Aufstocker erbt: was nun?

Hallo, Ihr Lieben,

nehmen wir mal folgenden fiktiven Fall:
Die Tante einer Person X (50 Jahre jung), die aufstockend Alg II erhält, stirbt, und X hat nun ein Erbe in Höhe von ca. 3.000 € zu erwarten.
Nun hat er sich mal beim Jobcenter kundig machen wollen, dass ihm mitteilte, da er sich „mitten in Alg II“ befände, dürfe er gar nichts davon behalten. Doch ich meine, mal gelesen zu haben, dass man einen gewissen Selbstbehalt hat, der sich mit steigendem Lebensalter auch erhöht.

Wie läuft das nun? Darf X das Geld behalten oder muss er tatsächtlich, wie vom JC gesagt, alles abgeben?

Wäre gut, wenn da auch jemand ein paar Links zur Rechtssprechung hätte!

Gruß
Tobi

Hallo Tobi,

da man hier keine reale Rechtsberatung geben darf (FAQ:1129), interpretiere ich die Frage als fiktive Anfrage, und werde deswegen auch fiktiv antworten.

Nun hat er sich mal beim Jobcenter kundig machen wollen, dass ihm mitteilte, da er sich „mitten in Alg II“ befände, dürfe er gar nichts davon behalten.

Das „gar nichts behalten “ ist falsch ausgedrückt. In diesem Fall darf man das Erbe ruhig behalten, allerdings zählt dies als Einkommen. Der „Aufstocker“ wird dann so behandelt als wenn er die 3.000 € erarbeitet hätte.

Doch ich meine, mal gelesen zu haben, dass man einen gewissen Selbstbehalt hat, der sich mit steigendem Lebensalter auch erhöht.

Das betrifft Vermögen welches vor der Antragstellung auf ALG II vorhanden war. Vermögen welches während des ALG-II-Bezuges neu hinzukommt, zählt als Einkommen.

Wie läuft das nun? Darf X das Geld behalten oder muss er tatsächtlich, wie vom JC gesagt, alles abgeben?

Wie gesagt: Man darf das Geld behalten, das muss also nicht abgegeben werden, aber man muss davon seine Ausgaben selber bezahlen. Also genau so, als ob man genügend Geld verdient hätte und kein „ aufstockendes ALG II“ benötigt.

Gruß
N.N

neugierig
Hallo,

Wie gesagt, man darf das Geld behalten, das muss also nicht
abgegeben werden, aber man muss davon seine Ausgaben selber
bezahlen. Also genau so als ob man genügend Geld verdient
hätte und kein „ aufstockendes ALG II“ benötigt.

Verstehe ich das richtig, das Erbe fließt in einer Einmalzahlung im Monat x zu, dann erhält man für diesen Monat kein aufstockendes Alg II - danach aber wieder? Danach müßte es doch Vermögen sein?

Gruß
Otto

Hallo Otto (konzepi),

Verstehe ich das richtig, das Erbe fließt in einer Einmalzahlung im Monat x zu, dann erhält man für diesen Monat kein aufstockendes Alg II - danach aber wieder? Danach müßte es doch Vermögen sein?

Das regelt der § 11 SGB II

http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_2/__11.html

Hierbei ist besonders Punkt 3 zu beachten.

(3) Einmalige Einnahmen sind in dem Monat, in dem sie zufließen, zu berücksichtigen. Sofern für den Monat des Zuflusses bereits Leistungen ohne Berücksichtigung der einmaligen Einnahme erbracht worden sind, werden sie im Folgemonat berücksichtigt. Entfiele der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung in einem Monat, ist die einmalige Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen

Gruß
N.N

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Nachtrag Urteil vom BSG (Az.: B 14 AS 101/11 R)
Hallo Tobi,

Wäre gut, wenn da auch jemand ein paar Links zur Rechtssprechung hätte!

Am 25.01.2012 wurde zu einem ähnlichen Fall ein Urteil (Az.: B 14 AS 101/11 R) vom Bundessozialgericht in Kassel gefällt.

Hier zwei Zusammenfassungen des Urteils

http://www.123recht.net/article.asp?a=109749

http://www.kanzlei-blaufelder.com/geerbtes-vermogen-…

Wenn du dich durch den gesamten Text des Urteils durchlesen möchtest, kannst du das hier machen.

http://lexetius.com/2012,1854

Gruß
N.N

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Hallo N.N.,

Wäre gut, wenn da auch jemand ein paar Links zur Rechtssprechung :hätte!

Am 25.01.2012 wurde zu einem ähnlichen Fall ein Urteil (Az.: B
14 AS 101/11 R) vom Bundessozialgericht in Kassel gefällt.

nein, der Sachverhalt, der diesem Urteil zu Grunde liegt, ist ein anderer. Dort wurde ab Eintritt des Erbfalls ALG II als Darlehn erbracht, somit bestand Bezug, mit der Folge, daß kein Schonvermögen aufgebaut werden kann.

Wenn ein einmaliges Einkommen höher als der monatliche Bezug ist, so hat das Einkommen gleichmäßig auf 6 Monate aufgeteilt zu werden. Sollten die sich daraus ergebenden Teilbeträge so hoch sein, daß der ALG-II-Anspruch erlischt, so fällt das nach Ablauf der 6 Monate noch vorhandene Vermögen unter das Schönvermögen und es kann bei erneuter Antragstellung ggf. wieder ALG II gewährt werden.
Hätte in dem Fall, in dem das BSG geurteilt hat, der Lebensunterhalt durch Darlehn aus anderer Quelle betritten werden können, so wäre am Ende ein ins Schonvermögen fallender Betrag geblieben.*

Im fiktiven Fall wären EUR 3000,- / 6 = EUR 500,-/Monat. Davon wären die üblichen Freibeträge abzuziehen. Der Rest wäre das, was dem Leitungsbezieher zusätzlich bliebe. In jedem Fall deutlich mehr als „Nichts“.

