Aufbau-Ost: Was ist eigentlich schiefgelaufen?

Hi!

Es lässt sich ferner auch feststellen, dass die „ärmsten“
deutschen Bundesländer von SPD und/oder PDS und/oder den
Grünen regiert sind.

Es lässt sich auch feststellen, dass die Belastung des Waldes
durch Umweltschäden in jenen deutschen Bundesländern am
höchsten ist, die von CDU (Baden-Württemberg, 40% der Wälder
sind geschädigt) und CSU (Bayern, 37% der Wälder sind
geschädigt) regiert werden, während das „rote“ Brandenburg nur
13% und das rot-grüne Nordrhein-Westfalen nur 19% Schädigung
aufweisen.

Ob da ein Zusammenhang besteht?

Abernatürlich.
Der verbliebene Restwald in NRW wird als Prestigeprojekt
massiv geschützt.

Daran könnte es in dem Fall tatsächlich liegen… Stellt sich auch die Frage, wie alt der Baumbestand in NRW im Schnitt ist (Junger Waldbestand ist nicht so anfällig)
Allerdings müsste man sich mal den Baumbestand ansehen, also welche Baumarten dort verbreitet sind.

In Brandenburg gibt´s keine Industrie und kaum Menschen, wie
sollte man dort also Waldsterben generieren?

Der Wind verfrachtet entsprechende Schadstoffe ziemlich weit. Im Bayerischen Wald lebt auch „kaum“ jemand (d.h. die Bevölkerungsdichte ist sig. niedriger als der Bundesdurchschnitt) trotzdem sieht es da mit dem Wald ziemlich trübe aus.

In Wirklichkeit dürfte das mit Brandenburg mit dem unterschiedlichen Baumbestand zusammenhängen. Auf den dortigen Sandböden wachsen hauptsächlich Kiefern, die von der Waldschädigung nicht so betroffen sind. (Dummerweise ist Kiefernholz nicht sehr wertvoll…)

Gruß
Mike

5 Minuten nach DDR

Die Friedensgrenze war gerade aufgemacht worden. Mit dem Fahrrad fuhr
ich von Hof über Hirschberg-Weimar-Erfurt-Sangerhausen-Eisleben-
Halle… In 10 Tagen durchradelte ich den Süden des gerade
verstorbenen Arbeiter und Bauernstaates Ich übernachtete dort, wo man
mir ein Bett gab. Was ich sah, war eine DDR 5 Minuten nach zwölf. DDR
original. Obwohl die Wende schon vor einiger Zeit stattgefunden
hatte, konnten sich viele Menschen nicht vorstellen, dass kurz zuvor
das Arbeiter und Bauernparadies mitsamt Honecker und Krenz in die
Hölle gefahren war. Das beste aber, was ich erlebte, waren aber die
Menschen. Ich fand immer eine Bleibe – in der Regel schon kurz nach
fünf. Als Rad fahrender Tourist war ich die Sensation. Und dann
erlebte ich, dass die Leute überhaupt keine Ahnung von der damaligen
BRD. In Thüringen hatten die Menschen ein völlig schräges Bild vom
Westen. Da sie alle Westfern-sahen, hatten sie ein total
verschrobenes Westbild – Fernsehen eben. Ich war jedes Mal verblüfft,
welche Detailkenntnisse sie von der ehemaligen BRD hatten – selbst
die Parteimitglieder. Aber von den alten Verhältnissen wollte niemand
mehr etwas wissen. Die Supermärkte quollen über mit Westprodukten.
Müller-Milch überall. Danone-Joghurt, an jeder Straßenecke stand ein
fliegender-Jakob. Bananen, kistenweise. In Sangerhausen ging ich zum
Essen in ein Restaurant. Es war so anheimelnd wie ein
Bahnhofwartesaal. Da alle Plätze frei waren, setzte ich mich ans
Fenster, mit Blick auf eine lange Menschenschlange. Etwas weiter weg
von mir saß das Personal. Sie nahmen keine Notiz von mir. Als ich
nach einer Bedienung rief, kam eine sichtlich verärgerte Bedienung.
Ich hätte Platziert werden müssen. Was das denn sei, wollte ich
wissen. Ob ich sie provozieren wolle? Nein, was ist Platzieren? Man
hätte mir einen Platz anweisen müssen. Aber es war doch alles leer.
Trotzdem, das wäre hier die Regel. Warum ist da draußen eine
Menschenmenge. Ist da etwas passiert? Nein, das sei das HO und die
Leute stehen an.

