Armbrustschütze: Perspektivische Täuschung

An der Außenfassade des Stadtmuseums von Lindau im Bodensee gibt es einen gemalten Armbrustschützen. Der Pfeil seiner Waffe zielt immer genau auf den Betrachter, egal ob er das Bild von links, von rechts oder von der Mitte aus betrachtet. Ein ähnliches Bild (nur kleinformatig) existiert in einem Treppenhaus der Burg Lichtenstein bei Reutlingen.

Natürlich handelt es sich bei beiden - und bei allen ähnlichen Ausführungen, die es sicher gibt - um eine perspektivische Täuschung. Das möchte ich also nicht wissen.

Was ich wissen möchte, sind zwei Dinge. Erstens: Wie heißt diese perspektivische Täuschung genau? Und zweitens: Gibt es irgendwo eine Anleitung darüber, wie sie konstruiert werden muss?

Ein Foto des Lindauer Armbrustschützen habe ich ins Picasa-Web eingestellt: http://picasaweb.google.de/PeterLentwojt/Armbrustsch…

Vielen Dank für gute Antworten :wink:

wogdi

Hallo wogdi,

das ist eine Täuschung, ein immer wieder gerne erzählter Gag bei Museumsführungen.
Es funktioniert dadurch, dass die Bildfigur immer gerade heraus aus dem Bild blickt. Dann verfolgt der Betrachter diesen Punkt mit seinen Augen und glaubt, er würde angeblickt.

Auch andere haben darüber schon debattiert:
"Das dargestellte Porträt zeige die Figur daher immer „en face“, mit einem starren Blick nach vorne. Ähnlich liegt die Sachlage laut Etzlstorfer bei repräsentativen Porträts wie der Mona Lisa oder den Bildern des Friedrich von Amerling.

Augen des Betrachters werden „permanent nachjustiert“

Tatsächlich aber blicken nicht die Figuren den Betrachter an, sondern es ist umgekehrt - und zwar egal, an welcher Stelle im Raum sich der Kunstliebhaber positioniert, um das Bild anzusehen.

„Das Augenpaar des Betrachters wird permanent nachjustiert“, erklärt der Kunsthistoriker das Phänomen. „Erst dadurch entsteht der Eindruck des permanenten Blickkontaktes. Im Grunde handelt es sich also um eine Art optische Täuschung.“ "
aus: http://science.orf.at/science/ays/77368

Einen spezielleren Fachausdruck dafür kenne ich nicht.

Freundliche Grüße
rotmarder

Hallo rotmarder,

dankeschön für deine interessante Antwort. Ich habe mir die Diskussion unter dem von dir geschickten Link angesehen.

Aber ich bin der Meinung, dass meine Frage damit nicht berührt wird. Deine Antwort wie die von dir zitierte Diskussion besprechen den Fall von Augenpaaren, die den Betrachter frontal anschauen - mithin geht es hier also nur um Punkte. Nun schau dir aber nochmals das Foto an, auf das ich verlinkt habe und bewege dich um das Bild.

Du wirst den Eindruck haben, dass sich das hintere Ende des Pfeils von dir weg in eine andere Richtung dreht als die dir folgende Spitze. In der Mitte des Pfeils scheint es eine unbewegte Drehachse zu geben, die keine Schein-Bewegung vollführt.

Es steht außer Frage, dass wir es hier mit einer optischen Täuschung zu haben. Es ist auch keine Diskussion darüber notwendig, dass der Effekt buchstäblich „im Auge des Betrachters“ liegt. Ja. Selbstverständlich ist das so. Aber ich bin der festen Überzeugung, dass es möglich ist, durch eine geeignete geometrische Ausführung eines Bildes den beschriebenen Eindruck zu forcieren.

Als Gegenbeispiel schau dir bitte mal dieses Werbefoto eines Spielzeug-Armbrustschützen an: http://www.spiel-ideen.ch/shop-spiel-ideen/Media/Sho… - Da tut sich gar nichts, wenn du um das Bild herum gehst.

Nun hält dieser Schütze - anders als der aus Lindau - seine Waffe nicht auf den Betrachter, sondern zielt an ihm vorbei. Aber genau darum geht es mir ja: WIE muss das zentrale Element einer Darstellung geometrisch konstruiert sein, damit der Effekt auftritt? Ich bin überzeugt, dass sich das beschreiben lässt und dass es auch schon beschrieben worden ist.

Viele Grüße

wogdi

Hallo wogdi,

ab hier scheint mir nicht mehr das künstlerische, sondern eher das Wissen der Physiker (Optik) oder der Psychologen (Wahrnehmungspsychologie) gefragt zu sein.

Freundliche Grüße
rotmarder

Hallo!

Das ist ganz klar und logisch.

Wie beim Fernsehen auch.

Blickt ein Schauspieler in die Kamera (was fast nie vorkommt), haben alle Zuschauer den Eindruck, angesehen zu werden, auch wenn sie links oder rechts vom Fernseher sitzen. Zielt er mit der Armbrust in die Kamera, haben alle den Eindruck, er ziele auf sie.

Kauf dir eine Armbrust, einen Fotoapparat und Ölfarbe, und schon ist dein Meisterwerk fertig.

Grüße

Andreas