Barockgesang

Hallo!
Ich habe ein wenig gegoogelt, finde aber keine Seite, die mir erklärt, worauf beim Barockgesang zu achten sind, welche Besonderheiten er aufweist. Ich fange im Gesangsunterricht eben erst damit an, meine GL hat mir z.B. gesagt, man dürfe keinesfalls in Tönen „baden“. Was gibt es sonst noch zu beachten?

Gruß,
Eva

Hallo newcallas,
deine Gesangslehrerin meint wahrscheinlich, dass du nicht zu viel Vibrato einsetzen sollst, weil das angeblich in der Barockmusik verpönt war. Diese Meinung ist jedoch umstritten. Das wird, wie ich finde, gut in dem folgenden thread deutlich:

http://www.voce.de/wbboard/thread.php?boardid=31&thr…

Schau mal rein. Vor allem die Auseinandersetzung mit dem Zitat

„Unter den Dingen, welche zu thun strengst zu unterlassen sey, sey zufürderst das Vibriern der Stimmen genannt, was sich bei Pfeyffern und Spielleut allzumahl findet.“

finde ich interessant.
Wichtig in Zusammenhang mit dem barocken Gesangsstil ist auch der Begriff „Belcanto“. Schau mal dazu bei Wikipedia nach. Da findest du u.a. ein paar Merkmale.
Der Belcanto entwickelte sich aus der „nobile maniera di cantare“ von Caccini und Peri (um 1600). Improvisationen, v.a. Verzierungen, spielen dabei eine große Rolle. Eine bestimmte Technik der Vorschläge und das sog. „Messa di voce“ (das An- und Abschwellen des Tones ohne Tonhöhenveränderung) waren ebenfalls wichtig.
Die Stimme sollte beweglich und ausgeglichen sein. Erst bei Rossini wurde dieses Stimmideal langsam verdrängt, und Verdi forderte gar eine bewusst deklamatorischen, dramatisch akzentuierte Singweise. Wagner setzte dann dem Belcanto sein melodisch-deklamatorischen „Sprechgesang“ entgegen. Mit dieser Entwicklung einher ging der Trend zu einem betonten Vibrato.
Und den will dir deine Gesangslehrerin wohl abgewöhnen…
Ob Vibrato oder nicht, am wichtigsten wäre für mich die Singfreude. Das Singen muss ein Genuss sein. Schiet auf „historische Aufführungspraxis“, die ohnehin sehr zu hinterfragen ist. Und außerdem: Du wirst ja wohl nicht gerade eine Händel-Arie auf CD veröffentlichen, oder?
Dennoch, nimm den Hinweis deiner Lehrerin ernst. Schließlich nutzt es dir langfristig, wenn du deine Stimme mehr oder weniger auf die unterschiedlichen Stile einzustellen lernst.
Gruß,
lynndinn

Hallo, lynndinn!

deine Gesangslehrerin meint wahrscheinlich, dass du nicht zu
viel Vibrato einsetzen sollst,

Ich habe die Unart, die Endtöne zu lange zu halten, das hat sie wohl gemeint :smile: Z.B. übe ich z. Zt. mit ihr „Music for a While“ von Purcell und ihre Ermahnung kam bei den „schall all, all, all“ etc., da gehe ich nicht schnell genug raus, sondern „bade“ in dem letzten „all“. Sie meinte, das liefe dem barocken Gesangsstil absolut zuwider. Daraufhin bin ich hellhörig geworden und möchte nun wissen, worauf ich noch achten muss. Unterricht habe ich erst näxten Montag wieder, da werde ich bei GL noch nachhaken.

Singfreude. Das Singen muss ein Genuss sein. Schiet auf
„historische Aufführungspraxis“, die ohnehin sehr zu
hinterfragen ist.

Da gebe ich Dir recht, Singen muss Freude bereiten, das selber tun und auch das Zuhören. Der rechte Genuss kommt auch bei letzterem nur auf, wenn man spürt, das der Vortragende sich selber wohlfühlt.

Und außerdem: Du wirst ja wohl nicht gerade
eine Händel-Arie auf CD veröffentlichen, oder?

Wenn mich jemand bittet, würde ich mich breitschlagen lassen *g*. „He was despised“, vielleicht. Die Arie kommt meinem tiefen Alt zupass.

Dennoch, nimm den Hinweis deiner Lehrerin ernst. Schließlich
nutzt es dir langfristig, wenn du deine Stimme mehr oder
weniger auf die unterschiedlichen Stile einzustellen lernst.

O ja, das lerne ich :smile: Momentan bediene ich Purcell, Händel und Grasshoff/Zehm.

Danke Dir für Deine großartige Info. Den Link werde ich mir gleich zu Gemüte führen.

Gruß,
Eva