Ärger mit der Krankenkasse (Selbstständig)

Hallo Zusammen,
hab gerade richtig Trouble mit meiner Krankenkasse und weiß nicht mehr weiter.

Zur Vorgeschichte:

Mitte 2013 habe ich mich mit einem Kleingewerbe selbstständig gemacht und mich bei meiner Krankenkasse weiter pflichtversichert. Bis Anfang 2015 lief alles Prima … ich musste monatlich ca. 250 € Beitrag bezahlen. Leider läuft das Gewerbe etwas schleppend (Liegt nicht an mir, sondern an den Kunden die meine Auftraggeber beauftragen (Eventbranche).
Dann kam plötzlich eine Neueinstufung meiner Krankenkasse auf 750 € im Monat (habe im Monat ca. 1200-1600 € im Durschnitt an Einnahmen) - Kann ich also unmöglich zahlen und habe sofort Widerspruch eingelegt. Der Brief ist angeblich nie eingegangen (normalerweise schicke ich so etwas per Einschreiben - habe es aber diesmal nicht gemacht). Als dann nichts kam habe ich irgendwann angerufen und mir wurde nur am Telefon gesagt das die Einstufung ohne Steuerbescheid von 2013 fiktiv angesetzt wird und ich das jetzt halt zahlen müsste.
Hab den Steuerbescheid 2013 erst sehr spät in 2015 wiederbekommen und hingeschickt.
An den Unterlagen für 2014 und 2015 sitze ich gerade um diese die nächsten Tage dem Steuerberater zu übergeben.

Daher bekam ich immer mal wieder Mahnungen - natürlich dann auch irgendwann vom Amtsgericht. Die niedrigen habe ich auch ohne Probleme zahlen können.

Jetzt:

Seit Sylvester habe ich eine Refluxerkrankung (bekomme Nachts keine Luft). Also bin ich zum HNO-Arzt gegangen, der mir eine Notfalleinweisung ins Krankenhaus gegeben hat. Wurde aber erstmal wieder heimgeschickt da ich noch einige Untersuchungen machen müsse. Am Monatsanfang machte dann das Amtsgericht mein Konto dicht, dank der viel zu hoch angesetzten Beiträge. Also bin ich zur Krankenkasse gefahren und habe so nebenbei mitgeteilt bekommen das mein Leistungsanspruch seit 12.2014 ruht und eine ausgedruckte Kopie von Ihr bekommen. Die Sachbearbeiterin sagte ich müsse die offenen Beiträge begleichen. Hab Ihr erklärt das ich monatlich ja nur 1200-1600 € verdiene und also keine 750 € zahlen könne - Als Antwort kam dann nur: Es sei völlig normal und sie haben den monatlichen Beitrag an ein Einkommen von 4237,50 € pro Monat angesetzt und das dass der Gesetzgeber so vorschreiben würde. Hab dann nachgefragt wie ich das machen solle und ob ich dann das was ich zuviel gezahlt habe angerechnet oder zurückbekomme - Sie meinte nur nein das macht die Krankenkasse nicht mehr (war früher üblich), jetzt würde aber der Gesetzgeber maulen weil die Zahlen ja dann nicht mehr stimmen würden und ich könne ja Insolvenz anmelden. (Hab gedacht ich höre nicht richtig!!)

Ich war jetzt letzte Woche dann doch (auf anraten meiner Ärzte) für 3 Tage in der HNO und habe mich operieren lassen und muss eigentlich auch noch ins Schlaflabor und dann in die innere damit ich den immer schlimmer werdenden Reflux wieder loswerde. Kann Nachts im Moment nur noch 1-2 Stunden schlafen und es wird als schlimmer, ich esse und trinke fast nichts mehr, kann und darf im Moment noch nicht arbeiten. Und am Samstag habe ich dann auch noch n Brief vom Krankenhaus bekommen das die Kosten natürlich nicht übernommen werden.

Die Steuerunterlagen gehen die Tage an meinen Steuerberater -> brauchen trotzdem aber Zeit bis Sie bearbeitet sind. Wenn ich Insolvenz beantragen möchte dauert das ja auch ein paar Tage. Könnte auch alles hinschmeißen und mich beim Sozialamt melden, dann hätte ich sofort wieder eine Krankenversicherung - muß aber dann wohl mein Auto verkaufen, mein Konto ist immer noch dicht usw.

