Bakterienanalyse

Hallo zusammen,
was haltet Ihr von einer Bakterienanalyse im Zusammenhang mit einer parodontologischen Behandlung ( deep scaling), und zwar einmal vor der Behandlung und dann noch einmal 6 Wochen danach. Da der Patientin kurz vor der Behandlung Azithromycin verordnet wurde, müssten ja die Bakterien eigentlich alle tot sein.
Die Begründung für die erneute Analyse lautete: Man könne dann im Vergleich zu der ersten Analyse feststellen,in welchen Abständen der Patient zur regelmäßigen Zahnreinigung kommen müsse. Ist dem so oder handelt es sich hier um reine Abzocke? Die Analysen muss der Patient selbst bezahlen.

Vielen Dank für Eure Antworten
LG
Malu

Die Begründung für die erneute Analyse lautete: Man könne dann
im Vergleich zu der ersten Analyse feststellen,in welchen
Abständen der Patient zur regelmäßigen Zahnreinigung kommen
müsse. Ist dem so oder handelt es sich hier um reine Abzocke?

Servus Malu,

das klingt schon sehr nach Übertherapie, wenn nicht besondere internistische Gründe (z.B. Diabetes) dazu Anlass geben. Die Analyse des bakteriellen Spektrums zum Tatktgeber für die Behandlungsintervalle machen zu wollen, ist ein Gedanke, den ich so noch nicht gefunden habe. Hier sind einige der angesprochenen Aspekte ganz gut erklärt:

http://www.dr-schulte.ch/parodontose/parodontitis-di…

Der Einsatz von Azithromycin ist in therapieresistenten Fällen eine Alternative

http://perio.quintessenz.de/index.php?jid=perio&doc=…

. . . aber Breitbandantibiotika routinemäßig und ohne wohlabgewogene internistische Gründe einzusetzen, ist schon deshalb bedenklich, weil solches Vorgehen resistente Bakterienstämme schafft.

Zum Einsatz von Antibiotika findest Du hier erschöpfende Antwort:

http://www1.umn.edu/perio/dds6113/Chemo_Perio_II.pdf

Dieser Satz hier gibt mein Wissen über den unspezifischen Einsatz von Antibiotika in der Parodontaltherapie wieder:

„No periodontal therapy can selectively eliminate specific bacteria from deep pockets. Mechanical therapy may disturb the subgingival ecosystem as a whole. The role of antibiotic therapy in the Tx of periodontitis concluded that no additional benefit could be measured over and above mechanical Tx in the long term“

Auch der generelle Einsatz eines Tests zur Bestimmung der Bakterien, die im Biofilm auf der Wurzeloberfläche sitzen, ist nicht durch Evidenz erhärtet.

http://www.utoronto.ca/dentistry/newsresources/evide…

Fazit: wenn es sich um eine 'Feld-, Wald- und Wiesen-Parodontitis bei einer internistisch unauffälligen Patientin handelt, wird hier IMHO mit Kanonen auf Spatzen geschossen.

Gruß

Kai Müller

Hallo Kai,

herzlichen Dank für Deine prompte Antwort und für die wirklich hervorragenden informativen Links, die ich mit großem Interesse gelesen habe.

LG
Malu

Hallo Kai,

Die Rolle der mikrobiologischen Testung kann man diskutieren, aber eine adjuvante Behandlung mit Antibiotika hat heute sicher ihren festen Platz in der Behandlung schwerer oder aggressiver Parodontitiserkrankungen (ob eine solche beim UP vorliegt wissen wir nicht).

Siehe hierzu das Statement der DGZMK:
http://www.dgzmk.de/zahnaerzte/wissenschaft-forschun…

oder auch hier die (in etwas gleichlautende) Stellungnahme der DGP
http://www.dgparo.de/content07/w_stellung.html

Viele Grüße Christian

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Hallo

Hallo zusammen,
was haltet Ihr von einer Bakterienanalyse im Zusammenhang mit
einer parodontologischen Behandlung ( deep scaling), und zwar
einmal vor der Behandlung und dann noch einmal 6 Wochen
danach. Da der Patientin kurz vor der Behandlung Azithromycin
verordnet wurde, müssten ja die Bakterien eigentlich alle tot
sein.

Vielleicht muss man zum besseren Verständnis etwas ausholen

Die Parodontitis ist keine Erkrankung mit einem bestimmten Bakterium, das man elimineren könnte und dann wieder gesund ist (wie bei herkömlichen Infektionen).

Spezielle Bakterien, die auch bei gesunden Individuen im Mund vorkommen, vermehren sich in den Bedingungen, die sie im Zahnbelag am und vor allem unterhalb des Zahnfleischs vorfinden über die Maßen. Diese Bakterien sind letztlich die Ursache der Parodontitis.
Man bekämpft sie hauptsächlich indem man den Belag entfernt (deep scaling). Bei schweren und/oder rasch fortschreitenden Parodontiden kann man ergänzend eine antibiotische Therapie durchführen, die sich dann speziell gegen die Parondtitis-aktiven Keime richtet. Welche das sind kann vorher mit Hilfe eines Tests bestimmt werden.

Manche dieser Keime wird man versuchen zu eliminieren, bei den meisten ist dies schlicht unmöglich. Wenn sich jedoch die Zahl drastisch reduziert ist die Behandlung erfolgreich.

Die Begründung für die erneute Analyse lautete: Man könne dann
im Vergleich zu der ersten Analyse feststellen,in welchen
Abständen der Patient zur regelmäßigen Zahnreinigung kommen
müsse. Ist dem so oder handelt es sich hier um reine Abzocke?
Die Analysen muss der Patient selbst bezahlen.

Die Idee ist verführerisch, aber dafür ist der Test alleine nicht aussagekräftig genug. Wenn die Behandlung erfolgreich war, so lässt sich das auch gut anhand der Entzündungswerte und der Taschentiefen erkennen. Wenn die Behandlung nicht erfolgreich war, dann muss man nach den Ursachen forschen und dann kann unter Umständen ein Test zusätzliche Information bringen.

Die Abstände der Nachsorge sollten anhand des individuellen Risikos bestimmt werden, und da gibt es einige Faktoren zu bedenken.

Viele Grüße Christian