Ausreiseantrag

Liebe wer-weiß-was Experten,

ich bin mit meiner Frau in der Diskussion, inwiefern es möglich war, in der ehemaligen DDR einen Ausreiseantrag zu stellen, dem auch stattgegeben wurde?

Kennt hier jemand hierzu geeignete Quellen oder hat gesicherte Informationen?

LG,
Riccardo

Moin Riccardo,

ich bin mit meiner Frau in der Diskussion, inwiefern es
möglich war, in der ehemaligen DDR einen Ausreiseantrag zu
stellen, dem auch stattgegeben wurde?

die theoretische Möglichkeit bestand für jeden.
Wurde er gestellt, wurde es aber höchst unterschiedlich gehandhabt.
Von ‚morgen können/müssen Sie ausreisen‘ bis zu jahrelanger Schickane.
Das hing wahrscheinlich davon ab, wer das bearbeitete, ob ein Staatsinteresse bestand, oder schlichte Willkür.

Ich kenne mehrere Menschen, die einen Antrag stellten.
Offizielle Informationen sind das also keine.

Gandalf

Hallo, Wiki ist zwar keine gesicherte Quelle, aber bietet doch schon gute Grundlageninfos:
http://de.wikipedia.org/wiki/Ausreiseantrag
http://de.wikipedia.org/wiki/Reisekader

Und zu jener Zeit hab ich es derart mitbekommen, dass Rentner oftmals das Erreichen der ALtersgrenze sehnsüchtig erwarteten, um endlich die Westverwandtschaft zu besuchen (und dann kamen die auch noch regelmässig und waren oft einfach anstrengend, da wie vom andern Stern)
Dann gabs ja auch noch solche wie Wolf Biermann und Nina Hagen, die eher ausgewiesen wurden. Oder in irgendeinem 3. west-Programm gabs eine Moderatorin, die vorher auch in der DDR Moderatorin war und dann für ein paar JAhre nach ihrem Antrag im Knast einsaß, bis sie dann im Westfernsehen wieder auftauchte.
Na und die Sportler mussten natürlich reisen, zu Olympia oder ähnlichen Wettkämpfen.

Aber so als normaler Bürger hattest du keine Chance rauszukommen, nicht mal auf Urlaub.
Gruß Susanne

Hallo riccardo,

also es muss funktioniert haben. Verwandtschaft von mir ist 1987 mit Ausreiseantrag in den Westen.

Gruss ich

Hallo!

Die Mutter meines Freundes kam 1987/8 mit Ausreiseantrag nach Hannover: Ihre Tante war gestorben und sie war mit der Haushaltsauflösung beauftragt worden.
Und über den guten Porzellantassen im Rucksack hatte sie dann Ernie und Bert als Stoffpuppen geschnallt, so dass die Grenzer dachten, sie hätte nur Schnulli für die Kinder gekauft.

Gruß sannah

Ausreiseantrag in der DDR
Servus,

dieses:

Aber so als normaler Bürger hattest du keine Chance
rauszukommen

widerspricht sich unmittelbar mit dem von Dir verlinkten Wiki-Artikel. Klar gabs die Chance, rauszukommen. Sie war aber völlig unberechenbar, da nicht gesetzlich fixiert. Das war für die sehr wenigen Bürger der DDR, die ich kannte, aber nichts Ungewöhnliches, weil es auch genügend unbekannte, da faktisch nicht zugängliche Gesetze gab. Es wurde ab Beginn der 1980er Jahre aufs Wildeste spekuliert, nach welchen Kriterien ein Ausreiseantrag behandelt würde - gängige Vermutung ware, unsichere Kantonisten wie z.B. regelmäßige Kirchgänger, mit eher einfacher Qualifikation, würden eher entlassen.

Dabei ist die dauernde Ausreise in die BRD jedenfalls was anderes als die von Dir angesprochenen Ausbürgerungen gegen den Willen des Betroffenen wie die von Wolf Biermann, auch was anderes als die Entlassung „freigekaufter“ Häftlinge in die BRD, und nochmal was anderes wie die Besuchsreisen von Rentnern und die beruflich veranlassten Reisen von Kaufleuten, Sportlern, Künstlern und Wissenschaftlern.

Schöne Grüße

MM

Hallo, sag ich doch, dass das alles verschiedene Wege waren, wie einige rauskamen. Aber dem Wikiartikel nach entsprach der Ausreiseantrag eigentlich eher dem Wunsch nach Ausbürgerung, daher hab ich als GEgenbeispiel auch die unfreiwilligen Ausbürgerungen genannt. Einige kamen eben darüber auch dauerhaft in die BRD, meist aber nur weil man sie loswerden wollte. Ich kenne (von den wenigen DDRlern die ich so kenn)keinen einzigen, der einen Ausreiseantrag stellte, dem ohne weiteres stattgegeben wurde. Entweder kam derjenige dann erst mal in Untersuchungshaft oder der Antrag wurde gleich abgewiesen. Selbst ein kurzfristiger Urlaub, weder weils im Schwarzwald anders war als im HArz, noch weil eine Familienfeier anstand (BEerdigung eines nahen Angehörigen), war nicht möglich. Allerdings kannte ich auch keine Wissenschaftler, Sportler oder Künstler, sondern eben nur normale Arbeiter und Bauern, bzw. deren Kinder. Sogar der unschuldige Briefwechsel mit einem geringfügig älteren Luftballonfund-Brieffreund (ich 6, er 8)lief über die Stasi oder andere Behörden, weil da ja irgendwas an geheimen Botschaften versteckt gewesen sein konnte (REgelmässig waren Briefe geöffnet, im Text angekündigte BEilagen, wie Deko-Aufkleber, getrocknete Blümchen, selbstgemalte Bilder waren entfernt worden).

Ne sorry, die Ausreisemöglichkeiten waren für Normalbürger so gut wie unmöglich.
Gruß Susanne

Ne sorry, die Ausreisemöglichkeiten waren für Normalbürger so
gut wie unmöglich.

Na, dann kenn ich wohl die Ausnahme. 2 Brüder, Anfang 20, normale Arbeiter und mit Ausreisantrag 1987 nach Westdeutschland gekommen.

Gruss ich

Hallo Susanne,

das hier:

Aber so als normaler Bürger hattest du keine Chance rauszukommen

und das hier:

die Ausreisemöglichkeiten waren für Normalbürger so gut wie unmöglich.

sind zwei völlig verschiedene Aussagen, ist Dir das auch aufgefallen?

In Zahlen ungefähr so: 0 = 0,001 - da siehst Du vielleicht deutlicher, was da nicht passt.

In meiner weiteren Verwandtschaft gab es eine Reihe von Ausreiseanträgen, und die von mir angerissenen spekulativen Diskussionen bezogen sich genau darauf, dass man versuchte, zu ergründen, warum einem dieser Anträge stattgegeben wurde (Frist zur Ausreise ab Bekanntgabe: 24 Stunden) und den vielen anderen nicht.

Alles andere gehört nicht zur Fragestellung.

Schöne Grüße

MM

Hallo,

Ab Anfang Mitte der 80er Jahre, war es auch „normalen“ Bürgern der DDR erlaubt einen Ausreiseantrag zu stellen. OB dieser dann auch bewilligt wurde lag natürlich nur in der Hand der Stasi. Meine Eltern und ich(damals 14), stellten 1984 einen solchen Antrag, der im September 89 bewilligt wurde.