Im Moment weiß ich nicht mehr weiter. Egal ob finanziell (Konto ist ja dicht), Gesundheitlich oder was ich mit meiner Krankenkasse machen soll. Klar ich habe wohl auch etwas blauäugig gehandelt und manche Fehler gemacht bzw. manches auf die Lange Bank geschoben, weil ich nur arbeiten wollte…

Hat einer n Tipp, ne Idee oder sonst irgendwelche Infos die mir hier raushelfen???

Danke im voraus

Moin,

viel kann ich nicht beitragen, aber
melden, dann hätte ich sofort wieder eine Krankenversicherung - muß aber
dann wohl mein Auto verkaufen, mein Konto ist immer noch dicht usw.

das muss nicht unbedingt sein. Es hängt vom Alter, Laufleistung usw. ab. Zahlen habe ich nicht zurhand, es hat sich auch zuviel geändert.

Gruß Volker

Hallo,
von der niedrigsten Klasse von heute auf morgen in die höchste Klasse - das erscheint mir nun doch ein wenig seltsam. Wenn du dich 2013 selbständig gemacht hast, dann wurde die Einstufung ab 2013 erst mal aufgrund einer Schätzung vorgenommen - in den meisten Fälle wird dann die Mindestbeitragsbemessungsgrenze zugrunde gelegt - so auch bei dir. Endgültig wurde diese Einstufung nach Vorlage des Einkommensteuerbescheides 2013 - und da scheint mir der Knackpunkt zu liegen -
Warum wurde der Einkommensteuerbescheid für 2013 erst „spät“ in 2015 erstellt - und wie war bis dahin der Kontakt mit der Kasse ?. So wie geschildert hat die Kasse dich wegen fehlender Einkommensnachweise in die höchste Klasse eingestuft und dir, nachdem die höheren Beiträge nicht gezahlt wurden auch die Leistungsverweigerung (Notfälle ausgenommen) mitgeteilt.
Dass die das Amtsgericht dein Konto sperrt, liegt das allein an der Forderung der Kasse ?
Raus aus der Nummer kommst du nur, wenn du sofort handelst - persönliche Kontaktaufnahme mit der Kasse - alle Einkommensnachweise aus den vergangenen Jahren vorlegen und versuchen eine Ratenzahlung zu erhalten, denn nur dann besteht auch der volle Leistungsanspruch.
Übrigens, das mit der Einstufung in die höchste Klasse bei fehlenden Einkommensnachweisen ist üblich und wird von allen Kassen so gehandhabt, denn eine Einkommensbezogene Einstufung ohne Einkommensnachweis ist nicht zu machen.
Gruss
Czauderna

Hallo!

Zeitnahe Buchhaltung gehört zu den wichtigsten Aufgaben eines Selbständigen. Die Schilderung lässt vermuten, dass diesbezüglich von Beginn an wenig bis nichts geschah und Aufforderungen der Krankenkasse ignoriert wurden.

Ein Rat zur Vorgehensweise setzt Detailkenntnis der Lebensumstände voraus, u. a. Chancen am Arbeitsmarkt, familiärer Rückhalt, Wohnsituation, Vermögensverhältnisse – zu komplex für ein Internetforum. Die Schilderung lässt aber eine mangelhaft angelegte Selbständigkeit vermuten.

