Auftreten dem Finanzamt gegenüber ohne Vollmacht? - Geht das? - Antrag wird trotzdem bearbeitet

Hallo,

nehmen wir mal folgendes an: Zwei Personen bilden eine Grundstücksgemeinschaft. Jeder besitzt an einem Mehrfamilienhaus eine ideelle Hälfte. Die eine Person wird von der anderen Person mit Vertrag zum Hausverwalter bestellt und bekommt zunächst auch alle möglichen Vollmachten gegenüber Dritten zu handeln, unter anderem auch dem Finanzamt gegenüber.

Dann kommt es zum Streit.

Person zwei entzieht Person eins sämtliche Vollmachten und teilt dies auch dem Finanzamt gegenüber mehrfach mit. Person eins soll weder als Empfangsbevollmächtigter noch als Vertretungsberechtigter gegenüber dem Finanzamt handeln dürfen. Das Finanzamt bestätigt dann auch schriftlich, dass der Widerruf der Vollmachten vorliegt und zukünftigt beachtet werden wid.
Person eins stört es aber nicht, das sie keine Vollmachten mehr hat. Sie füllt dennoch die Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung aus und gibt die Unterlagen, ohne dass Person zwei von den Zahlen auch nur Kenntnis hat geschweige denn irgendetwas unterschrieben hat, beim Finanzamt ab.
Eigentlich geht das doch schon nicht, oder? Wen jemand nicht bevollmächtigt ist, darf er doch auch nicht im Namen anderer Personen handeln, oder?
Nun wird das Ganze aber noch unverständlicher: Das Finanzamt bearbeitet die Unterlagen und verschickt eine Feststellung der Besteuerungsgrundlagen.
Wie kann der Antrag bearbeitet werden, wenn das Finanzamt doch weiß, dass die Person, die ihn abgibt, nicht bevollmächtigt ist?

Wie kann das alles sein? Und was muss Person zwei nun machen?

Servus,

das FA handelt hier richtig, weil gem. § 183 Abs 1 AO der Verwalter des Objektes als Empfangsbevollmächtigter gilt, wenn kein bestellter Empfangsbevollmächtigter vorhanden ist. Einzelbekanntgabe des Feststellungsbescheides ist erforderlich, wenn dem FA bekannt ist, dass zwischen den Beteiligten ernste Meinungsverschiedenheiten bestehen.

Auch die Abgabe der Feststellungserklärung durch nur einen der Beteiligten geht in Ordnung, vgl, 181 Abs 2 AO.

Schöne Grüße

MM

Hauptsache fehlt
Servus,

Und was muss Person zwei nun machen?

im Hopplahopp übergangen:

Auch Person zwei kann den ergangenen Bescheid innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe durch Einspruch zur Wahrung von Frist und Form „offen halten“; das sollte sie auch tun, weil anderenfalls der Bescheid fast nur noch zu Ungunsten der Beteiligten geändert werden kann.

Es steht ihr dann frei, selbst eine Feststellungserklärung mit den Werten abzugeben, die ihr richtiger erscheinen. Bei der Veranlagung muss dann alles berücksichtigt werden, was dem FA bekannt ist, d.h. die Inhalte beider Feststellungserklärungen. Dort, wo diese Erklärungen voneinander abweichen, wird dann im Zuge der Veranlagung geprüft, welche Angaben zutreffen.

Schöne Grüße

MM

Ok, das FA ist informiert, dass zwischen den beiden Personen „ernsthafte Meinungsverschiedenheiten bestehen“ und das Person eins weder empfangsbevollmächtigt ist (was auch berücksichtigt wurde) noch vertretungsbevollmächtigt ist(was ja irgendwie nicht berücksichtigt wurde).

Jetzt sieht das Formular zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung aber vor, dass derjenige, der es ausfüllt, mit seiner Unterschrift versichert, dass er von Beteiligten bevollmächtigt wurde, diese bei der Erstellung und Unterzeichnung der Feststellungserklärung zu vertreten. Dies ist ja nicht der Fall. Und das weiß Person eins und handelt nicht entsprechend und das FA weiß das eigentlich auch und berücksichtigt es aber nicht.

Dann könnte ja jeder für seinen Nachbarn irgendein Steuerformular ausfüllen, oder?

