Eine theoretische Situation:
Klar.
Eine 59 jährige Frau (ungarische Staatsbürgerin mit ständiger
Aufenthaltsgenehmigung in der BRD) bezieht nach ungarischem
Rentenrecht regulär Rente.
Alles o.k. Sie bekommt die Rente, aus dortiger Sicht, ins
Ausland gezahlt, nach D.
Dies kommt zustande, weil sie 20
Jahre dort gearbeitet hat + 20 Jahre lebte und arbeitete sie
in Deutschland. Es kamen 40 Jahre Arbeitszeit zusammen, wonach
man in Ungarn Rente bekommen kann, welche allerdings nur auf
Basis der in Ungarn geleisteten Arbeitszeit berechnet wird
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und damit unter dem Hartz IV Satz liegt.
Das ist ne andere Frage. Aus Sicht in D. In Ungarn mag die
Rente vielleicht ausreichend sein.
Die Rente beträgt 28.500HUF=105€. Der Minimallohn in Ungarn ist das 3-fache.
Die Frau ist also Rentnerin, möchte aber weiterhin in Deutschland :leben.
Wird die ungarische Rente nun in Deutschland auf Hartz IV Satz
aufgestockt, ohne dass sie sich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung
stellen muss oder muss sie nach Arbeit suchen, obwohl sie
bereits nach internationlem Abkommen Rentnerin ist?
Benenne mal das internationale Abkommen. Und dort den Passus
wo da was geregelt ist.
Habe den Passus nicht parat, aber hier ist ein Link, wo der ungefähre Ihnhalt steht:
[http://www.budapest.diplo.de/Vertretung/budapest/de/…](http://www.budapest.diplo.de/Vertretung/budapest/de/02_20RK/Merkblaetter/MB Rente Download,property=Daten.pdf)
Also bei ALG2 muss sie zunächst einmal zu dem Kreis der
Berechtigten zählen
http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_2/__7.html.
Sie muss einen Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 (5)
Aufenthaltsgesetz haben.
Beim Jahrgang 1951 erreicht sie die Altersgrenze für ALG2 mit
65 Jahren und 5 Monaten. Soweit passt es auch. Dann muss sie
erwärbsfähig sein. Und hier ist das SGB eindeutig was
Ausländer anbelangt
http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_2/__8.html
„können Ausländer nur erwerbstätig sein, wenn ihnen die
Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden
könnte“
Ist das der Fall als Rentnerin?
Das ist nähmlich die ZENTRALE Frage. Sie ist Rentnerin in der Union und besitzt einen unbefristeten Aufenthaltstitel für Deutschland (d.i. der höchste, den eine Nichtdeutsche haben kann). Ich gehe mal davon aus, dass für die Aufstockung auf den Grundbedarf eine Person in Deutschland im deutschen Rentenalter nicht für den Erwerb in Frage kommt. Kann das aber in Deutschland von Auslandsrentenbeziehern trotzdem verlangt werden?
Übrigens:
- Würde sie sich dem Arbeitsmarkt (mit Erfolg) zur Verfügung
stellen müssen, so würde sie auch ihre ungarische Rente
verlieren.
Also die Ungarn zahlen nur, wenn sie sonst nichts verdient;
keine Zuverdienstmöglichkeit! Gibt es dort
Einschränkungen im Bezug auf den Anwendungsbereich?
Ganz genau genommen (und wegen des regierungswechsels ist hier alles in Bewegung) gilt, dass der Nebenverdienst den Minimallohn nicht überschreiten darf (etwa 320€/Monat). Allerdings weiss ich nicht, ob der im Rahmen der Grundsicherung zu erhaltende Betrag als verdienst zählen würde.
- Im Gegensatz zur ungarischen Rente erfolgt eine Auszahlung
der deutschen Rente erst ab ihrem 65. Lebensjahr.
Szenario:
A) Sie meldet sich ALG2. Die ung. Rente ist anzugeben. Der
ung. Rentenzufluss wird angerechnet. Die ung. Rente fließt,
nach dortiger Gesetzgebung, weiter, weil sie (noch) nicht
arbeitet und erwerbsmäßig tätig ist, sonder „nur“ Sozilhilfe
abschöpft.
Die ung. Rentenzahlung wird ausgesetzt, soweit eine Arbeit
aufgenommen wird. Reicht das Einkommen nicht, wird ALG2
aufgestockt. Die ung. Rente fließt wieder wenn kein
Erwerbseinkommen vorhanden ist.
B) Grundsicherung im Alter geht (noch) nicht
http://bundesrecht.juris.de/sgb_12/__41.html.
Es sei denn es gibt eine Ausnahme, wenn Personen nach anderen
Vorschriften, welche hier anerkannt werden, bereits
Rentenbezieher sind. Was sagen deine internationalen Abkommen
dazu?
Wiederum, das ist der Causus Knacktus. Ich bin kein internationaler Jurist (genau genommen gar kein Jurist), so dass ich nicht einmal die leiseste Idee habe, wo ich nach sowas suchen soll.
C) Die Lebenshaltungskosten in Ungarn sind (noch) deutlich
günstiger als in D. Die Lebensqualität, Versorgung und
Infrastruktur sind sehr gut. Sie könnte ihren Lebensabend am
Plattensee verbringen, mit Blick aufs Wasser. Die ung. Rente
reicht vielleicht jetzt schon. Sobald sie nach deutschem Recht
die deutsche Rente dazu bekommt, ab dem 65 Lj. + 5 M. lebst
sie in Ungarn in Saus und Braus. Also noch 6 Jahre ein bischen
hinkommen und dann Dolce Vita.
Die Lebenshaltungskosten sind nicht mehr deutlich grünstiger - leider. In Westungarn gehen die Menschen nach Österreich, um einzukaufen und zu tanken. Eine 70m^2 Mietwohnung in der Umgebung der Hauptstadt kostet 220€/Monat kalt und 370€/Monat warm.
Von der 385€-Rente aus Deutschland in 6 Jahren wird deswegen leider auch keiner mehr in Saus und Braus leben. Ich weiss, das war in 1990 noch anders, aber es gab leider in der Zwischenzeit eine radikale „Europäisieung“ von allen gedenklichen Ausgabenniveaus, nur die Einkommen wurden kaum angeglichen. Aber das ist wohl ein ganz anderes Thema.
Danke für die super ausführliche Antwort und ich hoffe, dass die „zentrale Frage (s.o.)“ beantwortbar ist,
A.J.