Mit „Kleingewerbe“ ist vermutlich die Kleinunternehmerregelung bei der Umsatzsteuer gemeint, die in Anspruch genommen werden kann, wenn der Jahresumsatz 17.500 € nicht übersteigt. Die Regelung kann man wählen, wenn die Auftraggeber überwiegend nicht vorsteuerabzugsberechtigt sind und wenn das Geschäft weder nennenswerte Investitionen noch Beschaffungen erfordert, in deren Rechnungen Mehrwertsteuer enthalten ist. Wer z. B. Karten legt oder bei Privatleuten den Familienhund spazieren führt, muss sich wegen der Umsatzsteuer keinen Kopf machen. Aber für gewöhnlich schießt man sich mit der Kleinunternehmerregelung ins Knie. Ohnehin kann man aus solchem geringen Jahresumsatz kaum den Lebensunterhalt bestreiten, Krankenversicherung bezahlen, Altersvorsorge treiben, Reserven für krankheitsbedingten Ausfall und Saure-Gurken-Zeiten schaffen und zu all dem auch noch einen Steuerberater beschäftigen. Steuerberater arbeiten i. a. nicht für Gotteslohn und tun wie alle anderen Dienstleister gar nichts mehr, sobald Honorarforderungen ernsthaft in Gefahr geraten. Zudem haben Mandanten einen schweren Stand, die 2016 beginnen, die Belege von 2014 aus den Ritzen der Autositze und aus den Taschen der Hosen im Wäschekorb zu wühlen. Wer für die Kleinunternehmerregelung optiert und dann auch noch meint, einen Steuerberater beschäftigen zu müssen, hält Ordnung in den Geschäftsvorfällen und elementare eigene Kenntnisse für entbehrlich und überhaupt den ganzen Papierkram für lästig. Wer glaubt, solche Einstellung mit Arbeit übertünchen zu können, kommt vor lauter Arbeit nicht zum Geldverdienen und wird vorhersehbar scheitern.

Ob der Steuerberater unter den gegebenen Umständen überhaupt tätig wird und ob sich die Situation dadurch kurzfristig genug retten lässt, ist angesichts des durch Pfändung gesperrten Kontos unwahrscheinlich, weil es Monate braucht, bis der Einkommensteuerbescheid des Finanzamts vorliegt. Von daher liegt der Klassiker vor, bei dem eine Krankenkasse dem fragwürdigen Geschäftsmodell und dem kaufmännischen Gebaren eines Selbständigen ein Ende setzt. Das Ende heißt Insolvenz. Ist ein Dritter (hier der Sozialversicherer) der Antragsteller, sollte der Betroffene mit einem eigenen Insolvenzantrag reagieren oder die Insolvenz durch Zahlung der Verbindlichkeit abwenden.

Ist durch Vorlage von Jahresauswertungen und Verhandeln mit der KK nichts zu erreichen (was nach mehreren Jahren Abtauchen passieren kann) und handelt es sich nur um wenige Tausend Euro und kann der Schuldner irgend etwas kurzfristig zu Geld machen, um die Schulden zu begleichen, z. B. durch Verkauf eines Fahrzeugs, sollte dies umgehend geschehen. Wer diese Möglichkeit verpasst, nur weil er sich ans geliebte Blechle klammert, begeht einen kapitalen Fehler. Immerhin haftet eine Insolvenz dem Schuldner viele Jahre an.

Man muss aber die Gesamtsituation sehen, alle Schulden und nicht nur den Gläubiger, dem gerade der Geduldsfaden gerissen ist. So kann eine Insolvenz durchaus rettenden Charakter haben, wenn dadurch ein von Altlasten befreiter Neustart möglich wird. Ein Neustart kann auch in einer Tätigkeit als Angestellter bestehen sowie in jedem Weg, der umgehend zu einer Existenz mit Krankenversicherung, gefülltem Kühlschrank und geheizter Wohnung führt.

Vor einem Neustart als Selbständiger braucht’s grundlegende Veränderungen. Größere Buchhaltungsrückstände lassen mit hoher Wahrscheinlichkeit auf durchgängig mangelhafte Professionalität im Unternehmen schließen. Dauerhafter Bestand und Existenzsicherung sind damit ausgeschlossen. Neben der Regelung der Schulden ist ein tragfähiges Geschäftskonzept eine entscheidende Voraussetzung. Von 1.200 € (ist das der Verdienst oder womöglich der Umsatz?) kann man als Selbständiger nur schwer über die Runden kommen, näht alles auf Kante, lebt von der Hand in den Mund und wird von jeder Kleinigkeit an die Wand gedrückt. Wer so agiert und krank wird, verliert seine Existenz, weil Kunden nicht mehr akquiriert, geschweige denn bedient werden, weil Geschäft nicht mehr stattfindet. Schon deshalb muss ein auf Dauer angelegtes Unternehmen umfänglicher sein und braucht Angestellte, die das Tagesgeschäft wenigstens für begrenzte Zeit erledigen können. Wer klein anfängt, sollte das Geschäft in überschaubarer Zeit zu tragfähiger Unternehmensstruktur bringen. Anders kann nur vorgehen, wer als Alleinunterhalter in Alleinstellung bei jedem Auftrag so klotzigen Überschuss einfährt, dass etwa krankheitsbedingte Pausen und anschließend erneutes Anfahren des Geschäfts weggesteckt werden. Aber über solche Voraussetzungen verfügen nur wenige Glückliche.

