Arzt Patient Beziehung

Hallo,
wie grenzt sich im Therapiegespräch ein Arzt (Fachgebiet Sexologie) von einem Patienten mit einer Sexualstörung ab, z.B. wenn dieser besonders beim Erzählen von sexuellen Phantasien sich stimmuliert fühlt. Das Thema Sexualität ist etwas höchst Persönliches. Wie funktioniert der Spagat des beratenden, therapierenden Arztes zwischen Abgrenzung und Empathie?
viele Grüße
oneTann

Hi!

wie grenzt sich im Therapiegespräch ein Arzt (Fachgebiet
Sexologie) von einem Patienten mit einer Sexualstörung ab,
z.B. wenn dieser besonders beim Erzählen von sexuellen
Phantasien sich stimmuliert fühlt. Das Thema Sexualität ist
etwas höchst Persönliches. Wie funktioniert der Spagat des
beratenden, therapierenden Arztes zwischen Abgrenzung und
Empathie?

Ich verstehe die Frage gar nicht.

Der Arzt ist ein Profi und hat sich schon oft mit derlei Problemen auseinandergesetzt.
Ihm ist bewusst, dass der Patient ein Problem hat und dass es eben um ein sexuelles Problem geht.

Er nimmt möglicherweise zur Kenntnis, dass der Patient sich durch das Erzählen selbst stimuliert, aber er muss sich dadurch ja noch lange nicht selbst stimuliert fühlen - sein Focus liegt auf etwas anderem.

Ich sehe da nicht mal einen Spagat zwischen Abgrenzung und Empathie: Das eine schließt das andere doch überhaupt nicht aus, sondern es geht Hand in Hand.

Mein persönliches Beispiel:
Viele Schüler erzählen mir ihre Probleme, von zuhause mit den Eltern, mit dem Freund, mit ihrem Ausbilder - und ich kann mich voll darauf einlassen, selbst wenn sie heulend vor mir sitzen, ohne selbst in Tränen ausbrechen zu müssen.
Ihre Probleme sind nicht meine und ich kann ihnen meine volle Zuwendung und Aufmerksamkeit geben und Hilfe anbieten, ohne mich von den Probleme selbst betroffen zu fühlen.

Genauso wird der Arzt das machen. Der hat sein eigenes Sexleben, das mit dem des Patienten nix zu tun hat.

hoffe das hilft dir weiter

Gruß

oh, Ok, da habe ich wohl zu allgemein formuliert:
wir haben im Bekanntenkreis jemanden, der regelmäßig die Telefonseelsorge anruft und von seinem Problem mit Frauen und Geschlechtsverkehr erzählt. Er gleicht seinen Druck durch dirty talking-Versuche bei dieser kostenlosen Beratungsstelle aus, weil die telefonischen Sex-Dienstleister etwas kosten.
Wie verhalten sich Profis wie Psychologen oder Psychiater, die sich auf eben solche Probleme im Sexualleben ihrer Patienten spezialisiert haben, und hindern den vermeindlich nach Ratsuchenden daran, selbst zum stimmulierenden Gegenüber zu werden, weil sie auf die Fragen oder Erzählungen des Patienten eingehen.
Nun, der Mann wird sicher nicht zu einem Sexologen gehen. Im privaten Umgang ist es nicht schwer eine Grenze zu ziehen und ihm zu sagen, dass bestimmte Detailfragen seiner Bettgeschichten ganz sicher nicht mit ihm erörtern werden. Aber wie macht es ein Psychologe mit dem Ratsuchenden? Gerät er auf eine Gratwanderung?
viele Grüße
oneTann

oh, Ok, da habe ich wohl zu allgemein formuliert:
wir haben im Bekanntenkreis jemanden, der regelmäßig die
Telefonseelsorge anruft und von seinem Problem mit Frauen und
Geschlechtsverkehr erzählt. Er gleicht seinen Druck durch
dirty talking-Versuche bei dieser kostenlosen Beratungsstelle
aus, weil die telefonischen Sex-Dienstleister etwas kosten.

