Atemluft in Passagierflugzeug

Hallo,

wie erfolgt die Atemluftbereitstellung bei Passagierflugzeugen ? Führen diese Sauerstoffflaschen mit, um in Flughöhe die Passagiere versorgen zu können ? Stimmt es, daß der Sauerstoffgehalt in der First Class öher ist als in der Economie Class ?

Frohes Neues Jahr
Harry

Hallo Harry,

theoretisch gibts im Flugzeug zwei Möglichkeiten, um die Sauerstoffmenge pro Kubikmeter Luft, den wir für den Stoffwechsel brauchen, bereitzustellen:

Erstens: Man schaffe z.B. mittels Sauerstofflaschen eine Athmosphäre von 100% Sauerstoff. In einer Höhe, wo der Druck 0.2 Bar beträgt, hätte man pro Kubikmeter genausoviel Sauerstoff wie auf dem Erdboden (dort Druck 1 Bar, also fünfmal so hoch, bei einem Sauerstoffanteil von 20%, also einem Fünftel).

Zweitens: Man nehme einfach die Höhenluft und pumpe sie in eine Druckkabine, bis man einen befriedigenden Druck und damit ausreichenden Sauerstoffgehalt erhält.

Technisch ist es wohl einfacher, eine Druckkabine zu bauen als das Flugzeug mit schweren Sauerstofflaschen vollzupacken. Vielleicht könnte man im letztern Falle aus Gewichtsgründen nur die Hälfte Passagiere aufnehmen, und müßte nicht nur aus Treibstoff-, sondern auch noch aus Sauerstoffgründen zwischenlanden. Außerdem müßte jeder Flughafen Tanks mit reinem Sauerstoff bereithalten.

Die Druckkabine muß man natürlich noch aufpumpen. Man könnte dies mit einem ganz normalen Kompressor tun, viel einfacher ist es jedoch, die Luft aus den Verdichterstufen der Triebwerke abzuzapfen. Deren Sinn ist ja, die Luft zu komprimieren bevor in den Brennkammern Treibstoff zugesetzt wird (wenn vor der Brennkammer kein Überdruck wäre so würde der Schuß ja „nach vorne“ losgehen *g*). Probleme sind die (jedoch nur geringfügige) Minderung der Triebwerksleistung und die Temperatur der gewonnenen Druckluft, sie ist natürlich durch die Kompression heiß geworden (so um die 400 Grad) und muß erst in einem Wärmetauscher plus Klimaanlage gekühlt werden. Bei einem Kampfjet (Tornado, glaube ich) hatte man mal eine Zeitlang Probleme wegen Ölbeimischungen in der Zapfluft.

Natürlich kriegt schon rein aus diesen technischen Gründen die erste Klasse genau dieselbe Luft wie der Rest der Kabine. Und wenn es im Flugzeug zu kalt ist, so hat das nichts mit Kosteneinsparungen zu tun, im Gegenteil, der Aufwand besteht ja darin, die Luft herunterzukühlen.

Aus den Masken, die bei Druckverlust aus den Decken fallen, kommt dann aber schon 100% Sauerstoff, denn es ist ja keine Überdruckbeatmung (d.h. in Maskenteil, Mund, Atemwegen und Lunge herrscht der zu niedrige Umgebungsdruck).

Oliver

Die Luft für die Kabine wird mit einem Kompressor „erzeugt“. Das heisst die dünne Aussenluft wird verdichtet und (wenn überhaupt noch nötig) entsprechend aufgeheizt. Es muss kein zusätzlicher Sauerstoff dazugegeben werden, weil auch in dieser Höhe das Verhältniss Stickstoff/Sauerstoff das gleiche ist wie am Boden, nur der Duck ist zu klein zum Atmen. Und es sind separate Kompressoren im Rumpf und nicht die der Triebwerke, das wäre viel zu kompliziert…

