Zur Absicherung eines privaten Hauskaufs wird ein Sachverständiger empfohlen, um den Verkehrswert oder auch den Gesamtzustand der Immobilie zu bewerten!
Ist dies sinnvoll? Wenn der Sachverständige einen Mangel nicht erkannt hat, kann ich von ihm Schadensersatz verlangen, da er seine Arbeit nicht ordnungsgemäß ausführte? Reicht ein Privatgutachten eines Fachmanns oder sollte es ein öffentlich bestellter Sachverständiger sein? Wo genau liegt der Unterschied?
Was gehört alles in dieses „Wertgutachten“?
Hallo Mike!
Zur Absicherung eines privaten Hauskaufs wird ein Sachverständiger empfohlen, um den Verkehrswert oder :auch den Gesamtzustand der Immobilie zu bewerten!
Ein Wertgutachten ist immer nur eine Schätzung. Schließlich ist der Wert einer beliebigen Sache genau der Preis, den ein Käufer zu zahlen bereit ist. In solche Schätzung fließen natürlich auch der Gesamteindruck der Immobilie und ein paar Austattungsdetails ein, aber insbesondere die Lage eines Objekts. Ich wähle zur Verdeutlichung ein Extrembeispiel: Im Naturreservat am Schaalsee ist ein zugewuchertes Grundstück zu bewerten. Die Gegend ist ein Paradies, Baugenehmigungen gibt es nicht. Auf dem Grundstück finden sich die Reste einer Bodenplatte, ein paar traurige Mauerstümpfe und ein Haufen verschimmelter Balken, im Grunde nur Schutt. Aber das „Haus“ hat Bestandsschutz, wird selbstverständlich saniert (was kompletten Neubau bedeutet) und für das Fleckchen Erde direkt am Ufer des Sees mit den Resten einer zuletzt vor einem halben Jahrhundert bewohnten Ruine findet man auf Anhieb Käufer, die einen 7stelligen Betrag dafür bezahlen. In einem Gutachten des Gutachterausschusses des Landkreises wird mit Unterschrift und Siegel ein Betrag genannt, der nur dem Gegenwert eines gebrauchten Kleinwagens entspricht.
Wertgutachten liefern einen Anhaltspunkt und sagen aber letztlich nichts darüber aus, was ein Käufer tatsächlich zu zahlen bereit ist. Einer findet das Einkaufszentrum und die Bushaltestelle direkt gegenüber verkehrsgünstig, während ein anderer dort nicht einmal einzieht, wenn man ihm Geld dazu bezahlt. Makler oder Immobilienabteilungen von Banken werden gegenüber Kaufinteressenten immer auf das Wertgutachten verweisen und versuchen, ihm die Bedeutung eines amtlich festgelegten Preises zuzumessen. Das ist natürlich Quatsch, solches Gutachten ist nur ein Stück Papier und Preise bilden sich immer nur am Markt. Für Standardhäuser in durchschnittlichem Zustand und in einer Lage, in der sich über lange Zeit ein bestimmtes Preisniveau gebildet hat, kann im Wertgutachten ein Preis auftauchen, der tatsächlich erzielt wird.
Ist dies sinnvoll?
Es gibt Situationen, in denen ein Wertgutachten hilfreich sein kann, z. B. im Erbfall, wenn ein Erbe die Immobilie selbst nutzt und die anderen Erben anteilig auszahlen soll. Wer Wertgutachten Glauben schenkt und daraufhin z. B. in ein Vermietobjekt investiert, statt sich selbst ein Urteil zu bilden, dem ist allerdings nicht zu helfen.
Wenn der Sachverständige einen Mangel nicht erkannt hat, kann ich von ihm Schadensersatz verlangen, da er :seine Arbeit nicht ordnungsgemäß ausführte?
Das ist ein anderer Fall. Für ein Wertgutachten ist kein Architekt oder Statiker in den letzten Winkel des Hauses gekrochen, hat keine Fußbodenbretter hochgenommen, um zu gucken, wie Deckenbalken aussehen, hat nicht an der Außenwand gegraben, um den Zustand eines Details zu erkunden, hat keine Kontrollschächte der Abwasseranlage geöffnet u. v. m… Wenn man einen Architekten oder Statiker mit einem Gutachten über den Zustand eines Hauses beauftragt, wird er für seine Aussagen haften. Er wird aber nicht für Wertangaben haften, denn kein Mensch kann dafür haften, was andere zu zahlen bereit sind. Wenn man einen Architekten in die Haftung nehmen will, wird das Gutachten entsprechend kostspielig. Der Gutachter kann eben nur für Dinge haften, die er mit eigenen Augen gesehen hat. Deshalb wird es immer Ausschlüsse und damit verbundene Restrisiken geben. Das heißt im Klartext, daß man mit dem Vorsatz, andere Leute für eigene Lebensrisiken in die Haftung nehmen zu wollen, nicht weit kommt. Selbst wenn man eine Kamera durch ein Abwasserrohr fahren läßt, kann man nicht ausschließen, daß morgen eine auf das Rohr drückende Wurzel Schaden anrichten wird. Unter das Fundament kann man nur mit hohem Aufwand oder gar nicht gucken. Was hinter irgend einer Verkleidung los ist, kann man erst beurteilen, wenn man die Verkleidung abgerissen hat. Außerdem muß man vorher klipp und klar sagen, was man mit dem Gutachten anstellen will. Ein Gutachten, das nur den momentanen Zustand berücksichtigt, sieht ganz anders aus als ein Gutachten, das Grundlage für Umbaumaßnahmen sein soll.
