Auswendig spielen

Hallo,

ich spiele ja nun schon ziemlich lange Klavier und klebe vom ersten Tag an sozusagen an den Noten. Vom Blatt spielen ist überhaupt kein Problem für mich. Doch nimmt man mir die Noten weg, ist es vorbei mit der Kunst.

Hat irgendjemand einen Tipp für mich wie ich ein bisschen mehr auswendig spielen kann? Wie übt ihr das? Spielen die Finger „von allein“ oder wisst ihr im Kopf welcher Ton kommen muss? Es sollen keine ganzen Sonaten sein, aber so der ein oder andere Song wäre schon schön.

Improvisieren, also komplett frei spielen, geht übrigens. Aber da ist es ja auch jedesmal ein neues Werk, das entsteht.

Herzliche Grüße
Findus

Hallo Findus,

zumindest wenn man nicht mehr ganz jung ist, muß man sich das taktweise ins Hirn bringen, in überschaubaren Abschnitten, also jeweils etwa drei bis fünf Takte einprägen und üben.

Ich habe ein fotografisches Gedächtnis, wenn ich die Noten vor meinem inneren Auge habe, wird es leichter. Da verschwinden sie aber auch wieder, wenn ich sie gelernt habe, denn dann ist der nächste Zustand erreicht:

Spielen die Finger „von allein“ oder wisst ihr im Kopf
welcher Ton kommen muss?

Wenn die Noten erstmal gespeichert sind, spielen die Finger von allein, der Kopf denkt nicht mehr drüber nach. Im Gegenteil, fängt man an, nachzudenken, verunsichert das leicht die Direktkopplung Hirn-Finger.

Das geht natürlich mit zehn Jahren viel besser als mit 40, aber nur Geduld, das wird schon.

Grüße,
MrsSippi

Hi

Ich hatte ca 10 Jahre Klavierunterricht und ich muss sagen, ich beneide dich etwas. Ich kann nämlich sehr schlecht vom Blatt ablesen.
Sobald aber ein Lied „drin“ ist, d.h. ich hab es einmal richtig „gefühlt“, dann vergesse ich es kaum wieder. Dann muss ich höchstens einmal die Noten anschauen, um zu wissen, wo es anfängt etc. aber dann kommt es ganz schnell zurück.

Ich muss auch sagen, ich habe ein gutes Gehör für Melodien und Rhythmus. Es „fließt“ einfach in die Hände. Ich kann es schwer beschreiben und noch weniger sagen, wie man es am besten übt.

Aber ich glaube, dass frei spielen und Improvisieren schon ziemlich gut ist.

Grüße

Laralinda

wenn ich die frage und die antworten durchlese, bestätigt das meine vermutung, daß jeder in diesem punkt anders ist und anders vorgeht.

ich selbst kann stücke in der regel auswendig, bevor ich sie überhaupt fehlerfrei spielen kann. für mich ist das auswendig spielen eine mischung aus harmonisch-melodischem verständnis, erkennen von formzusammenhängen, natürlich einer portion hören und auch „fingergedächtnis“.

ich hab das nicht extra trainiert, bei mir hat es sich schon allein deswegen entwickelt, weil ich beim spielen (heute noch, aber früher noch mehr) sehr viel auf meine finger schauen muß(te). die meiste zeit schau ich also nicht in die noten, höchstens immer wieder mal zwischendurch. auch für mich war es trotzdem eine hemmschwelle, ohne noten zu spielen, aber wenn ich sie dann weggelegt habe, war es kein problem.

ein trick beim auswendiglernen jeglicher art ist das erzeugen von größeren zusammenhängenden einheiten. eine beliebige buchstabenkombination ist schon ab 7-8 buchstaben schwer zu merken, weil man sie sich zeichgen für zeichen merken muß, aber wenn man aus buchstaben wörter, daraus sinnvolle floskeln oder ganze sätze zusammensetzt, geht das auswendig lernen wesentlich leichter.

so ist es auch in der musik. eine ganze mozart-sonate ton für ton ist natürlich sehr viel information zum merken, aber wenn man die töne im großen zusammenhang sieht, reduziert sich dadurch die notwendige merkleistung. ganz abgesehen davon, daß es für die interpretation ebenfalls zuträglich ist, wenn man versteht, was man spielt, ergeben sich durch das musikalische verständnis plötzlich ganze phrasen oder abschnitte, die man sich ganz leicht merken kann.

Ideen

ich selbst kann stücke in der regel auswendig, bevor ich sie
überhaupt fehlerfrei spielen kann. für mich ist das auswendig
spielen eine mischung aus harmonisch-melodischem verständnis,

Idee: Analysiere die Akkorde (Klavier: meist linke Hand) und schreibe sie unter die Noten.

erkennen von formzusammenhängen

Idee: Eigene Notation für Modulationen ausdenken

natürlich einer portion hören und auch „fingergedächtnis“.

Bei geübten Musiker finden viele „typische“ Bewegungen trainiert im vegetativen Nervensystem quasi automatisch statt.

ich hab das nicht extra trainiert, bei mir hat es sich schon
allein deswegen entwickelt, weil ich beim spielen (heute noch,
aber früher noch mehr) sehr viel auf meine finger schauen
muß(te).

Hmm.

die meiste zeit schau ich also nicht in die noten,
höchstens immer wieder mal zwischendurch. auch für mich war es
trotzdem eine hemmschwelle, ohne noten zu spielen, aber wenn
ich sie dann weggelegt habe, war es kein problem.

Applaus (ist auch das Brot des Künstlers)

ein trick beim auswendiglernen jeglicher art ist das erzeugen
von größeren zusammenhängenden einheiten. eine beliebige
buchstabenkombination ist schon ab 7-8 buchstaben schwer zu
merken, weil man sie sich zeichgen für zeichen merken muß,
aber wenn man aus buchstaben wörter, daraus sinnvolle floskeln
oder ganze sätze zusammensetzt, geht das auswendig lernen
wesentlich leichter.

Ja! Die Lerntheorie der Psychologie sagt, dass man sich stressfrei(!) 7 unzusammenhängende Einzelheiten (z.B. Telephonnummer) merken kann.

Wennd diese unzusammenhängenden Einzelheiten jetzt Akkordbezeichnungen sind, kann man sich schon mal über 2 - 8 Takte retten. (Blues ist da natürlich total einfach *g*)

so ist es auch in der musik. eine ganze mozart-sonate ton für

Ahem. Wenn man sich traut, kann man für den Hausgebrauch auch bei Mozart die Begleithand einfach in irgendwelchen tonal/akkordisch passenden Tönen bewegen.

Beim Albinoni hab ich das mal vor Jahren so gemacht. Akkorde unter die linke Hand notiert und den Abwärtsgang der Akkorde im Kopf behalten. Btw: bei vielen Jazz-Nummern ist die Akkordfolge so ein „das Griffbrett runterrutschen“. Nur mal am Rande.

Nichtsdestotrotz: Übung macht den Meister

Gruß

Stefan