Aufklärungsquote = Gut?

gerade auf T-Online gelesen: Die Aufklärungsqote ist im letzten Jahr gestiegen.

Das sei gut.

Jetzt ist aber Aufklärungsquote = Aufgeklärte Fälle / Angezeigte Fälle (ist das richtig?)

Eine steigende Quote *kann* durch mehr aufgeklärte Fälle erklärt werden, kann aber auch durch eine sinkende Anzeigenzahl (weniger Vertrauen in die Polizei) erklärt werden.

Warum wird also eine Zahl, die zumindest mangelndes Vertrauen in die Polizei bedeuten *kann* als etwas Gutes dargestellt?

Nick

Hallo!

Warum wird also eine Zahl, die zumindest mangelndes Vertrauen
in die Polizei bedeuten *kann* als etwas Gutes dargestellt?

Die Polizeiliche Kriminalitätsstatistik (PKS) ist ziemlich unbrauchbar. Ich zitiere Hans-Dieter Schwind: „Die Aussagekraft der PKS unnd die Vergleichbarkeit der PKS-Statistiken untereinander werden danach primär durch Gesetzesänderungen, zweitens durch die Überbewertungstendenz (etwa Mordermittlungen beim versuchten Totschlag, das von mir dazu) und drittens durch Änderung der Erfassungsmodalitäten der Statistik sowie Besonderheiten der Zählweise beschränkt. Außerdem lassen sich aus der PKS die qualitativen Veränderungen der Krimminalität (z.B. Brutalität) nur schwer oder gar nicht herauslesen.“

Daneben noch eine Anmerkung zur Zählung in der PKS:
Wie das eingeleitete Verfahren abgeschlossen wird, wird in der PKS nicht mehr vermerkt. Sollte es also eingestellt werden oder der Täter freigesprochen werden, sind die Zahlen zu Taten und Tätern in der PKS prinzipiell wohl eher zu hoch angesetzt. Das führt auch dazu, dass ein „Täter“, der später freigesprochen wird, in der Stat. trotzdem als Täter auftaucht. Aufgeklärt heißt in der PKS schlicht: Es ist ein Tatverdächtiger präsentiert worden.

Gruß,

Florian.

gerade auf T-Online gelesen: Die Aufklärungsqote ist im
letzten Jahr gestiegen.

Moin, moin Nick,

in die Aufklärungsquote müßte man nun aber noch all die Morde und Totschläge (ist das der korrekte Plural?) einrechnen, die nicht entdeckt werden.
Sabine Rückert hat dazu ein sehr informatives und beachtliches Buch geschrieben: „Tote haben keine Lobby“.

Gruß - Rolf

Hallo!

in die Aufklärungsquote müßte man nun aber noch all die Morde
und Totschläge (ist das der korrekte Plural?) einrechnen, die
nicht entdeckt werden.
Sabine Rückert hat dazu ein sehr informatives und beachtliches
Buch geschrieben: „Tote haben keine Lobby“.

In der Tat ein sehr erschreckendes Buch. Da fragt man sich natürlich, warum den Ärzten die Verantwortung, die sie bei einer Leichenschau tragen, nicht deutlicher gemacht wird…
Die Dunkelzifferproblematik ist aber bei allen Delikten anzusprechen, nicht nur beim Mord. Fahrraddiebstähle etwa werden doch nur noch angezeigt, wenn die Hausratversicherung eingeschaltet werden soll, Kratzer im Auto werden doch nicht angezeigt, wenn man nur eine Haftpflichtversicherung für das Auto hat. Ganz zu schweigen von Gewaltdelikten im engsten Familienkreis, Missbrauchsfälle, die nie zur Sprache kommen.
Aufklärungsquoten sagen auch nichts aus über die Güte der polizeilichen Arbeit. Ich kenne keine genauen Zahlen, aber beim Ladendiebstahl wird die Aufklärungsquote annähernd bei 100 % liegen. Das aber nur aus dem Grund, weil man bei der Entdeckung eines Ladendiebstahls meist auch den Täter zu fassen bekommt. Die Dunkelziffer liegt mit Sicherheit aber dermaßen hoch, dass die Zahlen zu den entdeckten Taten überhaupt nichts aussagen.

Florian.

So ist das eben mit Statistiken :smile:
Auch `n schönes Beispiel: Der Leiter einer Jugerndstrafanstalt rühmt sich mit den Erfolgen seines Konzeptes, weil nur wenige der jugendl. Straftäter rückfällig werden. Was aber so nicht stimmt; sie tauchen zwar nicht mehr im Jugendknast auf, aber zum großen Teil nur deshalb nicht, weil sie beim nächtsten Mal schlicht zu alt dafür sind, und das ist nun wahrlich kein Verdienst der Jugendhaft.

:smile: Barbara

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]