Aha, darauf wär ich nach dem ersten Posting nun wirklich nicht gekommen.

Wie verhalten sich Profis wie Psychologen oder Psychiater, die
sich auf eben solche Probleme im Sexualleben ihrer Patienten
spezialisiert haben, und hindern den vermeindlich nach
Ratsuchenden daran, selbst zum stimmulierenden Gegenüber zu
werden, weil sie auf die Fragen oder Erzählungen des Patienten
eingehen.

Bspw. durch Rückfragen, wo dabei das Problem liegt?
Immer den Focus auf das Problem richten und die Entwicklung der Geschichte unterbrechen wäre ein Ansatz.

Nun, der Mann wird sicher nicht zu einem Sexologen gehen. Im
privaten Umgang ist es nicht schwer eine Grenze zu ziehen und
ihm zu sagen, dass bestimmte Detailfragen seiner
Bettgeschichten ganz sicher nicht mit ihm erörtern werden.
Aber wie macht es ein Psychologe mit dem Ratsuchenden?

Warum sollte es ausgerechnet Profis schwerer fallen als Angehörigen, sich denjenigen auf Abstand zu halten?

Ich verstehe die Frage immer noch nicht…

Gerät
er auf eine Gratwanderung?

Aus meiner Perspektive: Nein!

Grüße zurück!

HuiBu

Hallo,

ich bezweifle, dass irgendjemand in therapeutischer Funktion sexuell stimuliert wird, wenn ein Patient seine Phantasien erzählt. Das ist für einen Profi ungefähr so spannend wie Fußpilz.

In Sachen Telefonseelsorge kann ich dir versichern, dass es maximal 1 Minute dauert, bis ein Mensch mit einer Störung von einem Sexanrufer unterschieden ist. Den bittet man freundlich, die Leitung für Notfälle freizumachen und legt auf.

Alles andere ist wohl eher dem Reich der Phantasie zuzuordnen.

Schöne Grüße,
Jule

Ergänzung
Huhu,

ich möchte sogar mal behaupten, dass auch viele ungeschulte Personen sowas ziemlich schnell heraushören. Und deshalb die Profis natürlich erst recht.

Liebe Grüße
Lockenlicht

3 Like

Hallo,

wie reagieren denn die telefonischen Berater (bisher) auf sein Verhalten?
Bei den Telefonseelsorgemitarbeitern handelt es sich in den seltensten Fällen um Psychologen. Im Prinzip kann jeder Bürger dort eherenamtlich tätig werden nachdem man eine interne Fortbildung absolviert hat.

Ihre Aufgaben bestehen erstmal hauptsächlich darin zuzuhören und durch Fragen und Bestätigungssätze den Anrufer zu beruhigen, bzw. es zu erleichtern den Tunnelblick aufzugeben.

Wenn der Berater merkt, dass er für andere Zwecke missbraucht wird, ist er angewiesen das Gespräch freundlich zu beenden.

Die Leitungen der Telefonseelensorge sind ziemlich ausgelastet, weshalb es ziemlich mies ist sie wegen eigener Lust und ohne Not zu belegen. Vielleicht gelingt es Dir ja Deinem Freund das klar zu machen.

Viele Grüße

Moin,

Wie funktioniert der Spagat des
beratenden, therapierenden Arztes zwischen Abgrenzung und
Empathie?

wenn ich in Deinem Profil lese
Kommunikationspsychologie von Schulz von Thun, Qualitätsmanagement in Arztpraxis
frage ich mich, was Du mit dieser Frage bezwecken möchtest.

Gandalf

Moin Gandalf,
wie wärs mit „Anfüttern“ bzw „kostenlose Werbung für mlm-Seminare“?
LG
D

Im Übrigen…

wie grenzt sich im Therapiegespräch ein Arzt (Fachgebiet
Sexologie) von einem Patienten mit einer Sexualstörung ab,
z.B. wenn dieser besonders beim Erzählen von sexuellen
Phantasien sich stimmuliert fühlt. (…). Wie funktioniert der Spagat des
beratenden, therapierenden Arztes zwischen Abgrenzung und
Empathie?