Zu den Veränderungen gehört auch, die Kombination von Steuerberater und Kleinunternehmerregelung aus dem Wortschatz zu streichen. Vorsteuerabzugsberechtigung macht vieles preisgünstiger und die paar Umsatzsteuervoranmeldungen sind schnell erledigter Kleinkram. Eingenommene Umsatzsteuer darf man natürlich nicht einfach verfrühstücken, wenn man ungnädige Maßnahmen des Finanzamts vermeiden will. Zur Erlangung elementarer Kenntnisse, wie es die Aufzeichnungen von Geschäftsvorfällen nun einmal sind, absolviert man einen Kurs in Buchhaltung - wird an jeder Volkshochschule angeboten. Dann brauchst Du für die immer gleichen Geschäftsvorfälle und den Jahresabschluss keinen Steuerberater, schon gar nicht Jahre im Nachhinein. Vielmehr hättest Du alle Sachen stets zeitnah parat und wärst alsbald für das eigene Geschäft viel wertvoller, als es ein Steuerberater je sein kann. Du würdest nämlich die aktuellen Zahlen u. a. für eine laufende Ertragsvorschau nutzen, um nicht mehr von der Hand in den Mund zu leben, sondern heute schon zu sehen, wie die Liquidität unter Berücksichtigung aller laufenden Kosten in einem Vierteljahr aussehen wird. Dann würdest Du unternehmerisch gestalten und nicht mehr auf die Idee kommen, Belege und Auswertungen außer Haus zu geben, um für mangelhaften Überblick zu einem Zeitpunkt, an dem der Drops längst gelutscht ist, einen spürbaren Teil des sauer Verdienten auszugeben. Man solle sich lieber dem Geschäft widmen, statt sich mit Papierkram zu beschäftigen, ist die Ausrede von Leuten, die auf den zeitnahen Überblick verzichten, die Zahlen des eigenen Unternehmens nicht verstehen und noch nicht mitbekommen haben, dass aktuelle Daten ein entscheidendes Steuerungs- und Planungsinstrument sind. Die stets aktuellen Zahlen braucht auch der Inhaber eines kleinen Unternehmers und erstellt sie im ureigenen Interesse. Das bisschen Zeug für Finanzamt und Krankenkasse entsteht dabei fast von alleine.

Gruß
Wolfgang

Hallo Wolfgang,

danke für deine Nachricht aber meine Buchhaltung ist einwandfrei und wird auch zeitnah geführt. Hefte meine Quittungen und Belege immer schön ab so das ich diese nicht suchen muß. Lästig ist mir die Buchhaltung auch nicht (mir fehlt manchmal nur etwas die Zeit dafür).

Du hast übrigens recht es handelte sich bis letztes Jahr um ein Gewerbe nach der Kleinunternehmerregelung. Seit diesem Jahr darf ich Mehrwertsteuer abrechnen.

Finde es etwas schade das du die Kleinunternehmerregelung so zerlegst, denn sie hat auch Ihre Vorteile. Vor allem wenn man am Anfang steht und in einen Bereich (hier Events, Messen usw.) geht von dem man nicht viel weiß. Man muss sich ja schließlich erstmal etablieren, einen Kundenstamm aufbauen usw. Daher ja auch erstmal der Steuerberater - hatte sowieso vor die Steuer ab dem Zeitpunkt x selber zu gestalten. Mittlerweile habe ich meine 3-4 festen Kunden und einige die mich ab und zu mal buchen.

Leider ist aber jetzt schon das Kind in den Brunnen gefallen und deine Fernanalyse meines kleinen Unternehmens bringt ich nicht aus dieser Situation raus, kann aber sein das ich oder auch der andere aus deinem Text einiges an Informationen rausziehen um es besser zu machen. Daher danke für deine Informationsreiche Antwort.