Gruss
Christian

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Hallo Oliver,

Danke zunächst einmal für Deine ausführliche Antwort. Allerdings
halte ich die erste Methode (100% Sauerstoff bei 0,2Bar Druck) für nicht möglich, da der menschliche Körper bei nur 0,2bar nicht überleben könnte - selbst wenn er von 100% Sauerstoff umgeben wäre. Bliebe also nur die 2 Möglichkeit, die Druckkabine. Die wesentliche Frage ist hier, ob in der Höhe von 10-15km (z.B. Interkontinentalflügen) der Sauerstoffanteil noch groß genug ist oder ob der Normaldruck (1Bar) in dieser Höhe nicht durch eine separate, unabhängige Sauerstoffversorgung per Sauerstoffflaschen erreicht wird. Dies würde auch eine unterschiedliche Sauerstoffversorgung der einzelnen Abteilungen erklärbar machen. Daß der Sauerstoffgehalt in den einzelnen Abteilungen (First/Business/Economie Class) unterschiedlich ist, wurde mal in einem Fernsehbeitrag (ich glaube bei RTL Explosiv ??) erwähnt.

Gruß Harald

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Hallo Oliver,

Danke zunächst einmal für Deine ausführliche Antwort.
Allerdings
halte ich die erste Methode (100% Sauerstoff bei 0,2Bar Druck)
für nicht möglich, da der menschliche Körper bei nur 0,2bar
nicht überleben könnte - selbst wenn er von 100% Sauerstoff
umgeben wäre.

Doch, das kann er… Die NASA macht das öfter… z.B. wurde in den Apollo-flügen reiner Sauerstoff eingesetzt Grund war die Gewichtseinsparung (weniger Druck, weniger Zeug zum mitnehmen, leichtere Hüllenkonstruktion etc.)

Zum Unterschiedlichen O2 Gehalt.
das ist M.E. Käse
Dazu müsste man einen einigermaßen Luftdichten Abschluß zwischen den einzelnen Klassen einbauen, ansonsten vermischt sich das recht schnell, die Luft wird ja permanent ersetzt und umgewälzt.
Ich hab wirklich noch keine Luftdichte Tür zwischen Business- und Economy gesehen…
Was die da wieder zusammengemessen haben bei RTLSAT *grinsel*
Hört sich nach Ente an…

Gruß
Mike

Die Luft wird aus der umgebenden Atmosphäre entnommen, entsprechend aufbereitet und verdichtet. Dort oben ist noch genügend atembares Zeug vorhanden. Die Triebwerke laufen schließlich auch.

Stimmt es, daß der :Sauerstoffgehalt in der First Class öher
ist als in der Economie Class ?

Nein, gewiß nicht. Das würde einen Flieger konstruktiv festlegen, ohne unmittelbaren Gewinn herausschlagen zu können. Im Gegenteil. Es wären separate Aggregate erforderlich, obendrein noch redundant ausgelegt. Die Luftversorgung muß ohnehin sichergestellt werden. Außerdem wäre ein späterer Umbau - wechselnde Einsatzzwecke, Bestuhlung ect. - noch kostspieliger, als er ohnehin schon ist.

Otto

Hallo Christian,

Und es sind separate Kompressoren im Rumpf und nicht die der
Triebwerke, das wäre viel zu kompliziert…

eben nicht - für Triebwerkszapfluft braucht man nur eine Leitung und ein Regelventil. Deshalb:

„Die für den Aufbau und Erhalt einer Druckkabine und für die Klimatisierung notwendige Luft wird direkt aus den Verdichterstufen der Triebwerke entnommen.“

(aus einem Artikel im Deutschen Ärtzeblatt zur Luftqualität in Verkehrsflugzeugen, archiviert unter: http://www.bics.be.schule.de/son/verkehr/presse/1997…)

Oliver

Hallo Harry,

mal eine Gegenfrage: Warum sollte er nicht überleben? Solange der Mensch genug Sauerstoff aufnimmt und Kohlendioxid los wird is der Rest der Athmosphäre eigentlich relativ egal - sofern keine toxischen Gase vorhanden sind und die Lufttemperatur stimmt.

Sauerstoffzugebe ist deshalb definitiv nicht notwendig, weil die relative Luftzusammensetzung in großer Höhe fast identisch ist mit der auf dem Erdboden. Zwischen einer komprimierten Höhenathmosphäre und der Bodenluft gibt es, bis auf den Ozongehalt, keinen Unterschied.