Der Rat eines Architekten ist vor dem Kauf einer Immobile unbedingt empfehlenswert. Wer die zumeist größte Investition seines Lebens tätigt und dafür fast den ganzen Rest seines Lebens Darlehensverpflichtungen eingeht, sollte das nicht blind tun. Wenn nämlich zum Kaufpreis überraschend noch einmal der gleiche Betrag oder mehr für Sanierungen fällig wird, kann das den Käufer in den Ruin führen. Oder würdest Du bemerken, daß der für viel Geld angebotene Klinkerbau tatsächlich nur eine als Notunterkunft zusammengenagelte Baracke ist, die nachträglich ummauert wurde und nicht einmal ein richtiges Fundament besitzt? Oder würdest Du erkennen, daß das billig geschossene, nagelneue Schnäppchen aus der Masse des pleite gegangenen Bauträgers gar keine Feuchtigkeitssperren hat, von osteuropäischen Billigarbeitern zusammengepfuscht wurde und abrissreif ist? Würdest Du erkennen, daß das bestens gepflegt aussehende Häuschen aus den 70ern ein Sanierungsfall ist? Würdest Du erkennen, daß der heruntergekommen aussehende Kasten aus den 20er Jahren mit lohnenswertem Aufwand zum Niedrigenergiehaus mit hohem Gebrauchswert zu machen ist? Kannst Du das Haus eines Architekten, der schon vor 100 Jahren flexible Grundrisse realisierte, von einer abrissreifen Arbeiterhütte unterscheiden, die mit ein paar Elementen aus dem Baumarkt verkaufsfertig gemacht wurde? Für ein Gebrauchtauto, das per Kleinkredit oder aus der Portokasse bezahlt wird, rennen die Leute zum ADAC, zum Tüv und zur Dekra, um sich keinen Schrott einzuhandeln. Bei einem Objekt, für das man ein Leben lang richtig heftig bezahlt, wird am sachkundigen Rat gespart oder gefragt, ob man den Ratgeber schadenersatzpflichtig machen kann. Kannst Du das verstehen? Ich verstehe es nicht.
Reicht ein Privatgutachten eines Fachmanns oder sollte es ein öffentlich bestellter Sachverständiger sein?
Es kommt immer auf die Zielsetzung an. Es kann passieren, daß ein vereidigter Sachverständiger mit Siegel und allem Drum und Dran ein Wertgutachten für das Finanzamt erstellt und die geerbte Immobilie aus den 60ern mit z. B. 200 T€ bewertet. Nun willst Du das Haus bewohnen und vorher in einen zeitgemäßen Zustand bringen lassen. Dafür beauftragst Du einen Architekten und nachdem der sich alles genau angesehen hat, rät er zum Abriss und Neubau. Hatte deshalb einer der Fachleute Müll erzählt? Nein, denn die Begutachtungen verfolgten unterschiedliche Zielsetzungen. In einem Fall ging es um Abschätzung des vermutlich am Markt erzielbaren Preises und im anderen Fall ging es um die Kostenermittlung für den Umbau in zeitgemäßen Zustand.
Gruß
Wolfgang
Hallo Wolfgang,
vielen, vielen Dank für diese Mühe. Ich habe wertvolle Hinweise in deinem Artikel gefunden. Aber evtl. war meine Fragestellung nicht konkret genug. Es geht konkret um ein 8 Jahre altes Haus, welches zum Kauf steht. Bevor man es als Laie aber kauft, möchte man einen Fachmann, der am besten schriftlich bestätigen kann, dass das Haus in einem ordnungsgemäßen Zustand ist. Daher kam mir die Idee eines sachverständigen Gutachters. Schliesslich habe ich keine Gewährleistung mehr an diesem Haus ( über 5 Jahre ), noch die nötige Fachkenntnis, ob das Haus, so wie es dasteht, auch in Ordnung ist. Ich will mich also per fachmann möglichst absichern, um nicht den größten (letzten) fehler meines lebens zu machen. Grade eben bei der ersten Begehung habe ich erfahren, dass das haus nachträglich verklinkert wurde ( aus schöheitsgründen wurde angegeben ). ob dem so ist kann ich nicht erkennen, der fachmann würde evtl. schon veränderungen feststellen, die mir nicht auffallen!
Die abschliessende Frage: Wer ist nun der richtige Ansprechpartner, um mich vor dem Kauf eines Pfusches zu bewahren? Kann mir jemand zu 90% sagen, dass das Haus ok ist?!
Ja mike,
sicher, ein sachverständiger ist bares Geld und vermeideten ärger wert.
jedoch ist auch da vorsicht geboten, bzgl. qualifikation.
und ich kenne gutachter, die es drauf haben aber zu locker sind.
ich würd mir einen suchen, der im zweifel auch gerichtlich vereiigt ist, da er viel kennt und ein mindestmass an seriösität hat.
ggf. mal bei der amts- und langerihten deiner region fragen.
leider sind die halt auch meist ausgebucht, aber zeitdruck beim immoe-erwerb ist eh die falsche enscheidung.
gruss
frank
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