Hi Booze,
ok, es sind natürlich viele subjektive Sachen, die ich schrieb, und ich stecke nicht im Gehirn jedes Pianisten. Ich gehe in erster Linie davon aus, dass ich schon ein optisches Hände-Tasten-Bild vor mir habe, wenn ich auf dem Klavier auswendig spiele, auch wenn ich nicht mehr bewusst jeden Finger auf jeder Taste wahrnehme, das erlaubt ja ein schnelles Stück nicht mehr.
Und einen einzelnen Melodieverlauf auf dem Cello konnte ich mir seit jeher einfach schlechter merken.
Du sprichst jetzt aber vom Kammermusiker, oder? Bei einem
Violinkonzert muss ich als Solist auch meine Pausen kennen und
dazu noch wissen, was das Orchester spielt.
Ein Solokonzert wird auch fast immer auswendig gespielt, oder? Auch von Melodieinstrumentlern. Mir fiel ehrlich gesagt, keine Vortragsart ein, bei der der Pianist auswendig spielt und die anderen nach Noten. Nur Soloabende. Und in denen spielt ein Pianist meist seine Stücke alleine und grundsätzlich auswendig, und der Geiger einfach oft eine Geige-Klavier-Sonate, was eigentlich ja schon Kammermusik ist.
Ich sehe meine Klaviertasten nicht so oft. Wenn ich auswendig
spiele schaue ich nicht ständig auf die Tasten, die würden
mich bloß verwirren 
also ich schon… Hin und wieder an die Wand gegenüber, aber im Großen und Ganzen ist der Blick auf der Tastatur.
Beim Üben „lernen“ die Finger zunächst ja mal wo sie hin
müssen, das ist eher ein haptisches Lernen. Dazu kommt dann
noch das Erlernen des Notentextes. Aber die gedrückten Tasten
merke ich mir nicht optisch.
Ich denke, auswendig lernen ist haptisches, textliches, otisches UND auditives Lernen. Der eine kann das besser, der andere das. Ich kenne Leute, die immer den kompletten Notentext vor dem inneren Auge haben. Ich selber hab in erster Linie das Stück im Ohr, dann in etwa die Tasten vor Augen und „in den Fingern“ (also haptisch), erst zur letzten Absicherung (unbewusst) die Noten.
Das lässt sich einrichten, da habe ich schon sehr viel
erfindungsreiches gesehen.
Ach komm, nicht bei einer Liszt-Etüde, wo sollst du da blättern, und wo sollst du da hinschauen, wenn nicht auf die Tasten?
- noch was zur Kammermusik: die ist oft so geschrieben, dass
der Pianist nach Noten spielen kann. Da hat auch er mal
Pausen, in denen er die Stimmen der anderen verfolgen muss, in
denen er mal blättern kann.
Leider sind bei den meisten Stücken die Pausen nicht in
regelmäßigen zweiseitigen Abständen.
Das ist mir klar. Da behilft man sich mal mit kopierten 2 Zeilen, die angeklebt werden. Oder man lässt die rechte Hand weg für einen Takt, geht in der Kammermusik, solistisch nicht.
Es gibt Musiker, die spielen Musik des 20. Jh. auswendig, von
der ich auch nicht gerade behaupten würde, dass sie ins Ohr
geht.
Da wär ich mir aber nicht wirklich sicher, dass sie auch immer die „richtigen“ Töne spielen… 
Das glauben meine Schüler auch immer, und beim nächsten
Vorspiel haut es sie an der erstbesten Stelle raus, weil sie
die Noten nicht im Kopf haben. Glücklich der, der das Stück
trotzdem durchbekommt.
Klar, man muss auch üben, Einstiegsstellen zu haben. Menschen sind ja unterschiedlich sicher. Tatsache ist aber, dass ein Pianist vergleichsweise locker an so einer Einstiegsstelle wieder reinkann, während ein Geiger, der eine Sonate mit Klavierbegleitung spielt, den Pianisten erst aufhören lassen müsste, dann müssten sie sich auf offener Bühne auf eine gemeinsame Einstiegsstelle einigen, die schon zu nennen auswendig schwer sein dürfte (wer weiß schon die Taktzahlen auswendig?).
Insofern hast du hiermit natürlich schon sehr recht:
Meiner Meinung nach hängt es nur mit der solistischen Stellung
zusammen, warum auswendig gespielt wird.
Ich glaube trotzdem nicht an das „nur“, aber auf ein „in erster Linie“ könnte ich mich einigen 
Gruß
Judith