Oliver

Bin gerade noch auf einen historischen Flug-Revue Artikel aus dem Jahre 1974 über den damals brandneuen A300 gestoßen. Für alle Zapfluftenthusiasten hier der Link, Angaben zum Klimasystem im unteren ersten Drittel:

http://www.flug-revue.rotor.com/FRHeft7X/FRHeft74/FR…

was man alles so für schöne Sachen findet im Internet :wink:

Oliver

Zum Unterschiedlichen O2 Gehalt.
das ist M.E. Käse
Dazu müsste man einen einigermaßen Luftdichten Abschluß
zwischen den einzelnen Klassen einbauen, ansonsten vermischt
sich das recht schnell, die Luft wird ja permanent ersetzt und
umgewälzt.
Ich hab wirklich noch keine Luftdichte Tür zwischen Business-
und Economy gesehen…
Was die da wieder zusammengemessen haben bei RTLSAT *grinsel*
Hört sich nach Ente an…

Ich denke das ist nicht mal so abwegig, denn nur ein Teil der Kabinenluft wird über Triebwerkszapfluft erzeugt, der Rest ist Umluft.
Da wird einfach nur die Kabinenluft umgepumpt.
Es kann durchaus sein, daß für die unterschiedlichen Kabinenteile die Anteile von Frischluft(Triebwerkszapfluft) und gebrauchter Luft variiert werden.

Gruss, Christof

Dies würde auch eine unterschiedliche Sauerstoffversorgung der
einzelnen Abteilungen erklärbar machen. Daß der
Sauerstoffgehalt in den einzelnen Abteilungen
(First/Business/Economie Class) unterschiedlich ist, wurde mal
in einem Fernsehbeitrag (ich glaube bei RTL Explosiv ??)
erwähnt.

Hi,
die Sache mit dem Sauerstoffgehalt hat meiner Meiung nach einen anderen Grund. „Hinten“ in der Economy Class sitzen einfach mehr Leute (und dichter) als vorne. Wenn ich an unser Klassenzimmer nach „nur“ 45min. denke…
Das was vom Cockpit aus geregelt werden kann ist die Temperatur die in die einzelnen Abschnitte geleitet wird. Vorne etwas wärmer hinten etwas kälter (wg. Körperwärme…).
mfg felix

Hallo Oliver,

mein Einwand bezüglich der zweiten Variante (Druckkabine mit 20% Sauerstoff Luftanteil) beruhte darauf, daß ich nicht wußte, ob in diesen Höhen von 10-15km der Sauerstoffanteil überhaupt noch 20% ist (Sauerstoff ist relativ zu den anderen Luftkomponenten schwerer und wird in Bodennähe von Pflanzen erzeugt; hinzu kommen auch noch weitere ungünstige Luftkomponenten in dieser Höhe wie Ozon, erhöhter Anteil Kohlenwasserstoffverbindungen etc.).

Der Einwand zur ersten Variante (verminderter Druck bei 0,2bar und 100% Sauerstoffanteil) beruht auf der Auffassung, daß ein dafür untrainierter Mensch (kein Astronaut sondern Flugzeugpassagier) mit diesem niedrigen Druck- unabhängig vom Sauerstoffanteil- Probleme bekommen könnte (analog Tiefenrausch: man kommt von einer Umgebung mit relativ hohem Druck in eine mit relativ niedrigem Druck).

Gruß Harry

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Hallo

Danke für die Berichtigung. Jetzt habe ich auch wieder mal was dazugelernt. Ich war fest davon überzeugt, aber offenbar habe ich das gründlich, mit der im Rumpf eingebauten Klimaanlage, verwechselt (und da bin ich mir sicher, denn die habe ich selbst schon gesehen :smile:…)

Gruss
Christian

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Hallo Harry,
leider war ich längere Zeit nicht auf dieser Seite. Eine kurze Erklärung zu Deiner Frage: die benötgte Luft kommt aus dem Verdichter des Triebwerks und gelangt dann in die Air Cycle Machine dort wird sie auf die gewünschte Temperatur gebracht und mit Teilen der „benutzten Cabin Air“ gemischt.
Wenn Du mehr wissen möchtest, melde Dich.
MfG
HPH

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