Bayern-Rheinbund-Völkerschlacht

Hallo,

kennt jemand eine gute Seite, in der die Rolle Bayerns in o.g. Zusammenhang etwas genauer erklärt wird?

Ich sehe meist nur kurze Andeutungen wie: „Bayern schert aus dem Rheinbund aus…“ Moment mal, hatte man nicht Napoleon ewige Treue geschworen und dafür Königswürde erhalten usw…

Danke für Linktipps oder Erläuterungen!
Zaphod

Hallo,

auch in Wikipedia steht nicht viel mehr drin, aber zumindest hat man ein weiteres Schlagwort „Vertrag von Ried“, mit dem man evtl. mehr herausfindet:

Durch den Vertrag von Ried wechselte Bayern am 8. Oktober 1813 kurz vor der Völkerschlacht von Leipzig gegen die Zusicherung, seine annektierten Gebiete behalten zu dürfen, ins Lager der Gegner Napoleons. Als Ergebnis des Wiener Kongresses 1814/15 musste Bayern seine österreichischen Zugewinne wieder aufgeben, bekam aber zum Ausgleich die Pfalz zurück, sowie Gebiete um Würzburg und Aschaffenburg
aus: http://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_Bayerns

Gerhard

Hallo,
mit einem Link kann ich ncht dienen, aber vielleicht mit dem, was ich weiß.

Bayern hatte - gemäß der Bündnisverpflichtung, wie auch die anderen Rheinbundstaaten - , (mit mehr als33000 Soldaten) 1812 am Russlandfeldzug Napoleons teilgenommen. An die 30000 gefallenen Bayern erinnert in München der Obelisk auf dem Karolinenplatz (Aufschrift: “Dem Bayerischen Heere”).
Den Feldzug selbst hatte man in Bayern schon seit 1810 befürchtet. Aber dieVerluste und das Ende von Napoleons Nimbus der Unbesiegbarkeit verstärkten die Stimmung in Bayern, die Seiten zu wechseln.
Aber warum geschah so lange nichts? Die Gründe:

  • Napoleon hatte Bayern nicht - wie die norddeutschen Staaten - ausgeplündert, sondern als Verbündeten behandelt;
  • nur Napoleon konnte (immer noch) garantieren, dass die durch Säkularisation und Mediatisierung 1803 gewonnenen “neubayerischen” Gebiete (= neben den geistlichen Territorien die heutigen Regierungsbezirke Schwaben, Mittel- und Unterfranken) bei Bayern blieben;
  • Bayern erhoffte von Napoleon immer noch einen Kompromissfrieden zur Beendigung des Kriegs;
  • Bayern musste fürchten, dass eine eventuelle Einigung Frankreichs mit Österreich auf Kosten Bayerns gehen könnte.

Erst als

  • in Preußen ein antifranzösischer Aufstand drohte, dem sich die ehemals preußischen Gebiete Frankens anchließen könnten,
  • russische Truppen am 11. April das bayerischen Hof besetzten (nachdem schon am 25. März Russland den deutschen Fürsten mit dem Verlust ihres Landes gedroht hatte, wenn sie sich nicht der entifranzösischen Koalition anschließen würden),
  • der preußische König von Bayern ultimativ den Seitenwechsel verlangte (sonst würde Preußen Ansbach und Bayreuth zurückverlangen),
  • in den von Bayern besetzten Gebieten Östereichs ein Aufstand begann,
  • alle Großmächte um Bayern warben (es hatte ein neues Heer von 22000 Mann aufgestellt!),
    entschloss sich die bayerischenRegierung (König Maximilian I. und sein Minister Montgelas, gedrängt von General Wrede) zum Seitenwechsel.

Den ganzen Sommer 1813 hindurch verhandelte Bayern mit dem Österreich. Nach dem Kriegseintritt Österreichs gegen Russland (12.8.1813) war Bayern von einer österreichischen Armee von 320000 Mann umschlossen, Napoleon konnte nicht mehr helfen (aus Frankreich kam nicht einmal mehr eine Antwort): Bayern musste sich entscheiden, solange es überhaupt noch einen Preis verlangen konnte.
Der Vertrag von Ried (8.10.1813; im letzten Moment: eine Woche vor der Völkerschlacht von Leipzig!) besiegelte den bayerischen Seitenwechsel: Bayern tritt aus dem Rheinbund aus, nimmt am Krieg teil und unterstellt dazu seine Armee dem österreichischen Kommando; es bleibt dafür völlig souverän, behält seine Territorien (für einvernehmliche Abtretungen an Österreich war Entschädigung vorgesehen).

