Spinnendesensibilisierung
Hai, Elisabeth,
zunächst mal ein kurzer Exkurs, wie ich von der begeisterten Spinnen-Fängerin zur Phobikerin wurde: ich war 11, als wir ins Berliner Aquarium gingen. Dort hatten wir das Glück, der Fütterung der Achtbeiner beizuwohnen und vom Pfleger jede Menge Detailwissen verpasst zu bekommen, z.B. „…diese Spinne ist eine der wenigen tötlichen Arten - wir haben extra ein Antidot hier, ins Krankenhaus zu fahren, würde zu lange dauern…“
Wenige Tage danach brachte mein Vater, der zu der Zeit frühmorgens auf dem Fruchtmarkt arbeitete, eine Bananenstaude mit. Als ich kurz danach aufstand, um mich zur Schule fertigzumachen, robbte plötzlich so ein Vieh genau zwischen meinen Füßen durch unter den Nachtisch - und ich erkannte die Spinne - und mir geisterte der Spruch des Pflegers durch den Kopf - ich schrie…
…und wiederum ein paar Tage später erfuhr ich dann, daß aus dem Schreck in der Morgenstunde eine Phobie entstanden war: ein Klassenkamerad setzte mir eine harmlose Kreuzspinne auf die Schulter und ich flippte total aus und verdrosch ihn - den stärksten Jungen unserer Klasse…
…und ich konnte keine Räume mehr betreten, von denen ich wusste, daß eine Spinne drin sitzt…
…und ich konnte kein Buch anfassen, von dem ich wusste, daß das Bild einer Spinne drin ist…
Wie ich meine Arachnophobie unter Kontrolle bekam:
Schritt 1: mein Bruder musste mir das Bild einer Spinne ins Zimmer hängen - soweit hinter dem Schrank, daß gerade noch ein Bein zu sehen war. *grusel* Langsam gewöhnte ich mich an den Anblick dieses Spinnenbeines und mein Bruder musste das Bild etwas sichtbarer hinhängen. Irgendwann konnte ich mir das Bild ansehen, ohne Herzrasen zu bekommen.
Schritt 2: Filme über Spinnen. Es gibt da einen genialen Zweiteiler von Stern - den sah ich mir an. Na gut, bei ersten Versuch sah ich mir 5 Minuten an, bevor es zuviel wurde - aber nach einigen Anläufen, konnte ich die ganze Dokumentation ohne Panik-Anfall sehen.
Schritt 3: Wieder die Dokumentation über Spinnen - diesmal aber mit Bildschirm anfassen.
Schritt 4: in der freien Natur (also ohne Scheibe dazwischen) Netzspinnen betrachten (die bleiben freundlicherweise in ihren Netzen sitzen)
Schritt 5: am Netz wackeln
Ab Schritt 4 konnte ich Netzspinnen auch im Raum ertragen, nachdem ich mich zu Schritt 5 durchringen konnte, zog eine Spinne in meinem Büro ein und ich begann sie zu füttern. OK - meine Kollegen hielten mich für ziemlich verrückt, wenn ich wiedermal auf Fliegenjagd war („NICHT totschlagen!“) und Egon fütterte, aber mir half’s.
Heute versucht die Panik nur noch kurz hochzukochen, wenn mir mal so ein Spinnentier unerwartet auf die Hand fällt (auf’m Balkon, oder so), was lustigerweise dazu führt, daß mir 'ne Riesennetzspinne im Aquarium nichts mehr ausmacht, ich aber immernoch soetwas wie Furcht empfinde, wenn mir eine 1,5 mm große Springspinne über den Weg läuft hüpft.
Vielleicht hilft diese Methode Dir ja auch - glaub mir, es ist zwar anstrengend, aber es lebt sich entspannter so.
Gruß
Sibylle