Gruß Michael

Hallo Günter,

richtig - es liegt am Einkommenssteuerbescheid 2013! Warum habe ich Ihn so spät abgegeben?! Das hat einige Gründe. Angefangen damit das ich erstmal nicht sicher war wann ich meinen ersten Jahresabschluss machen wollte (Dezember 2013 oder 30./31. Juni 2014 - also Geschäftsjahr oder Jahresabschluss). Dann kamen verschiedene andere Dinge dazwischen. Hab mit der Krankenkasse des Öfteren telefoniert und denen mitgeteilt das sie den Steuerbescheid bekommen sobald er da ist. Musste mir nen Steuerberater suchen da mein alter in Rente gegangen ist. Der Steuerberater hat die Unterlagen so im März 2015 erhalten und auch recht schnell abgegeben - Habe aber meine Bescheinigung erst im Oktober vom Finanzamt bekommen und danach umgehend hingeschickt (ist angeblich nie mit meinem Wiederspruch angekommen - siehe ersten Text.) Ich möchte mich gerne und sofort mit meiner Krankenkasse hinsetzen und ne Ratenzahlung vereinbaren.(Muss ja schließlich weiterbehandelt werden) aber ich weiß nicht wie. Hab schriftlich an die geschrieben und meine Situation geschildert, dazu eine Aufstellung geschickt mit meinen monatlichen Einnahmen usw. aber das Interessiert die anscheinend gar nicht. Selbst wenn ich ne Ratenzahlung vereinbaren möchte kommt im nächsten Monat wieder ne Rechnung über 750 € und ich habe nur 1400 € eingenommen (kann ich also andere Dinge wie Miete Strom usw. nicht zahlen). Die Einkommensnachweise interessiert die nicht, die wollen nur die Einkommenssteuernachweise und sind auch nicht bereit diese dann Rückwirkend anzurechnen. Stecken sich dann den Gewinn einfach ein (Ist ja laut der Sachbearbeiterin so ganz normal).

Sorry, wollte nicht noch weiter ausholen … mir geht es ja um die jetzige Situation. Wie komme ich da raus, Wer hilft mir gegen die Krankenasse (hatte eigentlich immer ne gute Beziehung zu denen und erst jetzt das erste Mal Probleme).

Leider weiß ich ja nicht mal ob die Krankenkasse nicht selber jemanden in den eigenen Reihen hat der den Kunden hilft (Beschwerdestelle oder dergleichen).

Gruß
Michael

Hallo,
ich denke, dass es in deinem Fall wirklich am Besten ist, wenn du mal persönlich bei der Kasse
vorstellig wirst - wenn Du Glück hast, dann triffst du dort einen Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin an, die dir konkret helfen kann. Nimm alles mit, was du an Unterlagen hast. Der Einkommensteuerbescheid ist zwar grundsätzlich der Hauptnachweis, aber es können auch andere Unterlagen herangezogen werden.
Wichtig wird es auf jeden Fall sein, dass du eine plausible Erklärung findest, warum du auf die Mitteilung, dass du nun den Höchstbeitrag zahlen musstest, nicht sofort mit einem Widerspruch reagierst hast.
Natürlich gibt es auch bei der Kasse ein Beschwerdemanagement und du kannst dich direkt (schriftlich) dorthin wenden - Manche Versicherte schreiben sogar an den Vorstand der Kasse - in der Hoffnung, dass sich der Vorstand persönlich der Sache annimmt. Meiner Meinung nach ist an der Handlung der Kasse rein rechtlich nichts zu beanstanden - es kommt jetzt nur darauf an, ob und wie sie dir entgegenkommen.
Sorry, wenn ich keine, für dich günstigere Antwort parat habe, aber so wie du deinen Fall geschildert hast, geht es nicht besser.
Gruss
Czauderna

Hallo Michael!

