Baustil eines Hauses

Hallo,

die meisten Artikel in diesem Brett beschäftigen sich ja mit Innenarchitektur. Ein Brett über „Architektur“ gibt es aber leider nicht, deshalb versuche ich es trotzdem hier mit meiner Frage. Man darf sie gegebenenfalls gerne verschieben, oder ich frage selbst noch woanders nach, wenn hier keine plausiblen Antworten kommen sollten.

Das Haus, das auf diesen Fotos zu sehen ist
http://yfrog.com/j9westansichtj
http://yfrog.com/5dsdansichtj
http://yfrog.com/0vostansichtj
http://yfrog.com/jmnordansichtj
http://yfrog.com/16eingangj
wurde 1929 erbaut.
Wie nennt man den Baustil?

Grüße
Carsten

Hallo Carsten,

wo steht denn das Haus genau???

Ich tippe auf Baujahr rund um 1900 Richtung Jugendstil sehr stark vereinfacht - später modernisiert (Gewandungen der Fenster sind verputzt bzw zurück gesetzt dh der Putz kam nachträglich drauf - vermutlich war ursprünglich bis zum ersten Stock Sandstein und nur oben verputzt Bild 42).

Für Jugendstil sprechen die Aufteilung der Fassade, die Art der Balkontüren mit den Holzintarsien im unteren Drittel welche recht typisch sind, daneben die symetrische Anordnung der Fenster.

Typisch ist auch die Verkleidung des Dachüberstandes und das runde Fenster im Dachgeschoss.

Eher „untypisch“ sind die Sprossenfenster, welche vermehrt in der Zeit vor dem Jugendstil verwendet wurden, da man da Glas eher schwer und kostspielig in einer gewissen Größe fertigen konnte. Im Jugendstil ist man zu größeren Glasflächen übergegangen. Dh der Stil ist nicht ganz rein.

Man kann es ggf genauer über den Sandsteinsockel datieren. Viele Sandsteinbrüche wurden geschlossen und wenn man weiß wo der Stein her kommt, bekommt man da auch einen Anhaltspunkt.

Ansonsten einfach klingeln und Besitzer fragen -das Haus sieht gut gepflegt und sachkundig modernisiert aus, so dass man davon ausgehen kann, dass die Besitzer sich etwas länger mit dem Objekt auseinander gesetzt haben.

Grüße,
Alexandra

Hi!

Jugenstil war 1929 aber eigentlich schon Geschichte.

Gruß
Falke

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naja, man sieht irgendwo was einem gefällt und dann muss man sparen, planen, Grundstück finden… nur weil es eine neue Epoche gibt nimmt man ja nicht Abstand von bestimmten Design und auch einer Zweckmäßigkeit die ja jeder Baustil mit sich bringt.

Daneben war Jugendstil ja auch nicht überall verbreitet so dass dieser Traum vielleicht auch ein Mitbringsel aus einer Jugendstilhochburg war???

Habe letztens einen Jugendstilbau gesehen - glaube 2005 gebaut aber ziemlich Detailgetreu.

…und diese hässlichen Einfamilienreihenhäuser (Kaninchenställe) werden auch immer noch gebaut, obgleich es mittlerweile architektonisch und technisch anderes am Markt gibt :o)

http://www.immometer.de/stilmusterbuch/

Prämoderne oder Art Deco trifft da auch gut zu. Auf jeden Fall ist das Objekt an den Jugendstil angelehnt. Wie gesagt - es ist nicht Stiltreu druchgezogen sondern hat verschiedene Elemente. Und wie auch schon angemerkt wurde - eine Gaube wurde auf jeden Fall nachträglich eingebaut.

Moin, Alexandra,

Auf jeden Fall
ist das Objekt an den Jugendstil angelehnt.

das scheint mir ein wenig weit hergeholt. Jugendstil und Art Deco sind ja nun gerade auf das Dekorative aus, etwas gröber gesagt, sie kümmern sich weniger um die Funktion als um die Schnörkelchen. Häuser, die vom Grundriss und vom Aufbau her so angelegt sind, gab es weit früher. Und später natürlich auch, das macht ja was her.

Das Haus sieht auch nicht danach aus, als hätte man die Verzierungen nachträglich abgeschlagen.

