker ist süß.“ oder „Zucker hat Süße.“
Entsprechend deutet man die Hormone, die das archaische Wertesystem steuern.
Aus dem Internet kopiert: http://www.neuro24.de/vegetatives_nervensystem.htm
TRH = Thyreotropin-Releasinghormon reguliert die Ausschüttung der Schilddrüsehormeone T3 und T4 ins Blut. CRH = Corticotropin-Releasinghormon steuert über die Hypophyse zur Ausschüttung von ACTH (Adrenocorticotropes Hormon) und damit die Produktion von Kortison in der Nebennierenrinde. Gn-RH =Gonadotrophes Releasinghormon steuert in der Hypophyse die Ausschüttung der Sexualhormone FSH und LH. GH-RH = Growth Hormone-Releasinghormon und GH-IH oder Growth Hormone-Inhibitinghormonregt regen die Ausschüttung von Wachstumshormon an und hemmen diese. MSH–Releasinghormon steuert die Freisetzung von Melanotropin (MSH) aus dem Hypophysenvorderlappen. MSH-IH hemmt diese Freisetzung. PRL-Releasinghormon und PRL-IH steuern die Ausschüttung von Prolaktin aus dem Hypophyenvorderlappen. Adiuretin (ADH) reguliert den Wasser und Salzhaushalt, Oxytocin die Wehentätigkeit. Der Hypophysenhinterlappen speichert im Hypothalamus gebildete Hormone (ADH und Oxytocin) und gibt diese in den Blutkerislauf ab, der Vorderlappen stellt nach Steuerung des Hypothalamus solche Hormone (Prolaktin, Wachstumshormon, MSH, β-Endorphin, GH, LH, FSH, TSH) her.

Die ethischen Werte, Menschenrechte, das sog. Weltgewissen der Wissenschaft gehen nicht zurück auf bestimmte Chemikalien. Mag sein, dass man später einige verinnerlichte Werte in Form von Chemikalien nachweisen kann, die uns fast „automatisch“ hindern oder anhalten können, etwas zu tun oder zu lassen.
Das Leben selbst jedoch ist der Beweis und das Erlebnis eines uneinholbaren Geheimnisses.

Wie gesagt: Wir sind uns da einig.

Schwierigkeiten habe ich mit Deinem Vorschlag, sich an ein Vorbild zu halten. Du meinst ja nicht, daß ich statt mit einem eigenen Gewissen und Urteil zu handeln, dieses aufgeben soll und mich nach der Schablone eines anderen Menschenbildes richten soll?

ganz herzlich
Friedhelm

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Schwierigkeiten habe ich mit Deinem Vorschlag, sich an ein
Vorbild zu halten. Du meinst ja nicht, daß ich statt mit einem
eigenen Gewissen und Urteil zu handeln, dieses aufgeben soll
und mich nach der Schablone eines anderen Menschenbildes
richten soll?

Hallo Friedhelm

Natürlich nicht.

Es gibt aber immer Personen, zu denen man aufblicken kann (denn wann könnte man die Hände zufrieden in den Schoß legen?) und Jene, die man unter sich sieht und hilfreich die Hände entgegenstrecken kann.

Goethe hat das doch mit diesem Bild der Wasserschalen in einem seiner Gedichte sehr schön dargestellt. Was besagt, daß man sowohl empfängt wie auch gibt.

gruß
rolf

ein schönes Beispiel. Aber auch das Kind-Elternverhältnis gehört dazu, wenn man die wichtigen Trotzphasen und das letztendliche Erwachsenwerden dazudenkt.

ganz herzlich
Friedhelm

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