Buchhaltung ist denn doch noch etwas umfänglicher. Chronologisches Abheften mit fortlaufender Nummerierung von Belegen gehört zu den Vorbereitungen für die Buchhaltung. Wenn man dann noch eine Excel-Tabelle anlegt, die Belege mit Nummer und Datum in die Zeilen einträgt, alle Ausgaben in einer Spalte, alle Einnahmen in einer anderen Spalte, muss man die Zahlen der beiden Spalten nur noch mit der Σ-Funktion addieren und erhält so die Summen von Einnahmen und Ausgaben. Diese Einnahmenüberschussrechnung (EÜR) genügt den Anforderungen des Finanzamts. Natürlich kann man die Sache auch ohne Excel per Hand erledigen. Man braucht keine Buchhaltungssoftware und schon gar keinen Berater, denn die Anforderungen gehen über einfaches Addieren und Subtrahieren nicht hinaus.
Beim Ausfüllen der Formulare fürs Finanzamt wird man bemerken, dass es sinnvoll ist, die Spalten mit den Einnahmen und Ausgaben der Excel-Tabelle nach verschiedenen Kriterien aufzudröseln, weil die Ausgaben für z. B. Materialeinkäufe, geringwertige Wirtschaftsgüter, Miete etc. separat einzutragen sind. Beim Ausfüllen der Formulare bemerkt man selbst, was man anstellen muss, um nur durch Abschreiben einzelner Ergebnisse der Excel-Spalten zurecht zu kommen. Ist aber nur Kinderkram, keine schwarze Kunst, keine Geheimnisse. Fertig ist die Buchhaltung. Es gibt wirklich keinen Grund, damit jahrelang zu warten und womöglich Steuerberaterhonorar zu bezahlen.

Wer Umsatzsteuer ausweist, braucht wenige zusätzliche Spalten, um Nettobeträge, in Rechnung gestellte Mehrwertsteuer und bezahlte Vorsteuer aufzuführen. Dabei ist aber sehr zeitnahe eigene Buchführung wichtig, denn sobald man Überschüsse aus Inlandsumsätzen erzielt, damit mehr Umsatzsteuer einnimmt als Vorsteuer bezahlt wurde, will das Finanzamt die Differenz haben. Wer damit lange wartet und womöglich unbemerkt eine hohe Umsatzsteuerschuld entstehen lässt, die (wg. nicht zeitnaher Buchhaltung nicht bemerkt) nicht bezahlt werden kann, wird beim Finanzamt auf wenig Entgegenkommen stoßen.

Prioritäten wurden halsbrecherisch falsch gesetzt.

Ja, aber nur für Selbständige, die vorwiegend von Privatkundschaft leben, die nicht investieren, nichts einkaufen und für ihre Tätigkeit ohne Auto auskommen. Wie schon beschrieben, wer Familienhunde ausführt oder oder Karten legt, ist mit der Kleinunternehmerregelung besser bedient. Alle anderen zahlen kräftig drauf. An der Tanke zahlst Du 1,19 € für den Liter Benzin. Wer aber vorsteuerabzugsberechtigt ist, also die Kleinunternehmerregelung nicht in Anspruch nimmt, verrechnet die auf dem Tankbeleg ausgewiesene Mehrwertsteuer als Vorsteuer mit eingenommener Umsatzsteuer. Er legt zwar im Moment auch 1,19 € auf den Tresen, zahlt aber nach der Verrechnung letztlich nur 1 €. Die Mehrwertsteuer ist eine Steuer auf privaten Konsum. Selbständige werden damit nicht belastet, es sei denn, sie lassen sich per Kleinunternehmerregelung bei der Umsatzsteuer wie Privatmenschen behandeln. Zuweilen wird die Entlastung von Bürokram als Vorteil der Kleinunternehmerregelung aufgeführt. Aber das ist ein Scheinargument, denn der zu treibende Aufwand für den korrekten Umgang mit der Umsatzsteuer ist im Verhältnis zur heftigen Einsparung lächerlich gering.

Gerade am Anfang kann sich keiner leisten, Geld sinnlos zu verblasen und vermeidbare Steuerlast zu tragen. Wer Privatkunden Umsatzsteuer in Rechnung stellen muss, ist gegenüber Konkurrenten im Nachteil, die unter der Kleinunternehmerregelung agieren. Aber Deine Kundschaft im Bereich Messen/Events sind Gewerbetreibende, die von ausgewiesener Umsatzsteuer nur kurzfristig in der Liquidität berührt, aber letzten Endes nicht belastet werden.

Steuerliche Gestaltung ist ein anderes Kapitel, setzt einige Sachkunde voraus und kann auch einen Berater erforderlich machen. So müsste ein Berater mit Kenntnis des Geschäftszweiges seines Mandanten in Deinem Fall sofort von der Kleinunternehmerregelung abraten, weil es hier von Beginn an die ungünstige Variante ist.

