Beamtenrecht § 85a LBG NRW

Eine Beamtin in einer JVA (mittlerer Dienst, Schichtdienst) möchte gerne Teilzeit machen. Sie hat zwei minderjährige Kinder und ist alleinerziehend. Sie möchte gerne im Tagesdienst arbeiten. Die Behörde bietet ihr an,

  1. nur Nachtdienste
  2. jedes Wochenende

Begründung, wir sind ein Schichtbetrieb und können ihnen nicht anders helfen. Wir können nicht extra für sie einen Arbeitsplatz schaffen.
Ist das im Sinne zum Schutz der Familie ?

Nein, das ist es natürlich nicht.

§ 45 BeamtStG (auch gültig für NRW-Beamte) regelt die Fürsorgeverpflichtung des Dienstherrn gegenüber seinen in einem Dienst- und Treueverhältnis stehenden Beamtinnen und Beamten und ihrer Familien! Das ist eine grundlegende Pflicht des Dienstherrn, die sich schon aus Art. 33 (5) des Grundgesetz ableitet.

Das LBG NRW regelt grundsätzlich erst einmal nur die grundsätzliche Möglichkeit einer Teilzeitbeschäftigung, die sich nicht nur durch § 85a, sondern auch durch § 78b ableiten lässt. Allerdings dürfen in keinem Fall dienstliche Belange dem entgegen stehen.

Genauso, nur etwas präziser formuliert es die AZVO NRW in §2 Abs. 3-5. Abs.5 lässt jedoch eine Sonderregelung für Justizvollzugsbeamte zu, die in ihrer Formulierung aber darauf schließen lässt, dass diese Sonderregelung eher dem ordentlichen Dienstbetrieb als dem Wohle der Beschäftigten dienen soll. Aber man soll ja nichts unversucht lassen…

Bester Ansprechpartner bei solchen Problemen sollte in jedem Fall der örtliche Personalrat sein, da Regelungen der Arbeitszeit zwingend der Mitbestimmung des PR nach § 72 Abs. 4 (1) LPVG NRW unterliegen. Spätestens, wenn der PR der Versagung einer entsprechenden Teilzeitbeschäftigung der Kollegin durch die Dienststelle nicht zustimmt, muss diese im Rahmen einer Erörterung ausführlich begründen, warum sie im Rahmen der o.g. Rechtsgrundlagen zu dieser Entscheidung gekommen ist.

Wenn das Zurateziehen des PR keinen Erfolg bringt, steht der Kollegin immer noch der Klageweg vor dem Verwaltungsgericht offen. Hier wird dann der Richter entscheiden, ob tatsächlich die Wahrung dienstlicher Belange in diesem Fall höher wiegen als die Fürsorgepflicht des Dienstherrn, das grundsätzliche Recht der Beamtin auf Teilzeitbeschäftigung und vor allem anderen das Grundrecht auf Schutz der Familie nach Art. 6 GG.

Also, bitte PR einschalten, die genannten Rechtsgrundlagen (GG, BeamtStG, LBG NRW, AZVO Feu) bereit halten, das gemeinsame Gespräch mit der Dienststelle suchen und wenn alles keinen Erfolg hat, Klage einreichen! Und wenn es Ihnen nichts ausmacht: Mir mitteilen, was aus dem Fall geworden ist. Ich bin selbst stv. Vorsitzender eines Personalrats in NRW, und auch bei mir könnten früher oder später solche Fälle auf dem Schreibtisch landen…

Liebe Grüße, MM

Kleiner Nachtrag: im letzten Absatz ist natürlich nicht die AZVO Feu, sondern die AZVO NRW gemeint.

Ferner ist noch zu ergänzen, dass der PR zur Teilzeitbeschäftigung der Kollegin auch einen Initiativantrag einreichen kann, mit dem die Dienststelle sich dann zu beschäftigen hat.

LG, Michael Merz5

Jedes Land hat ein anderes Gesetz Interessant sind die besonderen Vereinabrungen zur Familienfreundlcihen Arbeitszeit. Generell sind solche Antworten möglich wenn es wirklich nicht machbar ist, das ist aber eine Einzelfallprüfung. Die Frage ist eher ob der Dienstherr nicht die Möglichkeit hat einen anderen Dienst anzubieten also in ein anderes Modell zu wechseln. Ich würde das mit dem Personalrat oder wenn Mitglied mit der Gewerkschaft zu bereden. Auch die Gleichstellungsbeauftragte kann helfen. Wenn nur Nachtdienste möglich sind sollten auch nur Tagdienste möglich sein.
Gruß

Ich möchte behaupten, dass der Dienstherr daneben liegt.

Die Möglichkeit der familienbedingten Teilzeitbeschäftigung (Paragraf 72a Abs. 4 und 5 BBG) ergibt sich aus der Schutzpflicht des Staates für Ehe und Familie und Artikel 6 des Grundgesetzes. Die Teilzeitbeschäftigung soll es Beamtinnen und Beamten ermöglichen, Familie und Berufstätigkeit besser in Übereinstimmung miteinander bringen zu können. Die familienpolitische Teilzeitbeschäftigung (Paragraf 72a Abs. 4 BBG) kann in Anspruch genommen werden, wenn der Beamte mindestens ein Kind unter 18 Jahren oder einen pflegebedürftigen sonstigen Angehörigen betreut. Anders als bei der voraussetzungslosen Antragsteilzeit hat
der Beamte hier einen Anspruch auf Bewilligung der Teilzeitbeschäftigung. Der Dienstherr kann den Antrag nur ablehnen, wenn zwingende dienstliche Belange dem entgegenstehen. Damit hat der Gesetzgeber die Hürde für eine Ablehnung sehr hoch gelegt, es dürfte einer Dienstbehörde nur schwer gelingen, zwingende dienstliche Gründe einzuwenden.
Das angebotene Modell wird dem familienpolitischen Anspruch und der Fürsorgepflicht des Dienstherren in keiner Weise gerecht. Nur wochenend- und Nachtdienst ist mehr als familienfeindlich In jeder Behörde ist es möglich, volle Dienstposten zu teilen ohne einen neuen schaffen zu müssen. Das ist eine unsachliche Ausrede. Die o.a. Vorgaben kommen aus dem Bundesbeamtengesetz. In den Ländern gibt es ähnliche Regelungen.
Mein Rat:

  1. Einen förmlichen Antrag schriftlich stellen mit der oben formulierten Begründung und den Personalrat einschalten.
  2. Nach Ablehnung förmlich Beschwerde einlegen. Sollte es weiter Widerstand geben, gewerkschaftlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen, ggf. vor dem Verwaltungsgericht klagen. Dann gibt es noch die Möglichkeit, eines Versetzungsantrages zu einer anderen Dienststelle wie z.B zu einem Gericht. Keinesfall mit der einfachen Ablehnung zufrieden geben. Es scheint sich um einen familienfeindlichen Dienstvorgesetzten zu handeln.