Ausprache: pacem = paschem

Hallo!
Ich hatte letztens das Vergnügen eine Messe von Bernstein zu erleben. Es war super!
Nur eines ging mir tierisch auf den Zeiger:
Alle Sänger der Philharmonie sprachen „pacem“ wie paschem aus.
Die Frage lautet nun: Mit welcher Begründung wird pacem wie paschem ausgesprochen??

Hallo!

Die Aussprache der lateinischen Sprache ist schon lange umstritten.
Besonders beim „C“ gibt es wenigstens drei verschiedene.

Im klassischen Latein wurde es vermutlich wie „K“ gesprochen, was mit der griechischen Schreibung des Namen Caesar belegt werden kann, die Kaisar lautet.

Im mittelalterlichen Latein bürgerte sich die Aussprache „Z“ ein, so wie es hier in Deutschland üblich ist: Zäsar, Zizero, Zensur, Zenturio etc.

Bei den Italienern wurde ein „Tsch“ daraus, also Tschesare, Tschinquetschento, Tschiau.

In der Musik bei den kirchlichen Gesängen oder auch in der Oper war die italienische Sprache lange die „tonangebende“. Darum wurde in England und in den USA diese Aussprache übernommen. Und darum liegt es nahe, dass USA-Sänger oder solche, die sich an die dort gebräuchliche Aufführungspraxis halten, auch die dort übliche Aussprache halten, also „paaatschem“ singen.
Muss dich nicht stören:wink:.

Gruß Fritz

lateinische Aussprache beim Gesang
Hallo Fritz,

ich kann dir im Grunde nur beipflichten, und deine Ausführungen höchstens ergänzen:

Gerade beim Gesang gilt das Prinzip, dass man sich bei lateinischen Texten an die Aussprache halten sollte, die der jeweilige Komponist „im Ohr“ hatte.

Zwei Beispiele dazu: ich habe eine amerikanische Aufnahme von Orffs „Carmina Burana“, die fürchterlich unter der romanischen Aussprache leidet, weil gerade Orffs Rhythmus-betonte Kompositionsweise sehr eng mit dem „härteren“ deutschen Klang verknüpft ist.
Andererseits kenne ich Chorwerke von Francis Poulenc, die in ihrer weichen, fast süßlichen Melodik unbedingt nach der romanischen Aussprache „schreien“ und durch die deutsche Aussprache unweigerlich zerstört werden.

Übringens wurde der gregorianische Choral neueren Forschungen zufolge auch immer in romanischer Aussprache gesungen; diese Erkenntnis hat sich im deutschsprachigen Raum aber auch noch nicht so recht durchgesetzt.

Literaturtipp:
Scherr, Vera: Handbuch der lateinischen Aussprache. Aufführungspraxis Vokalmusik. ISBN 3761810229 Buch anschauen

Ich möchte nur noch zwei Kleinigkeiten präzisieren:

Im klassischen Latein wurde es vermutlich wie „K“ gesprochen,
was mit der griechischen Schreibung des Namen Caesar
belegt werden kann, die Kaisar lautet.

Ein wichtiger Unterschied in der Aussprache besteht noch bei den Diphtongen, die im Deutschen zu Umlauten werden, im klassischen Latein aber wirklich als Diphtonge gesprochen wurden. Die Aussprache wäre also am besten als Ka-esar wiederzugeben (keinesfalls war die Aussprache Käsar ).

Bei den Italienern wurde ein „Tsch“ daraus, also Tschesare,
Tschinquetschento, Tschiau
.

Allerdings wird it. ciao nicht Tschiau ausgesprochen, sondern Tschau. Das „i“ dient ja gerade dazu, das „c“ als palatoalveolar zu kennzeichnen, sonst müsste es vor dem „a“ ja als „k“ gesprochen werden.

Grüße
Wolfgang

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Hallo Wolfgang,

auch nur eine Anmerkung:
Eine ganz befriedigende Lösung gibt es meiner Meinung nach nicht. Die italienischen „c“ und „g“ klingen doch immer maniriert, wenn alle übrigen Laute deutsch ausgesprochen werden - z.B. „sanctus“ mit stimmhaftem „s“ am Anfang, wo die „romanische“ Aussprache ein stimmloses verlangt.
Und bei Poulenc wäre ja dann die französische Aussprache verlangt, wie man sie in französischen Aufnahmen regelmäßig hört - also „c“ wie „ß“, aber auch alle „u“ wie „ü“: „laudamüs, benedißimüs - adoramüs“.
Ich persönlich plädiere darum immer für eine „gemäßigt“ deutsche Aussprache.

Gruß,
Peter

Hallo Fritz,

über diesen Sachverhalt habe ich mir schon lange Gedanken gemacht.

Allerdings habe ich einen anderen Verdacht, was die Aussprache des „c“ in der lateinischen Sprache betrifft.

Ich denke, daß vor „a“,„o“,„u“, das „c“ wie „k“ ausgesprochen wurde und daß vor „e“ und „i“ das „c“ wie „z“ ausgesprochen.

Grund dieser Annahme ist folgender.

In allen romanischen Sprachen gibt es gerade bei diesen Vokalkonstellationen eine Unterscheidung.

Wie Du schon richtig bemerktest, wird in der italienischen Sprache das „c“ wie „tsch“ ausgesprochen. Das gilt allerdings nur für die Vokale „e“ und „i“. In allen anderen Fällen wird das „c“ ebenfalls wie „k“ ausgesprochen. In der spanischen Sprache ist es ganz ähnlich. Vor „e“ und „i“ wird das „c“ etwa wie das „th“ im Englischen ausgesprochen.

Auch in der deutschen Sprache und in der Englische Sprache gibt es das: siehe circa (zirka), circus (Zirkus).

Betrachten wir außerdem die lateinischen Wörter cadere und caedere.

In der Englischen Sprache gibt es die Wörter: case und cease

Das „c“ wird jeweils anders ausgesprochen.

In der deutschen Sprache gibt es die Wörter: Kasus und Zäsur und auch hier gibt es diese Unterscheidung.

Wenn ich davon ausgehe, daß die Sprachentwicklung in den meisten Fällen logisch vonstatten gegangen ist, bin ich der Auffassung, daß man schon damals diese Unterscheidung gemacht hat, weil soviele Zufälle kann es einfach nicht geben.

Viel Spaß schon einmal damit.

Gruß Mucke

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