Gruß

osmodius

*) Das diese Konstellation etwas Lebensfremd ist, ist mir bewusst. Aber ich hab mir die Gesetze ja auch nicht ausgedacht…

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Verstehe ich das richtig das diese Person dann für den Monat in dem sie das Erbe erhält keine aufstockenden Leistungen erhält danach dann aber wieder wie gewohnt?

Gruß
Tobi

Übliche Freibeträge
Hallo

Hätte in dem Fall, in dem das BSG geurteilt hat, der Lebensunterhalt durch Darlehn aus anderer Quelle betritten werden können, so wäre am Ende ein ins Schonvermögen fallender Betrag geblieben.*

… und Schulden. Oder verstehe ich da was falsch?

Im fiktiven Fall wären EUR 3000,- / 6 = EUR 500,-/Monat. Davon wären die üblichen Freibeträge abzuziehen.

Aber doch nur, weil es sich um einen Aufstocker handelt? Es sind doch die Freibeträge eigentlich nicht davon, sondern nur von seinem Erwerbseinkommen abzuziehen?

Alle anderen Einkommensarten werden doch voll angerechnet?

Viele Grüße

Hallo,

Verstehe ich das richtig das diese Person dann für den Monat in dem sie das Erbe erhält keine aufstockenden Leistungen erhält danach dann aber wieder wie gewohnt?

Nö. Es wurde hier doch schon darauf hingewiesen, dass es dann auf sechs Monate verteilt und entsprechend angerechnet würde.
Wenn das Erbe so hoch ist, dass dann die gesamten sechs Monate kein Anspruch besteht, ist es für manchen ALG-II-Empfänger sicher eine neue Erfahrung, dass ALG-II eben doch nicht nur die 374€ Regelleistung sind, sondern auch die Wohn- und Heizkosten, aber auch die Krankenversicherung sowie die Befreiung von der GEZ enthält. Plötzlich geht da jeden Monat ein wesentlich höherer Beitrag vom Erbe ab, als man sich das vorher immer so gedacht hat.

Grüße

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Hallo

Hätte in dem Fall, in dem das BSG geurteilt hat, der Lebensunterhalt durch Darlehn aus anderer Quelle betritten werden können, so wäre am Ende ein ins Schonvermögen fallender Betrag geblieben.*

… und Schulden. Oder verstehe ich da was falsch?

Jein. Im verhandelten Fall war noch Geld übrig, nachdem das Darlehn des Jobcenter (nun, damals ARGE) getilgt war.

Im fiktiven Fall wären EUR 3000,- / 6 = EUR 500,-/Monat. Davon wären die üblichen Freibeträge abzuziehen.

Aber doch nur, weil es sich um einen Aufstocker handelt? Es
sind doch die Freibeträge eigentlich nicht davon, sondern nur
von seinem Erwerbseinkommen abzuziehen?

Da ein Erbe als Einkommen gewertet wird, stehen dem Erben auch die Freibeträge, zumindest der Verscichrungsbetrag von EUR 30,- (wenn ich mich recht entsinne) zu. Andere nachzuweisende Aufwendung dürften enbenso frei sein.

Alle anderen Einkommensarten werden doch voll angerechnet?

Ja, da ist der Gesetzgeber konsequent. Auf anderes leistungsloses Enikommen (Zinsen etc.) zahlt man ja auch keine KV/RV/PV-Beiträge, da gibts dann im Umkehrschluss auch keine Freibeträge. :wink:

Gruß

osmodius

Hallo

Wenn ein einmaliges Einkommen höher als der monatliche Bezug ist, so hat das Einkommen gleichmäßig auf 6 Monate aufgeteilt zu werden. Sollten die sich daraus ergebenden Teilbeträge so hoch sein, daß der ALG-II-Anspruch erlischt, …

In dem Falle sollte für diese 6 Monate aber Wohngeld beantragt werden. Da spielen Erbschaften von 3000,- Euro keine Rolle.

Da muss man nur aufpassen, dass man sich kein zu hohes Einkommen aufschwatzen lässt.

Ich weiß ja nicht, was der Aufstocker verdient, aber wenn er angenommen 400,- mtl. hat, dann würden manche Wohngeldsachbearbeiter vielleicht sagen: Davon können Sie doch nicht leben. Lassen Sie sich von ihrer Erbschaft mtl. noch 200,- Euro auszahlen, das nehmen wir zum Einkommen dazu. Entsprechend niedriger fällt dann das Wohngeld aus.

Also dazu sollte man sich nicht überreden lassen. 350,- Euro mtl. (für eine Einzelperson) reichen auf jeden Fall, um Wohngeld zu bekommen, wenn die Miete niedrig ist. Man muss glaubhaft machen, dass man mit seinem Einkommen + Wohngeld leben kann, und das Wohngeld kann schon mal fast so hoch sein wie die gesamte Miete.

Viele Grüße

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Hallo,

hier wird das so gehandhabt - im Zuflussmonat gibt es kein ALG II und ab nächsten Monat wird verrechnet was über den Vermögensfreibetrag hinausgeht. Also zählt das Erbe, der Lottogewinn etc. ab dem 2. Monat als Vermögen und wird entsprechend gehandhabt.

Gruß anna