Barbier-Paradoxon kein Paradoxon?

Hallo allerseits,

bis vor wenigen Stunden war ich überzeugt, dass folgender bekannter Satz einen Widerspruch enthält:

Der Barbier rasiert alle, die sich nicht selbst rasieren.

Ich bin allerdings fast vom Hocker gefallen, als mir bewußt wurde (oder jedenfalls: zu werden schien), dass der Satz überhaupt keinen Widerspruch enthält. Denn wenn der Barbier sich selbst rasiert, was soll’s? Schließlich heißt es ja nirgendwo zusätzlich, er rasiere nur solche, die sich nicht selbst rasieren.

Es gibt bei dem Barbier-Gleichnis ja die Problematik der zeitlichen Komponente, die das ganze zu komplex werden lassen könnte. Deswegen will ich mal ein anderes Bild benutzen:

Die Sonne strahlt im Sonnensystem alles an, was sich nicht selbst anstrahlt

(Denken wir uns der Einfachheit halber, dass etwas sich auch selbst anstrahlen kann, so wie man sich auch selbst rasieren kann - genau genommen geht das ja auch, da die Planeten das Licht ja zurückwerfen:smile: Wenn die Sonne sich nun auch noch selbst anstrahlt, wo ist da der Widerspruch?

Grüße,

Mohamed.

Paradoxa
Hallo Mohamed,

Paradoxa gelten selbstverständlich immer nur unter ihren Randbedingungen, auch wenn diese nur verkürzt oder gar nicht mitgeteilt werden (in der Regel aus Bequemlichkeit). Ein solches Ausweichargument lässt sich für jedes Paradox finden, aber diese Ausweichargumente treffen wegen des oben genannten Sachverhalts den eigentlich paradoxen Kern nicht.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Hallo Mohamed,
das erste was mir persönlich sofort in den Sinn kam, war ja: Stimmt sowieso nicht, da er mich nicht rasiert, denn ich trage Vollbart.
Gruss, Branden

Häh?
Hallo!

Der Barbier rasiert alle, die sich nicht selbst
rasieren.

Ich sehe in diesem Satz nicht einmal den Ansatz zu einem Paradoxon. Bin ich nun schlichtweg dumm, oder denke ich philosophisch zu einfach?

fragende Grüße

Dirk

Angeblicher Widerspruch

Hallo Dirk,

ich musste mich auch ganz schön bemühen, um den Widerspruch zu finden -und mal war er da, und dann war er wieder weg, und dann war er wieder da, und wieder weg.

Jetzt ist er (vorerst) endgültig weg. Gemeint war, dass wenn der Barbier ALLE „Nichtselbstrasierer“ rasiert, dann muss er sich ja auch selbst rasieren. Sobald er sich aber rasiert, ist er kein „Nichtselbstrasierer“ mehr.

Das soll ein Widerspruch sein.

Sprachlich gesehen ist es aber kein Widerspruch, da der Satz, er rasiere alle „Nichtselbstrasierer“, auch dann erfüllt ist, wenn er zusätzlich sich selbst rasiert. (Besser gesagt, er kann nur dann erfüllt sein, wenn er sich selbst rasiert, obwohl das nicht explizit gefordert ist.)

Ein Widerspruch tritt erst bei folgendem Satz zutage:

Der Barbier rasiert alle, die sich nicht selbst rasieren, und niemanden sonst.

Nach meiner Meinung handelt es sich hier nicht um das von Thomas Miller unterstellte „Ausweichargument“, obwohl es von solchen bezüglich der genannten Antinomie viele gibt, und das sind dann wirklich nur „Ausreden“, z.B. man müsse ja erst das Geschlecht des Barbiers bestimmen, oder fragen, ob er sich in seiner Freizeit rasiert oder in seiner Arbeitszeit, oder nach dem Geschlecht der Kunden fragen usw. usf. Alles irrelevantes Zeug, das nicht das Prinzip berührt.

Meine Kritik berührt zwar auch nicht das Prinzip, auf das Russell mit dem Gleichnis hinaus wollte (Eigenschaften selbstbezüglicher Mengen), aber sprachlogisch gesehen bin ich von der Schwäche des Gleichnisses oder seiner Formulierung enttäuscht.

Viele Grüße,

Mohamed.