An dieser Stelle scheint mir Grundsätzliches fällig. Egal ob jemand Gehirne operiert, Autos repariert oder Events organisiert, bekommt der Selbständige kein Geld, weil der Monat zu Ende ist, sondern weil er Gewinn erwirtschaftete. Deshalb ist die kaufmännische Kompetenz unabhängig von der Art der selbständigen Tätigkeit eine entscheidende Komponente für den wirtschaftlichen Erfolg. Mit kaufmännischer Inkompetenz kann man fachlich noch so gut sein und läuft dennoch in die Pleite. Um Brötchen über den Tresen zu reichen und Torte in Stücke zu schneiden, absolvieren junge Leute eine Lehre. Dabei lernen sie auch, dass man nicht über den Kuchen hustet , wie man Ware präsentiert, wie man mit der Registrierkasse umgeht und welche Temperatur in der Kühltruhe herrschen muss. Beliebige von der Straße gegriffene Leute würden ohne Ausbildung trotz der vermeintlich simplen Tätigkeit viele inakzeptable Fehler machen.

Seltsamerweise glauben manche Leute, dass sie ohne die Spur einschlägiger Ausbildung und Kenntnisse kaufmännisch tätig sein können. Ist aber ein Irrtum, wie die Erfahrung lehrt. Man kann die Learning-by-Doing-Methode nutzen, die wunderbar funktioniert, wenn man das misslungene Ergebnis ohne größeren Schaden einfach wegwerfen kann. Ohne wenigstens elementare kaufmännische Grundkenntnisse die eigene Existenz mit der Learning-by-Doing-Methode auf die Füße stellen zu wollen, endet oft im Wegwerfen des misslungenen Ergebnisses, hier der wirtschaftlichen Existenz – dummerweise nicht ohne größeren Schaden, sondern mit jahrelang bitterer Wirkung. Weil das so ist und sich täglich ungezählte Male wiederholt, halte ich den schon in meiner ersten Antwort empfohlenen VHS-Kurs in Buchhaltung für ein unverzichtbares Minimum an Vorbereitung. Das gilt auch für Leute, die ihre Buchführung von Angestellten oder außer Haus erledigen lassen. Nicht nur der Formalismus der Buchhaltung, auch viele in der alltäglichen Praxis wichtigen Begrifflichkeiten und Zusammenhänge werden dabei gelernt. Wer dann auch noch einen Jahresabschluss-Kurs absolviert, bekommt einen Einblick, wo und wie man steuerlich gestalten kann. Es ist wie beim Autofahren. Ohne eigene Kenntnisse für jeden Handgriff und vor der fälligen Vollbremsung erst einen Berater fragen zu müssen, ist eine mit Gewissheit zum Crash führende Methode.

Es gingen doch Antworten mit zielführender Vorgehensweise ein.

  1. Verhandeln, persönlich und vis-a-vis mit dem Sachbearbeiter/der Sachbearbeiterin der KK. Die Verhandlungsposition ist aber schwach, wenn Dinge, auf denen die Entscheidungen der KK beruhen, nämlich Einkommensteuerbescheide vom Finanzamt, nicht vorgelegt werden können. Dann hilft vorhersehbar auch eine Beschwerdestelle nicht weiter, weil die KK-Entscheidung formal richtig ist. Vielleicht wäre etwas zu erreichen, wenn der Steuerberater die Belege hat, Jahresabschlüsse erstellt und beim FA einreicht, das aber etliche Wochen, eher Monate bis zum Steuerbescheid braucht. Die Zeit hast Du nicht. Damit die Vollstreckungsstelle der KK trotz fehlender Bescheide den Griff vom Konto lässt und wieder Versicherungsschutz gewährt wird, müsste sich jemand vorschriftswidrig und nur auf die blauen Augen hin aus dem Fenster lehnen – Ansinnen mit schlechter Erfolgsaussicht.

  2. Wenn Nr. 1 (vorhersehbar) nicht funktioniert, muss Plan B her (ach nee, heißt ja jetzt Plan A2). Plan A2 sieht Geldbeschaffung vor, z. B. Auto verkaufen. Klar, Du brauchst ein Auto, aber dann muss es eben erstmal eine ganz billige Gurke tun. Mit dem schleunigst realisierten Verkaufserlös ergibt sich eine bessere Verhandlungsposition. Vielleicht lässt sich die Schuld aus dem Verkaufserlös komplett bezahlen und falls nicht, macht eine nennenswerte Anzahlung verhandlungsbereiter, dem Abstottern des Rests zuzustimmen.