Empathie bedeutet übrigens nicht, dass der Arzt sich dann mit stimuliert fühlt.
Insofern ist da keine Abgrenzung erforderlich.

Vielleicht sollten erstmal ein paar Begriffe geklärt werden.

Gruß

Keine Chance für Dirty Talk
Hallo,

da du offenbar Sexologie mit Sexualtherapie verwechselst, verstehe auch ich deine Frage nicht so ganz. Ein _Sexual_therapeut ist zwar nicht unbedingt immer auch ein _Psycho_therapeut (diese Bezeichnung ist wohldefiniert und geschützt), aber er ist jedenfalls fachspezifisch geschult. Und der Psychotherapeut, insbesondere mit einer diesbezüglichen Weiterbildung, ebenfalls. Im Rahmen solcher Gesprächsführungen ist es so gut wie ausgeschlossen, daß jemand sich auf Dirty-Talk-Anliegen eines „Patienten“ einläßt.

Und selbst wenn tatsächlich bei Problemen solcher Art einmal Details sexueller Phantasien zum Thema gemacht werden müssen, dann trifft auf den Therapeuten das zu, was Jule bereits unten anschaulich ausgedrückt hat. Und ich kann dir versichern, daß in so einem Fall solche Phantasie-Inhalte seltenst überhaupt geeignet wären, beim Gesprächspartner eigene sexuelle Stimulation auch nur anzuhauchen.

Eine Gegenübertragungs-Problematik (und eine solche hast du vermutlich im Sinn) spielt in fast jedem therapeutischen Szenarium eine Rolle, aber die wird durch ganz andere Dinge als Dirty-Talk initiiert. Und außerdem hat jeder Therapeut gelernt, damit umzugehen.

Und deine unten erwähnte Story über deinen Bekannten mit der Telefonseelsorge:

Er gleicht seinen Druck durch dirty talking-Versuche bei dieser kostenlosen Beratungsstelle aus, weil die telefonischen Sex-Dienstleister etwas kosten.

Da kannst du sicher sein, daß der dir einen Bären aufbindet (oder vielleicht auch du uns hier). Ehrenamtliche Mitarbeiter solcher Dienste („Telefonseelsorge“ ist in D konfessionell gebunden und daher auch ideologisch „gefärbt“. „Anonyme Telefonhilfe“ ist konfessionell ungebunden) sind zwar fast immer weder psychoptherapeutisch noch in Gesprächsführung vorgebildet, aber sie machen eine Aufnahmeprüfung (in der ihre Motivation zum Thema gemacht wird), eine mehrmonatige Ausbildung (unter vielem anderen in Gesprächsführungstechnik und psychotherapeutischen Grundlagen), eine Abschlußprüfung, und ständige Supervision.

Ich habe selbst viele Jahre lang ehrenamtliche Mitarbeiter solcher Dienste ausgebildet und ich kann dir auch hier versichern, daß sie darauf geschult sind, so schnell wie möglich das eigentliche Gesprächs_anliegen_ eines anonymen Anrufers herauszuarbeiten, egal wie ungeschickt sich der Anrufer formuliert und egal wie verschwurbelt er sein Problem schildert.

Es ist so, daß neben den eigentlichen dramatischen Anliegen (wofür diese Dienste da sind) auch eine Unmenge an Mißbrauch, Beleidigung und Verarschung (zunehmend durch Jugendliche im Pubertätsalter) an der Tagesordnung sind. Auch sind tatsächlich Telefonsex-Interessen, wie du sie erwähnst, keineswegs selten. Die Mitarbeiter aber erkennen das und haben gelernt, solche Gespräche entsprechend in kürzester Zeit diplomatisch zu beenden, um die Leitung wieder frei zu machen.

Gruß
Metapher