Hallo!
In vielen Fällen ist es für die künftige Karriere erheblich
vorteilhafter eine (ggf. fristlose) verhaltensbedingte
Kündigung abzuwenden…
Solche Fälle gibt es, sind aber anders gelagert als der geschilderte Fall mit bestehendem Lehrvertrag und der Gefahr einer längeren Sperre von Sozialleistungen. M. W. müssen dabei in der ersten Zeit der Sperre sogar die Krankenkassenbeiträge vom Betroffenen vollständig selbst bezahlt werden.
Für den Arbeitgeber ist es gar nicht so einfach, einen bestehenden Ausbildungsvertrag zu kündigen. Ist das Ausbildungsziel nachweislich in Gefahr, bietet solcher Sachverhalt einen Angriffspunkt. Aber neben Arbeitsgebern, die mit viel Engagement eine hervorragende Ausbildung bieten, gibt es eben auch solche, bei denen die Ausbildung den Namen nicht verdient und es vorrangig um niedrig bezahlte Arbeitskräfte geht. In solcher Situation legt der AG lieber dem Azubi nahe, zu kündigen oder einen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben. Manche Arbeitgeber versuchen, mit Bargeld nachzuhelfen, wobei das an der Sperre durch Arbeitsagentur/Jobcenter nichts ändert.
Abgesehen von sorgfältig zu durchleuchtenden Ausnahmefällen bleibe ich dabei, dass Aufhebungsvertrag oder dem Arbeitnehmer nahe gelegte Kündigung regelmäßig zum Nachteil des Arbeitnehmers sind. Ausnahmen gibt es bei andernfalls bevorstehender und wirklich handfest begründeter verhaltensbedingter Kündigung oder wenn der Arbeitnehmer bereits eine neue Anstellung in Aussicht hat. Zahlen hab’ ich nicht, aber dem Vernehmen nach und aus eigener Beobachtung sind durch Übertölpeln und Druck zustande gekommene Aufhebungsverträge eine Masche mancher Arbeitgeber. Manche dieser Kandidaten sind schlicht zu dämlich, eine frist- und formgerechte Kündigung zustande zu bringen, andere wollen den gekündigten Mitarbeiter während der Kündigungsfrist nicht weiterbeschäftigen, aber bei Freistellung den Lohn sparen, andere stehen wirtschaftlich mit dem Rücken an der Wand und versuchen, sich vertraglicher Verpflichtungen zu entledigen.
Im geschilderten Fall ist dem Betroffenen zu raten, vorrangig alles zu tun, die gesundheitlichen Beeinträchtigungen so weit in den Griff zu bekommen, dass sie einer Anstellung nicht in unangemessener Weise im Wege stehen. Immerhin gibt es Fälle, wo die Schwelle, ab der man sich arbeitsunfähig fühlt, überdacht werden sollte. Ungeachtet dessen kann es sinnvoll sein, je nach Zuständigkeit mit der Handelskammer oder Handwerkskammer Kontakt aufzunehmen, um dort einen Wechsel des Ausbildungsbetriebes anzusprechen. .
Häufig ist das Angebot zur Eigenkündigung oder eines
Aufhebungsvertrages vielmehr ein deutliches Entgegenkommen des
AG und daher als „Goldene Brücke“ in die Zukunft zu sehen.
Gewiss gibt es solche Fälle, aber weder ist das der Regelfall, noch entspricht der geschilderte Fall eines Auszubildenden solcher Ausnahme. Es wurden keine silbernen Löffel geklaut, sondern dem AG gefallen die AU-Bescheinigungen nicht.
Gruß
Wolfgang