Aussen beschlagene Fenster 3-Fach-Verglasung

Gute, 3-fach-verglaste Fenster haben die Eigenschaft, aussen zu beschlagen. Das zeigt, wie gut die Wärmedämmung ist. Warum aber ist dies physikalisch so? Der Beschlag bedeutet ja, dass die Oberflächentemperatur des Glases aussen geringer ist als diejenige der Luft (mal angenommen wir seien nicht im Nebel). Ich würde erwarten, dass die Oberflächentemperatur trotz guter Dämmung des Fensters eher etwas wärmer wäre, als die Aussenluft und sich kein Beschlag bilden würde. Wie ist die Physik hier zu verstehen?

Hi Turmalin,

Gute, 3-fach-verglaste Fenster haben die Eigenschaft, aussen
zu beschlagen. Das zeigt, wie gut die Wärmedämmung ist.

das war mir noch gar nicht bekannt, nicht schlecht.

Warum
aber ist dies physikalisch so? Der Beschlag bedeutet ja, dass
die Oberflächentemperatur des Glases aussen geringer ist als
diejenige der Luft (mal angenommen wir seien nicht im Nebel).

Hast du dich noch nicht früher schon gewundert, warum Autoscheiben vereisen und sich Reif auf den Halmspitzen absetzt? Das ist derselbe Effekt, die Abstrahlung.

Jeder Stoff, der Strahlen aufnimmt, gibt sie auch Strahlen ab. Die Luft ist aber weitgehend durchsichtig, für Licht und Wärmestrahlen (sehen wir mal von den Treibhausgasen ab).

Von daher erwärmt sich die Luft von unten (Flirren der Straße bei Sonne) und kühlt auch von unten ab (Bodenfrost). Deshalb sind Gegenstände nachts kälter als die Luft, schon bei +4°C kann der Boden angefroren sein (oder Autodächer oder Scheiben).

Klar? Zoelomat

Hi Zoelomat,

das Phänomen habe ich tatsächlich bei Autos auch schon beobachtet. Wie funktioniert es aber, dass ein Körper Strahlung abgibt und dabei kälter als die Umgebung wird (Die Fensterinneseite und die Aussenluft sind in meinem Verständis ja wärmer). Ich bin immer davon ausgegangen, dass eine Abstrahlung ein gewisses (Temperatur)Gefälle erfordert.

Gruss
Turmalin

Wie funktioniert es aber, dass ein Körper
Strahlung abgibt und dabei kälter als die Umgebung wird

Die Umgebung besteht nicht nur aus der Luft. Bei klarem Himmel strahlt die Scheibe einen Teil ihrer Wärme direkt ins All ab und das ist verdammt kalt. Die Luft beherrscht diesen Trick nicht. Ihr stehen für die Abstrahlung nur die Banden der Treibhausgase zur Verfügung und da kommt fast genauso viel wieder zurück. Man könnte sagen, dass sich die Luft und das Glas bezüglich der Wärmebilanz in verschiedenen Umgebungen befinden.

Ich bin immer davon ausgegangen, dass eine Abstrahlung ein gewisses (Temperatur)Gefälle erfordert.

Das ist ein weitverbreiter Irrtum. Die Abstrahlung hängt nur von der Temperatur und der Farbe ab.

Farbe deswegen, weil ein Körper nur die Strahlen abgeben kann, die er auch aufnehmen kann. Du darfst den Begriff aber nicht wörtlich nehmen, es geht ja bei der Abstrahlung immer um Infrarot=Wärmestrahlung. Und auch da Luft fast farblos, Glas degegen schwarz. Um die komplizierten Unterscheidungen zu vermeiden, nimmt man als Beispiele immer „schwarze Strahler“, vielleicht schon mal gehört. Ich im Folgenden auch.

Aber zum Eigentlichen: Die Abstrahlung hängt von der vierten Potenz der Temperatur ab PUNKT Da ist es völlig egal, wo diese Abstrahlung landet oder Einstrahlung zusätzlich her kommt. Das heißt, der kältere Körper überträgt Wärme auf den wärmeren. Nur halt weniger als in Gegenrichtung.

Auf lange Sicht gleichen sich also Temperaturunterschiede durch Strahlung aus. Nur diese lange Sicht kann man hier nicht anwenden.

Die Erde wird tagsüber durch die Sonne aufgeheizt, wenn sie dann weg ist haben Boden und Luft eine viel zu hohe Temperatur für ein Gleichgewicht mit dem Weltall. Beide versuchen nach besten Kräften, ihren Wärmeüberschuss loszuwerden. Nur kann die Erde etc. das viel besser als die Luft. Wenn sie wesentlich kälter als die Luft ist, entzieht sie dann der Luft Wärme, durch Leitung und Konvektion.

Normal wird die Erde nicht mehr als ca. 5°C kälter als die Luft. Wenn allerdings durch günstig gelegene Hänge die Luft immer weiter vorgekühlt wird, entstehen solche Löcher wie dieses berühmte bei Berchdesgaden oder Oimjakon.