Etwa 9 Angebote standen auf der Speisekarte. Was ich ich fragte:
Haben wir nicht. Das ist ausgegangen. Das gibt es nur am Freitag. Ja
was sie denn hätten? Rouladen, so groß wie ein Meerschweinchen. Nur
in braun. Der Geschmack erinnerte an eine westliche Sozialstation.
Aber es kräftigte. Sangerhausen hat übrigens ein Kupferbergwerk und
die Kumpel haben immer kräftigen Hunger. In Sangerhausen übernachtete
ich im Gästehaus des Bergbaues. Endlose Flure. Jede Türe wurde
abgeschlossen. Ob der Westen die Kupferbergwerke schließen würde? Das
wissen Sie nicht? Sie kommen doch aus dem Westen?

Am nächsten Tag ging’s in die Lutherstadt Eisleben. Das war für mich
ein Entsetzen. Die Altstadt lag in Trümmern. Irgend ein Witzbold
hatte ein Transparent gemalt: Unser Beitrag zum ?? Parteitag. Der
Sozialismus siegt. Wäre es nicht zum Heulen gewesen, ich hätte
darüber gelacht. Die unteren Fenster hatte man alle eingeschlagen.
Aus einer Mansarde ragte eine kleine Birke. Eine Innenstadt
unbewohnbar gemacht. Es ging mit dem Fahrrad über eine Schnellstraße
nach Halle. Am Horizont tauchte eine Plattensiedlung auf – Halle
Neustadt. Was ich dort sah, war unfassbar. Und darin mussten Menschen
leben! In der Ecke ein ganzes Stadtviertel mit Garagen. Ich bekam
einen heillosen Zorn. Dann nach Wolfen und Bitterfeld. Die
Industrieruinen, die ich dort sah und die Menschen die in diesen
schrecklichen Fabriken arbeiten mussten! Von Halle fuhr ein Zug
direkt in den Westen. Nur noch weg wollte ich. Ein DDR-Koller plagte
mich. Ich kam in Halle um 12 Uhr mit den Fahrrad an. Der Schalter für
die Fahrkarten war geschlossen. Mittagspause.

Einige Tage später hörte ich die große botanische Rede unseres
Bundeskanzlers. Oh Helmut Kohl! Wären Sie doch mit mir vor einigen
Wochen durch die ehemalige DDR gefahren. Blühende Landschaften? Nie!
Einige Jahre später machte meine Familie in Bautzen Rast. Wir waren
auf den Weg nach Polen. Der Wandel war unglaublich. Auferstanden aus
Ruinen. Es waren doch erst wenige Jahre vergangen, seit dem Honecker
mit seiner Bonzenbande ins Exil verjagt worden war. Aber was ich
sah, das ist eine Reise wert. Blühende Landschaften? Wer die DDR
gesehen hat, der kann nur bewundernd sagen: Ihr habt viel geschafft.
Ja, ich habe blühende Landschaften gesehen. Aber es wird noch etwas
dauern, bis die Neuen Bundsländer vergessen haben, was hier mal war:
Die Faust des Proletariats.

Hi,

ich kan deine sicht sogar nachvollziehen. Bis uaf einen Punkt:

Die Faust des Proletariats.

dazu empfehle ich wirkluich folgende Lektüre mal durchzulesen: http://www.marxists.org/deutsch/archiv/cliff/1955/st…
Interessant darin, wie dieses ganze System aufgebaut war und wer da überhaupt geherrscht hatte.

Gruß
Frank

Tach auch, Frank!

Des weiteren waren die ehemaligen Betriebe auf eine
Intensivierung der Produktion ausgelegt, was im Kapitalismus
gar nicht möglich ist. So war ein nicht unerheblicher Teil
auf Grund der Struktur gar nicht mehr nutzbar.

DEN Zusammenhang könntest Du mir gerne mal etwas näher
erläutern.

Na ganz einfach: kapitalistisch-typisch ist eine extensive Reproduktion, da dies wenig arbeitsintensiv und somit kostenmindernd ist.
In der DDR wurde mangels Rohstoffen versucht, vieles wiederzuverwerten, was es im Westen in Hülle und Fülle gab. Somit waren einige Technologen die darauf basierten kostenintensiv - aber nur aus Sicht des hiesigen Wirtschaftssystems.

Weitgreifendes Beispiel: Bildung und soziales Arrangement. Bildung ist teuer, wurde aber im Osten mit hoher Priorität gefördert. Auch qualitativ.
Im Westen wird eher versucht, das jedem selbst zu überlassen, was PISA belegt. Nur ist Bildung eine Zukunftsinvestition, die sich hier der Westen auffrisst. Es wird nur Kapital akkumuliert, möglichst kostenarm.

Gruß
Frank

Hi!

