Moin, moin!
ich habe als junger Österreicher wohl nicht so recht den Bezug
zum Thema, aber ich lese hier doch immer wieder sehr
emotionale Beiträge über die ehemalige DDR.
Kein Wunder, die Sache kostet alle Beteiligten viel Geld.
Ich habe
seinerzeit den ganzen Trubel noch nicht so mitbekommen, war
noch zu klein, aber auch heute fehlt mir irgendwie ein
Einblick in dieses Thema.
Dem kann abgeholfen werden…
Mir stellt sich die Frage, wieso ist eigentlich der sog.
Aufbau-Ost anscheinend so gründlich daneben gegangen (ist er
das überhaupt? es liest sich immer so…)?
Er ist keineswegs voll danebengegangen.
Die Ostzone verfügt heute über das modernste Kommunikations- und Autobahnnetz der Welt.
Die historischen Bausubstanzen wurden bereits zu einem hohen Prozentsatz renoviert. Nur keiner will das heute nutzen, die Ostdeutschen meckern oder marschieren gen Westen.
Die Ostzonen-Bevölkerung wurde durch die Wiedervereinigung vor einer Massenarmut und Hungersnot bewahrt. Viele glauben das zwar nicht, aber es ist klar, dass die DDR nur aufgrund ihres eingetretenen Staatsbankrotts an die BRD zurückgegeben worden ist. Wäre sie ein prosperierender Staat gewesen, hätten die Russen Ende ´89 Panzer auffahren lassen. Zudem wäre die Situation dort heute mehr als bedenklich. Schon in den späten 70er und 80er Jahren lebte die DDR von Spenden aus dem Westen, beispielshaft seien hier nur die Strauß-Kredite und VW-Geschenke angeführt. Bedi einem offenen Konflikt wären diese Hilfen beendet worden. Da die Ex-UdSSR-Staaten heute allesamt eher schlecht dastehen, wäre wohl von dort auch nicht viel zu erwarten gewesen.
Es ist somit nicht schwer sich auszumalen, wie die DDR heute dastehen würde.
Was wurde seitens der Politik, der West- und der
Ostbevölkerung und weiteren wichtigen Personen/Institutionen
seinerzeit falsch gemacht?
Man wollte die Verhältnisse viel zu schnell angleichen und führte somit zu schnell die völlige Allokationsfreiheit und die gemeinsame Währung ein.
Waren es vorhersehbare Fehler?
Nein. Die Folgen der Fehler waren jedoch klar vorhersehbar.
Ist die Lage in Ostdeutschland wirklich so dramatisch wie es
mitunter klingt (>25% Arbeitslose, sämtliche Industrie der
Regionen bankrott etc.)
In Teilen des Landes wie Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen sowie Sachsen-Anhalt ist die Lage in der Tat äußerst unerfreulich. Da aber der Westen dort massiv unterstützt, leben die Menschen dort immer noch besser als vor der Wende.
Aufgrund der mangelnden Verpflichtung deutscher Arbeitloser zur Mobilität sitzen viele Leute dort, tun nichts, leben vom Westen und schimpfen auf den Westen.
oder gibt es auch Fälle, wo die
Eingliederung in Westdeutschland funktioniert hat?
Natürlich. Zu haufe. In Sachsen hat sich zukunftsweisende Industrie wie Porsche, BMW, Jenoptik etabliert.
Allerdings waren die Sachsen schon vor dem 2. WK ein fleissiges, erfolgreiches Völkchen.
Es gibt eben auch innerhalb Deutschlands massive Unterschiede in Mentalität und Leistungswillen.
Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Hessen und Sachsen sind nicht umsonst vorne. Das Saarland, Mecklenburg-Vorpommern, Bremen und Sachsen-Anhalt nicht umsonst hinten…
Es lässt sich ferner auch feststellen, dass die „ärmsten“ deutschen Bundesländer von SPD und/oder PDS und/oder den Grünen regiert sind.
Hat es anno 89 eigentlich seitens der BRD-Regierung eine Art
Masterplan gegeben, wie die Eingliederung der DDR zu verlaufen
hat? Oder haben die das einfach so in Angriff genommen?
Es gab verwunderlicherweise offenbar keinen Masterplan, wobei schon seit spätestens Mitte der 80er klar war, dass der BRD die DDR demnächst zum Kauf angeboten würde.
Dass wir den maroden Laden dann zunächst(!!) umsonst bekommen haben, darf als Glücksfall gelten.
Was, um die Fragerei mal zu nem Abschluss zu bringen, hätte
seinerzeit anders verlaufen müssen, damit der Aufbau-Ost
funktioniert hätte? Oder hätte man die DDR besser gar nie erst
auf West-Niveau heben sollen?
Damit gibst Du die wichtigste Antwort bereits.
Der Fehler war v.a. die sofortige Einführung der D-Mark und die unbeschränkte Niederlassungsfreiheit für DDR-Bürger.
Anfangs war das super und der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl hatte sich so Millionen neuer Wähler für seine CDU gekauft.
Aber ziemlich schnell stellte man fest, dass selbst ein reiches Industrieland wie Deutschland einen 40-Jahre lang vergammelten Laden wie die DDR nicht aus der Portokasse aufbauen kann.
Darunter leidet der Westen heute, der Osten hat natürlich massiv profitiert.
Dass viele Menschen im Osten sich darüber noch beschweren, ist jedoch der eigentliche Skandal.
Kohl hatte keinen Präzedenzfall. Aus heutiger Sicht zu kritisieren ist sehr leicht. Ob es unsere Sozis damals besser hinbekommen hätten, ist zu bezweifeln. Vielmehr wären sie wohl einen dem Wege Kohls sehr ähnlichen Pfad gegangen.
Der einzelne sollte jedoch schlau genug sein zu sehen, wie gut es ihm heute im Vergleich geht. Wie gesagt: im vereinigten D muss niemand hungern oder frieren. Das allein ist eine gewaltige Errungenschaft angesichts 17 Mio. potenzieller neuer Sozialfälle.
Mein Artikel sowie die zu erwarteneden Reaktionen darauf werden Dir zudem zeigen, dass 40 Jahre Leben in völlig verschiedenen wirtschaftlichen und politischen Systemen die Deutschen in Ost und West voneinander entfremdet haben.
Eine „Integration“ der Ostdeutschedn in das westdeutsche System wird es allein aufgrund der Masse an Menschen im jeweiligen Teil nicht geben. Beide werden sich über die Jahrzehnte ein gemeinsames, neues Deutschland bauen.
Und das ist im Endeffekt auch sinnvoll. Ärgerlich ist nur der unbezahlbare und auch politisch mangelhaft umgesetzte Start der neuen Gemeinsamkeit.
Grüße,
Mathias