Gruß, Zoelmat

Gruss
Turmalin

(…) Der Beschlag bedeutet ja, dass
die Oberflächentemperatur des Glases aussen geringer ist als
diejenige der Luft (mal angenommen wir seien nicht im Nebel).

Gerade das aber würde ich betrachten: Kondensationskeime bei Luftfeuchtigkeit und nachts sinkenden Temperaturen. Gruß

Nun dämmert es langsam. Nun kann ich also meine Frage noch ausweiten. Warum ist der Beschlag tendenziell in der unteren Hälfte des Fensters grösser als in der oberen. Ich beobachte dies auch bei glatten Glasfassaden. Es kann also nicht am Rücksprung des Fensters innerhalb der Fensterleibung liegen. Der umlaufende, beschlagfreie Rand zwischen Fensterrahmen und Beschlagfeld dürfte durch die Wärmebrücke des Fensterrahmens zustande kommen. Das erscheint mir plausibel. Aber warum die beschlagfreie Fläche oben? Ist dies ein thermisches Phänomen?

Gruss
Turmalin

Nun dämmert es langsam. Nun kann ich also meine Frage noch
ausweiten. Warum ist der Beschlag tendenziell in der unteren
Hälfte des Fensters grösser als in der oberen.

Wenn du mein 2. Posting gründlicher gelesen hättest: vorgekühlt ist das Stichwort. Die Luft ist ja wärmer als die Scheibe, kühlt sich im Konakt mit der Scheibe ab und … sinkt nach unten. Am unteren Teil der Scheibe wirkt also kältere Luft als Wärmequelle. Wegen dieses Effekts ist es ja in klaren und windlosen Nächten in manchen Gebirgsmulden bis zu 20°C kälter als oben am Hang.

Diese Strömung der kalten Luft bewirkt auch, dass Fenster auch innen von unten beschlagen und Schimmel in den Wänden meist unten ist (sofern’s nicht am Dach liegt).

Hallo,

Zum Thema „Autoscheiben einfrieren“ gabs auch mal einen interessanten Beitrag bei Kopfball. In diesem wird das mit der Strahlung auch nochmal erklärt und gezeigt.

Warum friert im Winter beim Auto immer zuerst die Frontscheibe zu?
http://www.wdr.de/tv/kopfball/sendungsbeitraege/2010…

Schönes Restwochenende
Andreas

Ich stichele ja nur ungern (wer’s glaubt, wird seelig), aber gerade für solche Alltagsfragen ist entweder eine gute Messausrüstung und viel Zeit notwendig - und klare Winternächte, die hier in Norddeutschland noch Tage bis Monate aus sich warten lassen - oder solide Kenntnis der physikalischen Grundlagen gepaart mit einer gewissen Erfahrung, was die Gewichtung der Effekte angeht.

… Bei klarem Himmel
strahlt die Scheibe einen Teil ihrer Wärme direkt ins All ab
und das ist verdammt kalt.

Richtig, aber nicht zielführend. Die Wärme strahlt auf jeden Fall ab, ob sie das All erreicht, ist dafür erst mal total unwichtig.

In klaren Nächten erreicht wirklich ein größerer Anteil der Wärmestrahlung das All, und weniger wird von der Luft absorbiert. Aber entscheidenend ist, dass die Wolken in der Luft Wärme abstrahlen, auch wenn sie -50^C warm sind. Und in Kelvin ist der Unterschied zwischen -50°C und 0°C nicht so groß. Dass die Wolken durch die Erde auch erwärmt werden, ist daneben ein Sekundäreffekt, den ich nach meinem Bauchgefühl auch nicht als sehr groß einschätzen würde. Die feuchte nächtliche Atmosphäre hat bessere Wärmequellen als die Strahlung vom Boden, die immense latente Energie des Wasserdampfs z.B.

Die Luft beherrscht diesen Trick
nicht. Ihr stehen für die Abstrahlung nur die Banden der
Treibhausgase zur Verfügung

Soweit goldrichtig

und da kommt fast genauso viel wieder zurück.

Wenn man zurück als „in Gegenrichtung“ interpretiert, stimme ich überein, man sollte nur klarer sagen, dass dies keine Reflexion ist.

Man könnte sagen, dass sich die Luft und das
Glas bezüglich der Wärmebilanz in verschiedenen Umgebungen
befinden.

Da machst du mich nachdenklich, ob dieses Bild stimmig ist. Die Erde sieht das Weltall direkt, die Luft nur durch einige Spalte, die Emissions-/Absorbtionsbanden. Letztlich komme ich zum Schluss, dass dieses vereinfachte Bild einem Verständnis nicht förderlich ist.

Aber das ist nur eine didaktische Frage, fachlich bestehen keine Differenzen.

Aber entscheidenend ist, dass die Wolken in der
Luft Wärme abstrahlen, auch wenn sie -50^C warm sind.

Auf die Rückstrahlung bin ich ja bereis eingenangen. Für die Luft kommt die aus der unmittelbaren Umgebung. Für die Scheibe dagegen auch aus großer Höhe. Ob aus dem All oder aus hoch liegenden Wolken ist dabei in der Tat unerheblich.