Wie wichtig und richtig dies war, zeigte die Zukunft:
Sachen, das den Absprung nicht rechtzeitig geschafft hatte, wurde auf dem Wiener Kongress übel mitgespielt;
das gute Einvernehmen zwischen Bayern und Österreich, an Stelle der früheren Rivalität, dauerte nun bis 1867.

Bisschen viel, ja. Aber ich kann mich nicht entschuldigen dafür, die Geschichte ist (mindestens) so kompliziert.

Gruß
H.

An die 30000
gefallenen Bayern erinnert in München der Obelisk auf dem
Karolinenplatz (Aufschrift: “Dem Bayerischen Heere”).

Dazu ein etwas sentimentaler Nachtrag:

Das Denkmal auf dem Karolinenplatz ist das offizielle.
Wie die Katastrophe auf die kleinen Leute wirkte, davon gibt ein Votivbild Zeugnis, das heute im Bayerischen Armeemuseum in Ingolstadt hängt:
Ein Soldat in der Uniform eines bayerischen Infanteristen kniet auf dem Boden, in den gefalteten Händen hält er ein Gewehr mit aufgepflanztem Bajonett. Die Landschaft ist winterlich: der Boden grünlich eisig mit Andeutungen zweier schwarzer unbelaubter Bäume, der Himmel grau. In einer Wolke zeigt sich ein Dreieck mit dem Auge Gottes als Symbol der Dreifaltigkeit. Darunter in ungelenker Schrift: Der Huber Hans auch in Russland geblieben."

H.

Bayern hatte - gemäß der Bündnisverpflichtung, wie auch die
anderen Rheinbundstaaten - , (mit mehr als33000 Soldaten) 1812
am Russlandfeldzug Napoleons teilgenommen. An die 30000
gefallenen Bayern erinnert in München der Obelisk auf dem
Karolinenplatz (Aufschrift: “Dem Bayerischen Heere”).

Stimmt nicht ganz: „Dem bayerischen Heere“ steht auf dem Siegestor, auf dem Obelisken steht:
„Den dreißig Tausend Bayern, die im russischen Kriege den Tod fanden.“

Und diese Lüge steht auch drauf:
„Auch sie starben für des Vaterlandes Befreiung“

Die meisten sind übrigens nicht im Kampf gefallen, sondern elendlich an Hunger, Krankheiten, Erschöpfung und (in der Endphase) an Unterkühlung verreckt! Sie sind einfach verheizt worden.

Gruß
Mike

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Stimmt nicht ganz: „Dem bayerischen Heere“ steht auf dem
Siegestor, auf dem Obelisken steht:
„Den dreißig Tausend Bayern, die im russischen Kriege den Tod
fanden.“

Danke für die Berichtigung, ich habe die Inschrift wohl falsch in Erinnerung.

Die meisten sind übrigens nicht im Kampf gefallen, sondern
elendlich an Hunger, Krankheiten, Erschöpfung und (in der
Endphase) an Unterkühlung verreckt! Sie sind einfach verheizt
worden.

Vielleicht hängt damit das sonderbare Datum (1825) auf dem Votivbild des Huber Hans zusammen:
Ich habe immer angenommen, das man in der „2“ eine Korrektur nach „1“ sieht. Aber vielleicht hoffte man tatsächlich noch bis 1825 auf eine Heimkehr.

H.

Danke an alle!
ihr habt ein wenig Licht ins Dunkel gebracht…
Danke dafür

Gruss

zaph

Danke auch allen! :smile:
Zu Bayern und Völkerschlacht wird anscheinend zu viel totgeschwiegen, dass Bayern bis heute! immer den besten Deal raushaut :wink:

Bayerns Untreue und Geschacher wird auch im Haus der bayerischen Geschichte nicht erwähnt:
https://www.hdbg.eu/koenigreich/web/index.php/ereignisse/index/herrscher_id/1/id/44
Sollte man da nichts Böses denken?

Den durch Napoleon erlangten Titel Königreich und Ländereien durfte Bayern behalten.
Als Zünglein an der Waage hat sich bis heute an der sehr besonderen Regierungsbeteiligung der CSU nichts geändert.