weiß jemand, wie 1965 häuser gebaut wurden? Wurde damals
Asbest verwendet?
Möchte nämlich ein Haus kaufen, und auf die Frage an den
Verkäufer, ob Asbest enthalten ist, hat dieser geantwortet,
daß dieser dort nur im Dach (anscheinend unter den
Dachziegeln) verlegt wurde. Kann es sein? Kann ich dann davon
ausgehen, daß sonst nichts aus Asbest ist?
Mich würde auch allgemeine Meinung interessieren: würdet
Ihr ein so altes Haus kaufen? Um wie viel % müßte dieses
günstiger, als ein ca. 10J altes Haus? Welche Mängel sollte
man beachten? Habe damit keine Erfahrung… Sollte man einen
Sachverständigen (Architekten? kenne evtl. einen…) holen?
Hallo Peter,
ohne eigene Sachkenntnis solltest Du unbedingt einen Sachverständigen bemühen. Grundsätzlich gibt es nichts dagegen zu sagen, ein 35 Jahre altes Haus zu kaufen. Mich würde es (nach genauer Besichtigung!) auch nicht stören, wenn es noch 100 Jahre älter wäre.
Aber: Zwischen Häusern aus den 60ern und 90ern können Welten liegen. Angefangen von den Dachpfannen, Regenrinnen, Fenstern, über die Heizung, die Wasserinstallation bis hin zur E-Installation - alles kann bei einem Haus nach fast 40 Jahren reif für die Erneuerung sein. Wärmeisolierung war 1965 noch kein Thema und wurde - wenn überhaupt - nur halbherzig eingebaut. Nur zu oft wurde ganz einfach gepfuscht und an Baustoffen gespart.
Werde mißtrauisch, wenn Wände mit Holz verkleidet sind. Auch solch Unfug wie „Thermopete“ (wenige mm Styropor auf den Innenwänden), die der Wärmedämmung dienen sollte, aber nur dem Schimmel Vorschub leistete, war verbreitet.
Damals waren die durchschnittlichen Familien deutlich größer als heute. Es gab deshalb viele winzige Zimmer und eher selten einen Grundriß, der auch nur kurzes Nachdenken erkennen läßt. In Siedlungen, die von einer der großen Wohnungsbaugesellschaften, z. B. der Neuen Heimat, hochgezogen wurden, gab es an jedem einzelnen Gebäude gravierenden Pfusch.
Feuchtigkeitssperren (Keller-Außenwände) waren zumeist glashart, haben inzwischen Risse und sind undicht. Heizungsrohre bestanden aus Stahl und hatten mindestens 1 Zoll Durchmesser. Da nützt dann auch der modernste Kessel nichts mehr, alles muß bis zum letzten Rohr 'raus, wenn es je eine ordentlich regelbare und wirtschaftliche Heizung werden soll. Ältere Elektroinstallationen sind grundsätzlich zu dürftig ausgelegt, sie haben keinen Fehlerstromschutz und überall fehlen Steckdosen. In früheren Jahrzehnten wurde mit Holzschutzmitteln recht sorglos umgegangen und sogar in Innenräumen wurde Zeuchs verarbeitet, das sich für die chemische Kriegsführung, aber nicht für Räume zum Daueraufenthalt eignet.
Die Fassaden vieler älterer Gebäude wurden nachträglich mit Platten aus z. B. Bitumen oder Asbest verkleidet. Was einem an so einem Haus blüht, sieht man erst, wenn man das Gelumpe entfernt hat. Viele Gegenden mit etwas älteren Gebäuden haben den Ansturm ganzer Vertreterkompanien hinter sich, die Häuser mit Dachbeschichtungen, Rolläden und Windfängen „verschönern“ wollten. Meistens haben sie es auch geschafft und der Käufer hat jetzt noch ein paar Kubikmeter mehr teuer zu entsorgen. Damals auch sehr beliebt: Glasbausteine in der Außenhaut. Kannst gleich 'rausreißen, weil thermisch eine Katastrophe (optisch oft auch).
Das alles kann, muß aber nicht sein. Es gibt durchaus über 100 Jahre alte Häuser, wo man mit vorsichtiger Hand ein paar Dinge auf den aktuellen Stand bringt, aber ansonsten kann man kaum etwas besser mache. Es gibt auch richtig gut geplante und handwerklich einwandfrei ausgeführte Häuser aus den 60ern.
In der ersten Hälfte der 60er verdiente ein Maurer 4 DM/Stunde, eine Bohrmaschine kostete einen Facharbeiter-Wochenlohn, eine Mischmaschine gab es längst nicht überall, dafür fehlte aber nirgends die Kiste Bier. Das Angebot an Materialien und Werkzeugen, das heute jeder Heimwerkermarkt bereit hält, gab es vor 40 Jahren nicht einmal im Fachhandel. So wurde manches Loch mit der Hand gemeißelt, ein zurecht geschnitzter Holzdübel hinein gesteckt, gefolgt von einer Schraube, die natürlich nicht verzinkt war.
Schließlich ist die Vorgeschichte des Hauses entscheidend. Wurde das Gebäude immer wieder sachgerecht instand gesetzt oder trieben Baumarkt-Schlagbohrmaschinen-Heimwerker mit Heißklebepistole und Nut-und Feder-Brettern ihr Unwesen und verwechselten dauernd Dekoration mit Sanierung. Für den Fachmann sind diese ersten Dinge zumeist schon zu erkennen, bevor er überhaupt nur seinen Fuß ins Haus gesetzt hat.
Also: Ziehe einen Sachverständigen hinzu, einen erfahrenen Bauing. oder Architekten.
Gruß
Wolfgang