Gruß Ralf

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Darum frage ich ja, wo steht das Haus - wir haben ein Jugendstilhaus und da mussten wir auch erst mal lange überlegen ob das stimmt, da eben das Pompöse nicht vorhanden war, was man so gängig unter z.B. Mathildenhöhe Darmstadt und Co kennt. Daneben hat jede Region hier seine eigene Ausprägung und Spielart in der Gestaltung.
Im ländlichen Bereich ist es sehr viel schlichter ausgefallen. Hier stehen hier wirklich X Häuser bei denen man erst mal ins Grübeln kommt. Gerade die Jahre nach dem Jugendstil hat man das Pompöse eher für die Stadt typische gerne auch weg gelassen oder es wurde in Form von gefärbten Ziegeln und hiermit gebildeten Mustern angedeutet - da die Gewandungen der Fenster zu tief liegen, tippe ich eben darauf, dass das wenige was angedeutet war unter dem Putz verschwunden ist. Wirklich wissen wird man es erst, wenn man mal nach alten Bildern im Archiv sucht oder die Inhaber kontaktiert.

Für die Schlichtheit spricht auch, dass das Haus nicht in der Hochzeit errichtet wurde und da schon andere Einflüsse eine Rolle gespielt haben könnten. Um 1900 herum hat man auf jeden Fall noch glaube das heißt Schleppgauben gebaut - macht man heute nicht mehr aus diversen Gründen.

Grüße,
Alexandra

Ich hab keine Ahnung wie sich das genau nennt- Wikipedia hat da auch nicht so richtig geholfen

http://de.wikipedia.org/wiki/Dachgaube - aber vielleicht wieß ja hier noch einer eine Antwort, damit wir nicht ganz dumm sterben.

  • das mit der Fledermausgaube und dem was darunter ist ist auf jeden Fall „Original“ das habe ich bei vielen Häusern aus der Zeit so gesehen - bei den anderen Gauben stimme ich Dir ja zu. Die sind nachträglich recht einfach eingebaut ohne sie so fließend ins Dach zu integrieren.

Baustil eines Hauses- Ergänzende Informationen
Hallo,

zunächst meinen herzlichsten Dank für die vielen Versuche, die von mir aufgeworfene Frage zu klären. Da sie aber noch nicht wirklich geklärt ist, liefere ich noch einige Informationen nach. Offenbar ist die Lösung schwieriger als ich dachte, aber vielleicht kommen wir ihr so etwas näher:

Zunächst mal: Es ist an dem Haus nichts nachträglich verändert worden, auch kein nachträglicher Gaubenanbau. Ich habe die Originalbaupläne und zusätzlich beim Bauamt die Bau-Vorgeschichte eingesehen, Baubeginn 1928, Bauende 1929, es ist noch alles vorhanden. Das Haus hat ja ein recht hohes Dach, mehr als sieben Meter. Im ursprünglichen Bauplan war ein schlichtes Satteldach dieser Höhe vorgesehen. Grausam! Das Haus sah aus wie ein deutsches Standard-Einfamilienhaus: Vier Wände und ein Satteldach. Das nur gewaltig vergrößert, fürchterlich! Das wurde aber abgelehnt, ein Lob von mir auf die sonst oft hinderliche deutsche Regelungswut! Danach wurde das Dach, einschließlich aller Gauben, so beantragt, wie es jetzt aussieht. „Krüppelwalmdach“, ein hässlicher Name für die schönste Dachform, die es gibt, wie ich meine.

Auch ansonsten ist das Haus äußerlich unverändert. Es wurden ja die Sprossenfenster in die Überlegungen einbezogen. Die Fenster im Vorbau auf der Westseite und das linke Fenster in der ersten Etage, wo sich ein Windfang bzw. Treppenaufgang befindet, sowie das mittlere Fenster der Gaube an der Nordseite, sind noch original, weil dort nicht geheizt wird. Alle anderen Fenster sind isolierverglast, mit echten Sprossen, die aus Stabilitätsgründen nur etwas dicker als die originalen sind. Auch die Fledermausgauben sind völlig original.

Weil auch die Balkontüren in die Überlegungen einbezogen wurden, liefere ich ein paar Innenbilder nach: Die Tür zwischen Esszimmer und Wintergarten, die Schiebetür zwischen Wohnzimmer und Esszimmer, der Flur mit Wohnungseingangstür und Treppenaufgang, sowie der Erker im Schlafzimmer.

http://yfrog.com/jaessziwingaj
http://yfrog.com/7hwohnzi1j
http://yfrog.com/jdflurwj
http://yfrog.com/2mschlafzivj

Ich freue mich auf jede weitere Antwort!

