Aufbewahrung Mordopfer in London, 19. Jahrhundert

In meinem aktuellen Schreibprojekt komme ich gerade nicht voran, da mir Informationen zu der Frage fehlen, was man im viktorianischen London mit Mordopfern machte.
Wurden sie, nachdem man sie fand und kurz untersuchte, gleich auf dem Friedhof begraben oder noch eine längere Zeit irgendwo aufbewahrt?
Wo fanden solche Untersuchungen üblicherweise statt und wann ließ man dem Toten schließlich die ewige Ruhe zukommen?
Außerdem wäre es noch wichtig für mich zu wissen, ob ein Mordverdächtiger gleich ins Gefängnis zum Verhör kam, oder ob man ihn auf der Polizei zuerst verhörte, bis er gestand und dann einsperrte/hinrichtete. Wer übernahm zu dieser Zeit das Verhör?
Was waren gängige „Verhörmethoden“ im 19. Jahrhundert in England?

Es sind ziemlich viele Fragen, ich hoffe jemand kann mir antworten…
Ich freue mich auch über Links zu dem Thema, gern auch auf Englisch, falls ihr da eine gute Seite kennt.

LG lila

Hallo!
Auch im viktorianischen London gab es schon die Morgue, wo die Leichen von Mordopfern aufbewahrt und obduziert wurden. Die Disziplin der Rechtmedizin auf wissenschaftlicher Basis war erst im Entstehen, entwickelte sich aber sehr zügig.
Scotland Yard wurde 1829 gegründet und war für den Großraum London mit Ausnahme der City zuständig, die eine eigene Polizei unterhielt. Außerhalb Londons war die Polizei Grafschaftsangelegenheit.

Hallo und dankeschön für deine Antwort, das hilft mir schon mal ein großes Stück weiter. Gab es in London um 1890 vielleicht ein besonders bekanntes Leichenschauhaus?

LG lila

Hallo,

sehr bekannt wurde das Leichenschauhaus von Whitechapel, weil dort die Opfer von Jack the Ripper landeten.

Hier ein paar Grundrisse historischer Leichenschauhäuser; vielleicht hilft es weiter…

http://de.academic.ru/dic.nsf/meyers/300315/Leichens…

Es grüßt

Yvisa

1 Like

Hallo,

sehr bekannt wurde das Leichenschauhaus von Whitechapel, weil
dort die Opfer von Jack the Ripper landeten.

Dabei ist aber zu beachten, daß sie dort landeten, weil Whitechapel ein Armendistrikt war, die Leichen wurden nicht quer durch die Stadt gekarrt… Wenn der UP seine Morde also in einem feinen Haus im West End begehen will, sollte er das Leichenschauhaus lieber in dieser Region plazieren.

1 Like

Hi!
Ich Naivling dachte, ein Autor recherchiert erst in wissenschaftlichen Werken, bzw. fragt echte (!) Experten, um ein gründliches Bild der Zeit zu bekommen, bevor er/sie loslegt??! Die Briten haben massenhaft lesbares und leicht erhältliches auf wissenschaftlich hohem Niveau zu der Zeit - amazon kann sicher helfen.
Hier gibt es eine interessante Seite zum Thema als Einstieg, ganz einfach per Google gefunden: http://www.victorianlondon.org/

Grüße

Das waren noch Zeiten!
Moin,

früher, ja, da arbeiteten Autoren an ihren Werken, gingen in Bibliotheken, um Fachliteratur zu studieren. Sie bereisten die Orte der Handlung, korrespondierten mit Fachleuten, bevor und während sie schrieben.
Damals mussten Fakten und Stil stimmen, wenn Autoren ihre Werke publizieren wollten.

Heute sitzt man an aktuellen Schreibprojekten, und die fast ausschließlich genutzte Informationsquelle ist das Internet - ob die Quelle seriös ist oder nicht.
Publizieren kann leider auch jeder im Internet, unabhängig von korrekten Fakten und Sprachkunst; selbst holprige Grammatik und Rechtschreibfehler sind kein Hindernis beim großen Sprung in die Öffentlichkeit.

Nach der optischen Umweltverschmutzung (überall Werbung), der akustischen (Musikgedudel in Friseurläden, Supermärkten, Wartezimmern) nun auch die literarische.

Entnaivisiere dich - die „Kultur“ wird immer breiter und platter ;-»

Grüße
Pit

2 Like

D

(Manchmal fühle ich mich sooo alt)
mitzisch
(die gerne GUT recherchierte historische Romane liest, auch solche, die im viktorianischen London spielen)

Guten Abend,

woher wollt ihr eigentlich wissen, dass das „aktuelle Schreibprojekt“ zur Veröffentlichung gedacht ist? Ich schreibe auch ab und an - für die Schublade. Manchmal recherchiere ich gründlich, wenn mich das Thema sehr gepackt hat, aber manchmal geht es mir gar nicht so sehr um das Thema, sondern um den Stil, die Sprache oder …

Jetzt wieder ontopic: die Kühlmöglichkeiten für Leichen (oder auch Essbares) waren damals begrenzt. Nur als Gedankenanstoß.

MfG
GWS

Hi,
danke für die hilfreiche Antwort, den Link werde ich mir mal anschauen.

LG

Über die „Aufbewahrung“ der Leichen zu entscheiden hatte der „Coroner“, also der „königliche Leichenbeschauer“, der jede Leiche zu „besehen“ hatte; allzulange dürften Leichen aber (mangelnde Kühlmöglichkeiten) aber kaum aufbewahrt worden sein, auch wird so manches „Mordopfer“ (vor allem solche aus armen Verhältnissen) nicht begraben, sondern an diverse anatomische Institute gegangen sein (zu Studienzwecken), die im Gegenzug für die weitere Verbringung zuständig waren.
„Verhöre“ der damaligen Zeit dürften sich wohl eher durch Brutalität ausgezeichnet haben denn durch „elegante Beweisführung“ und „psychologische Raffinesse“, über die Gefängnisse (nicht jeder wurde gleich aufgehängt, viele wurden auch in Strafkolonien, etwa in Australien, geschickt oder eingesperrt, nicht zuletzt auf den berüchtigten „Gefängnisschiffen“ auf der Themse) findet sich einiges etwa in dem sehr gut recherchierten Roman „Der Vermesser“ von Clare Clark und anderen Werken.

Grüße
nicolai