In Sangerhausen ging ich zum Essen in ein Restaurant.
Es war so anheimelnd wie ein Bahnhofwartesaal.
Da alle Plätze frei waren, setzte ich mich ans
Fenster, mit Blick auf eine lange Menschenschlange. Etwas
weiter weg von mir saß das Personal. Sie nahmen
keine Notiz von mir. Als ich nach einer Bedienung rief,
kam eine sichtlich verärgerte Bedienung.
Ich hätte Platziert werden müssen. Was das denn sei, wollte
ich wissen. Ob ich sie provozieren wolle? Nein, was ist
Platzieren? Man hätte mir einen Platz anweisen müssen.
Aber es war doch alles leer.
Trotzdem, das wäre hier die Regel.

[…]

Etwa 9 Angebote standen auf der Speisekarte. Was ich ich
fragte: Haben wir nicht. Das ist ausgegangen. Das gibt es nur am
Freitag. Ja was sie denn hätten? Rouladen, so groß wie ein
Meerschweinchen. Nur in braun. Der Geschmack erinnerte
an eine westliche Sozialstation.

Komisch. Immer, wenn ich in der DDR war (auch ein paar Minuten vor zwölf - und ich war oft „drüben“), reichte der dezente Hinweis, ich würde in West-Geld zahlen, um einen erstklassigen Tisch mit freundlichster Bedienung (inkl. politischer Witze) und sehr guter (Hausmanns-)Kost zu bekommen. Das war in jeder Kneipe, in jedem Restaurant und jeder Dorf-Disco so.

Grüße
Heinrich

Ich schaute mir die DDR an, als die Grenztruppen gerade abgezogen
waren. Die DDR war gerade kollabiert. In Nohra übernachtete ich bei
sehr freundlichen Leuten für 20 Mark West. „Nicht alles war schlecht
in der DDR. Wir haben auch gelebt.“ Das war doch wohl das Mindeste.
In Weimar wurde ich auf der Straße von einem ehemaligen
Architekten angesprochen. Er war der Staatssicherheit aufgefallen, da
er immer die neuesten Witze kannte. Zuerst verlor er seinen Job. Dann
wurde er wegen Hetze ein gebuchtet. Wer aber glaubt, dass er nach der
Wende rehabilitiert wurde, der irrt. Sein Gesuch wurde abgelehnt, von
einem Sachbeartbeiter, der schon in DDR-Zeiten sehr staatsnah war.
Die Politik war: Bediene dich er alten Belegschaft. Pole sie einfach
um. Zum großen Teil bliben auch die Verlierer der DDR die Verlierer
der Wende.

Als ich zwei Jahre später meine neuen Bekannten wieder besuchen
wollte, waren sie weggezogen. Der Familienvater war in DDR-Zeiten ein
tüchtiger IM gewesen. Und er hatte alle Nachbarn und Freunde der
Familie an die Staatsmacht verraten.

In Weimar waren schon die windigsten West-Geschäftemacher. Eine Firma
aus Mannheim kaufte gerade die Filletstücke in der Innenstadt auf.
Überall standen Holländische Geschäftemacher mit Möbelwaden. Sie
kauften alte Möbel und „alten Ramsch“ für ein Butterbrot auf. Damal
waren die Lumpen aus dem Westen überall - und gutgläubige Leute
wurden mühelos über den Tisch gezogen. Die offene DDR war zum
Selbstbedienungsladen verkommen.

Ich habe auf meiner Radreise genau dasselbe erlebt. Nur habe ich auf Zeltplätzen übernachtet.
Fast überall nur Plups-Kloos, kein Papier. Man mußt immer nur der Nase nachgehen.
Die Sanitärräume waren schrecklich! Fast an alle Armaturen waren abgeschraubt (geklaut?) und manche waren durch einfache fast funktionsuntüchtige Plastik-Armaturen ersetzt. An Duschen war garnicht zu denken, die waren alle defekt.
Auf einem Zeltplatz nordöstlich vorn Magdeburg waren die Sanitärräume und auch die Toiletten verschlossen. Als ich die Platzaufsicht befragte, wo ich meine Notdurft den nun verrichten sollte, sagte man mir: Geh einfach aufs Feld! Man sagte mir auch auf Nachfrage, daß eine benachbarte LPG ihre Gülle durch die selbe Abwasserleitung pumpt und die Leitung deshalb häufig verstopft sei!!
Bei uns ist die Einleitung von Gülle in das Abwassersystem eine SCHWERE Umweltstaftat: Gülle ist für die Abwasserreinigungsanlage das reinste Gift. Das Schlimme in diesem Fall war noch, daß das Abwasserrohr nicht zur Kläranlage ging sondern direkt in die Elbe mündete.
Schlimm!!