Grüße und Dank im Voraus
Carsten

PS
Etwas off topic: Wir schimpfen ja heutzutage gern auf die Bürokratie, im Besonderen auch auf die Bau-Bürokratie. In den Akten beim Bauamt fand ich aber u. a. ein Schreiben, in dem es heißt: „Wir erlauben wir uns zu vermelden, dass der Rohbau fertig gestellt ist und bitten höflichst um die Genehmigung, den Innenputz vornehmen zu dürfen.“ Für eine Gebühr von 15 Reichsmark wurde das daraufhin genehmigt.

Noch 'ne Ergänzung
Gerade eben, während ich noch an meiner ersten Ergänzung schrieb, ist noch eine Antwort reingekommmen, dass die Gauben nachträglich eingebaut und „nicht integriert seien“.

Dass das nicht der Fall ist, habe ich ja schon gesagt. Ich verstehe aber auch nicht, wie man auf die Idee kommmt und warum man das so sieht. Über den Gauben befindet sich doch ein Dachüberstand, oder wie man das nennen mag, der ohne die Gauben keinen Sinn macht. Und wenn man das Dach, wenn die Gauben nachträglich eingebaut wären, so aufwändig verändert hätte, wäre das sehr teuer geworden.

Was zur Integration der Gauben in das Dach beiträgt, ist auch, meine ich, dass die Verschieferung an den Seiten nicht einfach rechtwinklig, sondern in einem leichten Bogen auf das Dach zuläuft. Alle Häuser der Nachbarschaft haben ein ähnliches Baujahr und einen ähnlichen Stil. Aber die Verschieferung, falls es eine gibt, erfolgt dort weniger aufwändig an der Wand der Gaube entlang im rechten Winkel zum Dach.

Als wir das Dach haben erneuern lassen, wollte der Dachdecker die Verschieferung auch in der einfacheren Form vornehmen. Da habe ich protestiert: So sei das in der Angebotsanfrage von mir nicht gemeint gewesen, ich erwarte Wiederherstellung in der ursprünglichen Form. Er gab zähneknirschend nach, meinte, das sei sehr viel Mehraufwand, er sei aber einer der wenigen, die so etwas noch können. Er bat um Erlaubnis, das Haus zu fotografieren und als Beweis für seine Fachkompetenz in seinem Büro aufhängenzu dürfen.

Ach so, es war ja auch gefragt worden, wo das Haus steht: In Niedersachsen, Raum Hannover-Braunschweig.

Gruß
Carsten

Es bleibt bei „Prämoderne“ oder „neues Bauen“. Da werden Stile gemixt aber natürlich sind viele Bauten vom Jugendstil inspiriert.

Da die glaube Ostgaube wie von Dir geschildert original ist, diese Bauart aber so nach meinem Wissen nicht typisch für Jugendstil ist, muss es ein Mix und eine Weiterentwicklung sein. Auch die Innenausstattung bedient sich da mehrere Elemente aus vorherigen und späteren „Bauepochen“.

Egal wie - Bauhausmöbel passen klasse dazu :o)

Moin, carsten,

„Krüppelwalmdach“, ein hässlicher Name für die
schönste Dachform, die es gibt, wie ich meine.

Beim „echten“ Walmdach ist die Dachfläche über dem Giebel bis ganz zur Traufe hinabgezogen, der Giebel ist also ein Rechteck. Geht das Dach nicht ganz nach unten, bleibt über dem Rechteck ein Trapez stehen und das Dach heißt dann Krüppelwalmdach. Oder auch Schopfgaube - selten, aber viel schöner.

Auch ansonsten ist das Haus äußerlich unverändert.

Das wären dann tatsächlich die ersten Walmgauben aus dieser Zeit, die mir begegnen. Man lernt nie aus.

Gruß Ralf

Hi,

ist wohl - wie auch schon gesagt wurde - Jugendstil. Zumindest serhr davon beeinflußt.

Und sieht (mein persönlicher Geschmack) toll aus!

Könnte aber teuer im Unterhalt werden.

Viele Grüße
HylTox