Servus,

Ok, das FA ist informiert, dass zwischen den beiden Personen „ernsthafte Meinungsverschiedenheiten bestehen“

Alleine der Widerruf der Bestellung zum Empfangsbevollmächtigten reicht dafür nicht aus. Es wäre jetzt schon hübsch zu wissen, worüber genau das FA informiert wurde. Davon hängt es ab, ob der Bescheid wirksam bekanntgegeben worden ist; daraus ergäben sich Folgen für die Fristen.

wurde) noch vertretungsbevollmächtigt ist (was ja irgendwie nicht berücksichtigt wurde).

„irgendwie“ gibt es im Abgabenrecht nicht. Die Feststellungserklärung wurde völlig konform mit § 181 Abs 2 AO abgegeben und bearbeitet; es war nicht notwendig, dabei eine Vertretungsvollmacht zu berücksichtigen oder auch nicht, weil die Erklärung durch einen Verpflichteten abgegeben wurde, nicht durch einen Bevollmächtigten.

Dann könnte ja jeder für seinen Nachbarn irgendein Steuerformular ausfüllen, oder?

Wenn Du die von mir gegebenen Quellen nicht liest, macht das keinen Spaß. §§ 179 - 184 AO beziehen sich nicht auf irgendjemandes Nachbarn, das wird Dir sofort klar, wenn Du sie liest.

Schöne Grüße

MM

Das bezieht sich wahrscheinlich auf die Formulierung „hat ein Erklärungspflichtiger eine Erklärung zur gesonderten Feststellung abgegeben, sind andere Beteiligte insoweit von der Erklärungspflicht befreit.“

Das ist ja dann auch gut und schön, aber das Formular sieht eine Unterschrift vor, dass der Unterzeichnende von den Beteiligten bevollmächtigt wurde, diese bei der Erstellung und Unterzeichnung der Feststellungserklärung zu vertreten. Diese Vollmacht hat Person eins nicht (mehr).
Zu dem Hausverwaltervertrag gehörte eine Vollmacht, die u. a. zur Vertretung gegenüber dem FA berechtigte. Diese ist wiederrufen.
Außerdem wurde das FA folgendermaßen informiert: Sollte Person eins trotz des Widerrufs der Vollmachten weiterhin die Erklärung zur
gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die
Einkommensbesteuerung zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung alleine
unterschreiben und einreichen, so macht er dies bezogen auf Person zwei ohne
Vertretungsvollmacht. Person zwei hat mitgeteilt, dass die dort gemachten Angaben ihr
nicht bekannt sind und diesen auch schon vorsorglich widersprochen.
Außerdem wurde das FA informiert, dass zwischen Person eins und Person zwei mittlerweile derart ernstliche
Meinungsverschiedenheiten bestehen, dass Person eins somit auch nicht mehr als
Empfangsbevollmächtigter gegenüber dem Finanzamt agieren kann und dies von Person zwei auch nicht geduldet wird.
Eine Steuererklärung muss doch auch von Ehemann und Ehefrau unterschrieben werden. Da kann doch auch nicht einer irgendwelche Zahlen abgeben und der andere darf zuschauen.
Und Person eins musste mit ihrer Unterschrift versichern, das sie von den Beteiligten bevollmächtigt wurde, diese bei der Erstellung und Unterzeichnung der Feststellungserklärung zu vertreten. Dies ist doch ganz klar nicht der Fall, oder?

Servus,

nun, ich habe nicht gesehen, welche Teile des Vordrucks vor Unterschrift gestrichen worden sind; im übrigen würde die Feststellungserklärung nicht dadurch unwirksam, dass an dieser Stelle etwas Unzutreffendes bestätigt wird.

Es geht - ich wiederhole mich - bei der Feststellungserklärung nicht darum , ob irgendeiner der Beteiligten zu irgendwas bevollmächtigt ist oder nicht. Alle Beteiligten sind zur Erstellung und Abgabe der Erklärung verpflichtet, und die Befreiung von dieser Pflicht für die anderen entsteht dadurch, dass ein beliebiger der Beteiligten die Erklärung erstellt und abgibt; er benötigt hierfür - anders als ein nicht beteiligter Dritter - keine wie auch immer geartete Vollmacht. Lies doch einfach mal die Quelle, die ich Dir angegeben habe.

Anders sieht es mit der Bekanntgabe aus: Hier ist der Verwalter des Objektes empfangsbevollmächtigt, wenn von der Eigentümergemeinschaft kein Empfangsbevollmächtigter bestellt ist. Ob Person zwei - so wie Du ursprünglich geschrieben hast - Verwalter des Objektes ist oder nicht, entscheidet zunächst darüber, ob er empfangsbevollmächtigt ist.

