Außenprüfung trotz bestandskräftigem Bescheid?

Hallo,

mal wieder eine Frage an die Steuerprofis - vielleicht könntet Ihr etwas Licht in folgenden Sachverhalt bringen? Vielen Dank schon jetzt!

Angenommen, das Finanzamt schickt einem Steuerpflichtigen Anfang 2009 eine Prüfungsanordnung gem. § 193 Abs. 1 AO für Einkommensteuer und Umsatzsteuer mehrerer Jahre.

Für eines der angegebenen Jahre sind die Bescheide jedoch - nach Ansicht des Steuerpflichtigen - bereits bestandskräftig:

  • Auf dem Umsatzsteuerbescheid (Datum: Anfang 2008) steht „Die am xx.xx. eingegangene Steueranmeldung steht einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Der Vorbehalt der Nachprüfung wird hiermit nach § 164 Abs. 3 AO aufgehoben“.

  • Auf dem Einkommensteuerbescheid (Datum: ebenfalls Anfang 2008) steht zwar: „Der Bescheid ist nach § 165 Abs. 1 Satz 1 und 2 AO teilweise vorläufig“, aber in der Erläuterungen bezieht sich die Vorläufigkeit auf mehrere lfd. Verfahren (Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen, Haushaltsbegleitgesetz 2004, Verfassungsmäßigkeit Solidaritätszuschlag, Aufwandsentschädigung der Mitglieder des Bundestages) sowie darauf, dass die Gewinnerzielungsabsicht noch nicht abschließend beurteilt werden kann.

Wie ist die Anordnung der Außenprüfung in Bezug auf diese Bescheide zu sehen?

Neue Tatsachen (§ 173 AO) haben sich hier nicht ergeben - oder sollen diese durch die Außenprüfung gefunden werden?

Und die Gewinnerzielungsabsicht kann ja rein durch die nachträgliche Prüfung der Buchhaltungsbelege (die EÜRs der Jahre sind dem Finanzamt ja bereits durch die Steuerklärungen bekannt) auch nicht speziell festgestellt werden.

Zudem enthält die Anordnung folgenden Hinweis: „Bei der Prüfung wird auch auf Sachverhalte geachtet, die für andere Steuerarten von Bedeutung sein können. Es bleibt vorbehalten, die Prüfung auf weitere Steuerarten und Zeiträume auszudehnen“. Ich denke, dies ist eine Standardformulierung, die wohl immer verwendet wird - oder?

Vielen Dank
und viele Grüße

Frank

Hallo,
Hallo,

Für eines der angegebenen Jahre sind die Bescheide jedoch -
nach Ansicht des Steuerpflichtigen - bereits bestandskräftig:

Bestandskraft heißt nicht gleich Verjährung.
Werden neue Tatsachen nach § 173 AO entdeckt, die zu einer höheren Steuer führen, so können diese trotz Bestandskraft, innerhalb der Fesetzungsfrist, ausgewertet werden.

Gleiches gilt selbstverständlich für aufgedeckte Steuerstraftaten wie Steuerhinterziehung und Steuerverkürzung.

Lediglich abweichende rechtliche Beurteilungen durch das Finanzamt sind durch die Bestandskraft geschützt.

Wie ist die Anordnung der Außenprüfung in Bezug auf diese
Bescheide zu sehen?:

Dass das Finanzamt mit neuen Tasachen rechnet oder rechnen kann.
Kann aber auch einfach nur sein, dass eine langjährige Gesamtwürdigung vorgenommen werden soll, obwohl das Finanzamt weiß, dass diese Bescheide nicht mehr änderbar sind.
Vielleicht sind diese Jahre im Zusammenhang mit der restlichen Prürung in engem Zusammenhang zu sehen und müssen deshalb nochmals angeschaut werden.

Neue Tatsachen (§ 173 AO) haben sich hier nicht ergeben - oder
sollen diese durch die Außenprüfung gefunden werden?:

Jeder Prüfer hofft immer auf neue Tatsachen.

Zudem enthält die Anordnung folgenden Hinweis: „Bei der
Prüfung wird auch auf Sachverhalte geachtet, die für andere
Steuerarten von Bedeutung sein können. Es bleibt vorbehalten,
die Prüfung auf weitere Steuerarten und Zeiträume
auszudehnen“. Ich denke, dies ist eine Standardformulierung,
die wohl immer verwendet wird - oder?:

ja

Gruß
Lawrence

Hallo,

vielen Dank für Deine Antwort!

Lediglich abweichende rechtliche Beurteilungen durch das
Finanzamt sind durch die Bestandskraft geschützt.

Wie ist denn da der Unterschied zwischen neuen Tatsachen und abweichender Beurteilung zu sehen?

Zum Beispiel:

  • ausgedruckte Online-Rechnungen werden nicht zum VSt-Abzug zugelassen

  • Frage ob GWGs/Anlagegüter tatsächlich betrieblich bedingt angeschafft wurden

  • Festlegung, dass Einkünfte nicht steuerbar sind (Ausland, Steuerpflicht des Rechnungsempfängers)

Ist die Bemängelugn solcher Belege durch den Prüfer eine neue Tatsache? Oder hätte das FA diese nicht vor Erlassen des Steuerbescheides ansehen können (bzw. hätte dann generell den Bescheid für vorläufig erklären müssen)?

Viele Grüße
Frank

Hallo,

genau so was sind so typische Streitfälle, die sich hier in diesem Forum ohne Akteneinsicht gar nicht beurteilen lassen.

Das Finanzamt wird immer die Tasache als „neu“ bezeichnen. Der Geprüfte wird immer widersprechen.

Ich kann nur empfehlen, solche Prüfungen nicht ohne professionelle Hilfe durchzuführen.
Der Steuerberater will zwar Geld für seine Dienste, aber durch Rechtssicherheit und Verhandlungsgeschick holt er meist mehr raus, als dass er selbst kostet.

Gruß
Lawrence