Hallo Jochen!

Fast überall nur Plups-Kloos, :kein Papier.

Weshalb sollten ausgerechnet Campingplätze besser ausgestattet sein als zahllose normale Wohnquartiere zu damaliger Zeit?

…und manche waren durch :einfache fast :funktionsuntüchtige :stuck_out_tongue:lastik-Armaturen ersetzt.

Das entsprach dem üblichen Standard. Die Plaste-Armaturen findest Du im Altbaubestand bis heute.

wo ich meine Notdurft den nun
verrichten sollte, sagte man :mir: Geh einfach aufs Feld!

Auch das ist in einigen Gegenden bis heute üblich. In manchen Dörfern gibt es Abwasserrohre, aber die enden irgendwo auf einem Acker.

Das Schlimme in diesem Fall :war noch, daß das :Abwasserrohr nicht zur
Kläranlage ging sondern :direkt in die Elbe mündete.

Im Arbeiter- und Bauernstaat interessierte kaum jemanden Umweltschutz. Viele Gewässer wurden als Müllkippen und Kloaken benutzt. Die Elbe zählte bis zur Wende zu den dreckigsten Flüssen Europas.

Was ein Vorredner anschaulich über die Gastronomie berichtete, trifft den Nagel auf den Kopf. Zwischen Moskau und Ostberlin gab es auf den ersten Blick nichts anderes als gelangweiltes, muffeliges Personal in Räumlichkeiten mit dem Charme von Bahnhofshallen. Sobald aber klar war, daß man mit DM zahlen wird und man auch noch einen Einheimischen als Chauffeur hatte, kam man an die wenigen privat betriebenen Lokale und da wurde aufgetafelt, daß es angesichts der Schenkpreise schon peinlich war. In St. Petersburg wohnte ich längere Zeit im besten Touri-Hotel der Stadt. Verschlissene Eleganz, aber dort hatte man wahrhaftig keine Not zu leiden. Jeder Ober war eine wandelnde Wechselstube und was man allenfalls aus der Satire kennt, nämlich ein Dutzend Armbanduhren am Unterarm unter der Jacke und die Taschen derselben vollgestopft mit allem Möglichen und Unmöglichen, war bei allen Bediensteten völlig normal. Ich erwähnte die verschlissene Eleganz. Deshalb machte sich eines Tages eine Brigade aus stabilen Damen in Maleranzügen ans Werk. In einer Hand ein Quast mittlerer Größe, in der anderen Hand ein Eimer schreiend häßlich-blauer Farbe. Es wurde buchstäblich alles übergepinselt, Heizkörper einschließlich der Ventile, Fensterrahmen in Quastbreite, also großenteils einschließlich der Scheiben, Wände, Decken, alles in schlimmstem Blau. Abgedeckt wurde nichts, so daß es den ganzen Tag auf die Teppiche tropfte. Vor dem Dameneinsatz sah es nur etwas verschlissen aus, hinterher war die Bude abbruchreif. Das war in Rußland, aber in der DDR wurde in genau gleicher Weise verfahren. Es gab Baubrigaden. Fachpersonal war nicht dabei und falls doch, wurde Fachwissen sorgfältig verborgen. Lot und Wasserwaage ? Fehlanzeige! Es wurde gebaut, was der Alk-Pegel noch zuließ. Erhielt ein Haus neue Fenster (mit Plaste-Beschlägen, die bei erster Benutzung abbrachen), paßten die Fenster natürlich nicht in die vorhandenen Öffnungen. Dann wurde das Loch in der Wand eben größer gemacht oder mit gerade vorhandenem Material zugemauert, bis es paßte. Eine prächtige Fassade, die Jahrhunderte und Kriege überdauert hatte, hinderte niemanden, in solcher Vandalenart zu verfahren. Viel Historisches, das an frühere Herrschaftsstrukturen erinnerte, wurde nicht nur Opfer laienhafter Schlamperei, sondern vorsätzlicher Zerstörung. So war es völlig normal, daß mit uralten Schnitzereien und Gemälden ausgestattete Prunksääle in Schlössern und Herrenhäusern zu Konsumläden wurden. Damit sich Bretterregale einfacher annageln lassen, wurden Schnitzereien abgebeilt. Kein Einzelfall, vielmehr übliche Praxis! Die vom Vorredner treffend als „Faust des Proletariats“ bezeichnete Lebensart äußerte sich vielerorts als Herrschaft von Gleichgültigkeit, schierer Dummheit, ideologischer Verblendung, Pöbel und Mob.

Gruß
Wolfgang