  3. Plan A3: Das vorhandene Auto ist nichts wert, anderweitig ist kein Geld aufzutreiben und auch ein gut bezahlter sozialversicherungspflichtiger Angestelltenjob ist kurzfristig nicht in Sicht. Dann hilft nur die Insolvenz und möglicherweise auch der Gang zum Sozialamt/Jobcenter. Bei der Insolvenz handelt es sich um ein Regelverfahren, also keine Verbraucherinsolvenz mit langwierigem Herumeiern irgendwelcher Beratungsstellen. Der Betroffene besorgt sich vom Amtsgericht den Formularsatz und gibt ihn ausgefüllt nebst Anlagen wieder ab. Ein Exemplar nimmt er mit dem Eingangsstempel des Amtsgerichts versehen wieder mit. Außerdem beantragt er vorläufigen Vollstreckungsschutz, damit sich der bereits vollstreckende Gläubiger nicht zu Lasten anderer Gläubiger bedient (der Antrag beschleunigt erfahrungsgemäß die Verfahrenseröffnung und dann gilt ein Vollstreckungsverbot). Wird das alles sorgfältig und vollständig gemacht, wird das Amtsgericht alsbald einen Gutachter bestellen, der zumeist hinterher auch Insolvenzverwalter/Treuhänder sein wird. Das muss keineswegs das Ende des Unternehmens sein. Der Insolvenzverwalter entscheidet, ob der Selbständige sein Unternehmen fortführen darf oder ob mit Weiterführung finanzielle Risiken einher gehen, denen Gläubigerinteressen entgegen stehen. Viele Selbständige, vom Aalräucherer bis zum Zahnarzt, üben ihre Tätigkeit unter Kontrolle eines Insolvenzverwalters aus.

Rein vorsichtshalber: Komme nicht auf die Idee, Hilfe von irgendwelchen Kreditvermittlern zu erwarten. Diese Leute greifen Dein letztes Geld ab, aber Kredit wird es nicht geben.

Einen Weg, der ohne Schrammen aus der Situation führt, sehe ich nicht. Aber aufgrund hoffentlich eintretenden Lerneffekts eröffnet sich ein zukünftig besserer Weg. Der bessere Weg eröffnet sich aber erst nach Erlangung belastbarer kaufmännischer Kenntnisse und nach veränderter Prioritätensetzung, nämlich Kaufmännisches hat Vorrang. Kaufmännisches ist nicht nur Buchhaltung, sondern deutlich breiter. Controlling, also Steuerung aufgrund aktueller Zahlen gehört dazu, auch Betriebsorganisation mit geregelten Abläufen u. v. m. Außerdem gehört dazu, dass Außerhausbringen von Buchhaltungsbelegen mit sofortiger Vierteilung und mindestens Erschießen geahndet wird. Ein einmal im Haus befindlicher Beleg verlässt dasselbe nicht vor Ablauf von 10 Jahren, ist spätestens am Ende der Folgewoche seines Eintreffens gebucht und Bestandteil von Buchführung, Ertragsvorschau sowie in den automatisch entstehenden Aufstellungen mit den mit einzelnen Kunden und Lieferanten realisierten Umsätzen. Das kann man alles mit Excel erledigen, aber sobald es nennenswert über eine EÜR hinaus geht, ist es einfacher, sich für einen Hunderter eine Buchführungssoftware zu gönnen. Dann hast Du Silvester zu tun, musst nämlich auf den Knopf drücken und den fix und fertigen Jahresabschluss erzeugen, der den Damen und Herren vom FA zur Bearbeitung vorliegt, sobald sie wieder nüchtern sind. Aber Vorsicht: Entgegen mancherorts zu hörender Meinung ersetzt Software keinen Sachverstand. Wer damit ohne Buchführungskenntnisse umgeht, produziert unbrauchbaren Mist und scheitert schon an der Terminologie (der erwähnte VHS-Kurs schafft Abhilfe).

Gruß
Wolfgang