Zu dem Hausverwaltervertrag gehörte eine Vollmacht, die u. a.
zur Vertretung gegenüber dem FA berechtigte. Diese ist widerrufen.

Sie wird zur Erstellung und Abgabe der Feststellungserklärung und zum Empfang des Feststellungsbescheides auch nicht benötigt.

Sollte Person eins trotz des Widerrufs der Vollmachten weiterhin die Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung alleine unterschreiben und einreichen, so macht er dies bezogen auf Person zwei ohne Vertretungsvollmacht.

Die er nicht benötigt; insofern ist diese Erklärung ohne Auswirkung.

Person zwei hat mitgeteilt, dass die dort gemachten Angaben ihr nicht bekannt sind und diesen auch schon vorsorglich widersprochen.

Hmmm - ziemlich wackelig. Zwar gilt auch hier „Falsa demonstratio non nocet“, aber wenn weder aus der Bezeichnung noch aus dem Inhalt zu erkennen ist, dass es sich um einen Einspruch gegen den Feststellungsbescheid handelt, können hier Fristen verstreichen, die zu nutzen für Person zwei wichtig wäre.

Außerdem wurde das FA informiert, dass zwischen Person eins und Person zwei mittlerweile derart ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen, dass Person eins somit auch nicht mehr als Empfangsbevollmächtigter gegenüber dem Finanzamt agieren kann und dies von Person zwei auch nicht geduldet wird.

Wenn diese Information für das FA verständlich formuliert war, ist damit Einzelbekanntgabe des Feststellungsbescheides (bzw. zumindest der Teile davon, die Person zwei betreffen) notwendig; der Bescheid also bisher nicht wirksam bekanntgegeben, das verlängert die Einspruchsfrist. Wobei Person zwei ja offenbar Kenntnis von dem Bescheid hat - das ließe ein bissle daran denken, dass die Bekanntgabe doch schon wirksam erfolgt sein könnte.

Eine Steuererklärung muss doch auch von Ehemann und Ehefrau unterschrieben werden. Da kann doch auch nicht einer irgendwelche Zahlen abgeben und der andere darf zuschauen.

Nochmal: Wir reden nicht über Mousse au Chocolat und nicht über die Junkers 52, sondern über eine Erklärung zur gesonderten und gemeinsamen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen. Der genannte Abschnitt der Abgabenordnung gilt genau dafür , nicht für Einkommensteuererklärungen von zusammen veranlagten Eheleuten.

Und Person eins musste mit ihrer Unterschrift versichern, das sie von den Beteiligten bevollmächtigt wurde, diese bei der Erstellung und Unterzeichnung der Feststellungserklärung zu vertreten. Dies ist doch ganz klar nicht der Fall, oder?

Das macht aber nichts, weil nirgendwo in der Abgabenordnung steht, dass die Feststellungserklärung unwirksam oder nichtig wäre, wenn diese Versicherung wahrheitswidrig gegeben wird; zumal niemand außer Person eins und dem FA weiß, ob dieser Text aus dem Vordruck vor Unterzeichnung gestrichen wurde oder nicht, so dass sich auch nicht sagen lässt, ob das versichert wurde.

Kurzer Sinn: Person zwei sollte, bevor die Einspruchsfrist abläuft, einen eindeutig als solchen erkennbaren Einspruch gegen den Feststellungsbescheid einlegen, Einzelbekanntgabe des Feststellungsbescheides veranlassen und dann zeitnah die Werte korrigieren und belegen, die im bisher vorliegenden Bescheid nach ihrer Meinung falsch sind.

Ach übrigens: Woher ist eigentlich bekannt, dass die Besteuerungsgrundlagen nicht gem. § 162 AO geschätzt wurden? Ein Feststellungsbescheid auf dieser Grundlage bräuchte keine wirksame Feststellungserklärung und unterschiede sich von einem Bescheid auf der Grundlage der Erklärung unter Umständen nur durch einen Hinweis auf die Schätzung gem. § 162 AO. Seine Wirkung wäre grade gleich, mit dem Unterschied, dass die Verpflichung der Beteiligten zur Feststellungserklärung nicht durch den Bescheid wegfiele. Auf Fristen und Anwendbarkeit von Änderungsvorschriften hätte das aber keinen Einfluss.

Schöne Grüße

MM