Nach Kauf eines hardware-kalibrierfähigen Monitors (BenQ sw320), der 99% des AdobeRGB Farbraums abdecken kann, beschäftige ich mich (viel zu spät) mit diesem Thema.
Meine Fotos sind, jetzt da ich sie zum ersten mal im AdobeRGB Farbraum betrachte, erschreckend bunt (vor allem die Hauttöne knallen ganz schön). Aber ok, damit hatte ich fast gerechnet, wegen den bisher nicht sichtbaren Farbbereichen. Mich irritiert nur, dass sich vor allem die Rottöne so unterscheiden, weil ich dachte, dass es vor allem Blau und Grün ist, das im AdobeRGB Modus noch umfangreicher dargestellt wird.
Wenn ich jetzt zwischen AdobeRGB und meiner erstellten Kalibrierung hin und her schalte, sehe ich kaum einen Unterschied. Ich würde zum Bearbeiten meiner Bilder die ich fürs Internet nutze aber lieber mit sRGB arbeiten - auch da ich davon ausgehe, dass wesentlich mehr Leute diesen Farbraum nutzen (müssen). Bei Aufträgen, von denen ich weiß, dass sie später gedruckt werden, würde ich mich nach dem Bedarf an AdobeRGB erkundigen und dann in diesem Farbmodus bearbeiten. Oder ist es grundsätzlich möglich im AdobeRGB Modus zu arbeiten, ohne dass die Bilder dann für die sRGB Kunden auffallend blass erscheinen?
Ich dachte bisher, dass das Kalibrieren die Farben korrigiert und man sich dann entscheiden muss ob man diese Farben mit der reduzierten Farbwiedergabe von sRGB betrachten möchte oder mit der umfangreicheren von AdobeRGB. Stimmt das überhaupt soweit?
Hallo,
bei einer Hardwarekalibrierung wird im Monitor eine LUT (eine Look-Up-Table) angelegt - eine Tabelle, aus welcher Farbinformation des PCs welche Farbe auf dem Display angesteuert werden soll. Zusätzlich wird im Rechner ein Profil angelegt (mindestens durch den Treiber) welchen Farbumfang der Monitor bietet. (Darum ist es wichtig, den korrekten Treiber für den Monitor zu installieren. Ich würde mich auf gar keinen Fall darauf verlassen, dass Windows den richtigen Treiber bereit stellt.)
Auf dieses Profil greift das Grafikprogramm zu, um die die Farben verbindlich darzustellen. Also das Grafikprogramm sollte darauf zugreifen. Leider trifft das zum Beispiel auf die Bildbetrachtung von Windows nicht zu. Programme wie Adobe Photoshop oder Lightroom oder Capture One allerdings können mit solchen Profilen umgehen und die Anzeige entsprechend anpassen. (um jetzt mal drei große, bekannte Namen in den Raum zu stellen.) Wenn mit solchen Programmen die Bilder zu farbintensiv sind, hast Du sie offenbar bisher falsch bearbeitet. (Ich will Dich nicht persönlich angreifen. Es ging bisher auf Grund der ungenügenden Technik einfach nicht besser.)
Die Frage ist: konnte der bisherige Monitor überhaupt sRGB zu 100% darstellen? Vor allem: war er kalibriert? Ein unkalibrierter Monitor ist nur ein Schätzeisen. Die meisten Monitore sind aus meiner Sicht ab Werk zu blau und grün eingestellt - das macht sich gut beim Vorführen, weil sie so „strahlend“ erscheinen. Wenn Bilder auf das völlig verschobene Farbprofil eines solchen Monitors hin entwickelt werden, werden sie ganz automatisch auf einem farbverbindlich kalibrierten Monitor anderes aussehen. (Auf einem zu stark nach grün/blau verschobenen Monitor wird man im Bild grün und blau reduzieren und rot entsprechend anheben.) Und wenn dann noch der maximale Farbumfang des neuen Monitors deutlich größer ist, sind die Farben der entwickelten Bilder völlig daneben.
Hinzu kommt, dass die Farbinformationen eines Pixels keine absoluten Werte sind. Die Werte für die drei Grundfarben rot, grün und blau verteilen sich zum Beispiel bei JPG auf die Werte zwischen 0 und 255. Ein 255er rot wird auf einem A-RGB-Monitor eine ganz andere Farbe ergeben, als auf einem 100€-Monitor mit billigster LED-Hintergrundbeleuchtung.
Das ist der falsche Ansatz. Ein gutes Bildentwicklungsprogramm wird intern mit maximal möglichen Werten arbeiten - auch weit darüber hinaus, was Monitore oder Drucker darstellen können. Darum sollte man Fotos in der Kamera auch stets in RAW speichern, damit nicht schon beim Fotografieren ein Großteil der Informationen verloren gehen. Beim Export wird man den Farbumfang für das Medium festlegen. In der Regel dürften das JPG für das Internet und Druckmedien sein. Das heißt, erst wenn man die Bilder von RAW in JPG wandelt (nach der Bearbeitung!) legt man sich auf den Farbraum sRGB fest. Allerdings beherrschen immer mehr Browser Adobe-RGB-Profile. Und auch so manches Tablet kann inzwischen mehr als nur sRGB darstellen. Man könnte sich also überlegen, ob man nicht fürs Netz inzwischen Bilder mit A-RGB entwickelt.
Nein. Das Bildbetrachtungsprogramm kennt über die Profilierung des Monitors dessen Farbumfang. Wenn Du mit solch einem Programm ein sRGB-Bild auf einem A-RGB-Monitor ansiehst, korrigiert das Programm die RGB-Werte jedes einzelnen Pixels automatisch selbst. (Falls eine echte Hardwarekalibrierung vorliegt, macht das der Monitor intern.)
Grüße
Pierre
P.S.: auf diesem Blog wurde die Farbdarstellung für Browser mal beschrieben: https://schoenergesehen.de/technik/farbprofile/mehr-farbe-internet-adobergb-fotos-302