Begriffsfrage: Weinkonservierung und Weinlagerung

Hallo liebe Experten!

Ich feile gerade zusammen mit einigen Komilitonen an einer Übersetzung. Es geht in dem Text um die Weinherstellung. Nun steht im Original „wine conservation“, und es geht hauptsächlich um die perfekten Temperaturen dafür. Unter anderem steht in dem Text auch folgender Satz: „Heating is often required during conservation.“

So, nun scheiden sich die Geister bei uns. Geht es hier ausdrücklich um WeinKONSERVIERUNG oder kommt es aufs selbe raus, wenn man das Ganze als WeinLAGERUNG bezeichnen würde?

Ich persönlich glaube ja, dass die Konservierung zeitlich _vor_ der Lagerung liegt, d.h. die Fabrik konserviert den Wein (und lagert ihn bis zum Verkauf), wohingegen der Käufer ihn nur noch lagert. Darum würde ich „wine conservation“ auch mit „Weinkonservierung“ übersetzen wollen (schon allein, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass „Erhitzen“ bei der Lagerung eine Rolle spielt, beim Konservieren kann ich mir das schon eher vorstellen), aber meine Komilitonen hätten da gerne „Weinlagerung“ stehen.

Ich sollte vielleicht noch dazu sagen, dass wir hier vom Englischen ins Schwedische übersetzen (also geht es eigentlich um „vinkonservering“ vs „vinlagring“), und im Schwedischen ist offenbar „vinkonservering“ ein völlig ungebräuchliches Wort (laut Google). Ich bin keine schwedische Muttersprachlerin (lebe und studiere aber in Schweden, deshalb die für mich sehr seltsame Sprachkombination im Studium), deshalb müsste ich wohl eigentlich meinen schwedischen Komilitonen vertrauen… aber es will mir einfach nicht in den Kopf, dass es sich bei Konservierung und Lagerung um ein und dieselbe Sache handeln soll??

Also, wie ist das: Gibt es in der Weinherstellung einen Prozess, der sich „Weinkonservierung“ nennt und der sich wesentlich vom Prozess der „Weinlagerung“ unterscheidet?

Ich hoffe, irgendjemand hier kennt die Antwort… gerne auch mit Quellen. :wink:

Annika

Servus,

der Begriff ist nicht übersetzbar, weil man im alten Europa keine so eklichen Sachen mit Wein tut, genausowenig wie Fraktionieren.

Hierzulande wird Wein ausgebaut, bevor man ihn auf Flaschen zieht.

Erwärmen tut man den Wein beim Ausbau aber nicht. Das geschieht allenfalls mit der Maische für Rotwein, die nach dem Einmaischen und vor dem Keltern warm geführt werden kann, um dem Roten Tannin und Farbe in angemessener Dosierung mitzugeben.

Darum geht es im Quelltext aber sicherlich nicht.

Fazit: Es ist nicht verkehrt, hier von „Konservierung“ zu schreiben, alldieweil es sich um einen den Kulturen der Zielsprache fremden Begriff handelt, der nur beschreibend 1:1 wiedergegeben werden kann.

Ungefähr so, wie genuin deutsche Begriffe wie NS-Kraftfahrerkorps oder Jungvolk auch nur wörtlich in andere Sprachen übersetzt werden können, weil sie dort nicht vorkommen.

Schöne Grüße

MM

Moin Annika,

könnte es sein, dass im Zusammenhang mit der Lagerung von Wein

„Heating is often required during conservation.“

bedeuten soll, dass der Lagerraum unter Umständen beheizt werden muss, aber nicht der Wein?
Wein soll in einem bestimmten Temperaturbereich gelagert werden. Wenn der Wein nun z.B. in einem ungeheizten Gartenhäuschen schlummert, dann wird es ihm im Winter zu kalt, und das ist dem Geschmack abträglich.
Oder stell dir vor, die Temperaturen sinken um einiges unter 0° - dann gluckert aus der Flasche nicht mehr Wein, sondern Wein-Sorbet.

Schau mal, ob Dir dieses œnologische Wörterbuch in 6 Sprachen beim Verständnis der englischen Terminologie hilft http://vitisvinum.fbg.fh-wiesbaden.de/vv/multi.php

Prost!
Pit

Hallo,

Unter anderem steht in dem Text auch folgender Satz: „Heating is
often required during conservation.“

Schmerz lass nach!
Wein wird nie erhitzt (außer beim Kochen).
Köntest du bitte den kompletten Kontext posten? Irgendwoher muß diese seltsame Information ja kommen…

meine Kom m ilitonen
Also, wie ist das: Gibt es in der Weinherstellung einen
Prozess, der sich „Weinkonservierung“ nennt

http://de.wikipedia.org/wiki/Wein#Haltbarkeit_und_Ko…

und der sich
wesentlich vom Prozess der „Weinlagerung“ unterscheidet?

http://de.wikipedia.org/wiki/Wein#Lagerung_der_Weinf…

Gruß
H.

Servus,

bei einfachen Weinen mit hoher Restsüße, die unvollständig vergoren sind, ist Pasteurisieren durchaus eine gebräuchliche Methode der Konservierung. Und es gibt viele weinbauenden Länder auf der Welt.

Schöne Grüße

MM

ok…

Servus,

Ola,

bei einfachen Weinen […]
ist Pasteurisieren durchaus eine gebräuchliche
Methode der Konservierung.

Bei süßen Obstweinen - ja - nie hätte ich das bei „ordentlichem“ Wein vermutet.
Besonders stolpere ich über das „often required…“

Und es gibt viele weinbauenden Länder auf der Welt.

Ok, verstanden :wink:

Schöne Grüße

dito
Herm

Servus,

ich verlinke nicht die ganze Diskussion aus wewewa, die zu dem Thema in 2000 stattgefunden hat, bloß eine Bemerkung von Hans-Martin Geiger+ dazu:

Muss beim Wein nicht angegeben werden, zumindest nicht in den Anbauländern, deren Weingesetze mir so ansatzweise geläufig sind.
Usus ist das in einigen Bereichen des Bordeaux, aber auch bei Massenherstellern anderer Länder.
Da man das nicht auf das Etikett schreiben muss (nicht mal draufschreiben darf) ist es schwierig eine konkrete Weinempfehlung zu geben. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit bei eher billigen WEinen, die in großen Mengen auf den Markt kommen tendenziell höher.
Anderes Beispiel: Mostkonzentration ist auch so ein Produktionsverfahren, das auf den Etiketten nicht angegeben wird und auch nicht angegeben werden darf. Dennoch wirds gemacht, auch bei renommierten Spitzengütern des Bordeaux.
Darüber kann man auch streiten. Und rauszukriegen bei welchem Wein das gemacht wurde ist auch etwas kniffelig, weil das eben von Gut zu Gut unterschiedlich ist und auch innerhalb der Produktpalette eines Weingutes nicht bei allen Weinen durchgeführt wird.

Dem entnehme ich, dass auch in D Wein pasteurisiert wird - zumindest pasteurisiert werden darf. Das Rätsel, wie z.B. eine Binger Rochuskapelle, deren Gärung bei etwa acht Umdrehungen gestoppt wurde, überhaupt halten kann, ohne dass ihr in der Flasche die seltsamsten Nachgärungen widerfahren, ist vielleicht dadurch gelöst? - wobei man sicher diskutieren kann, ob das in der Flasche befindliche Substrat dann den Namen Wein wert ist.

In den USA, wo der vorliegende Text wohl herkommt, sind süße Weine zumindest bei Otto Normalverbraucher ziemlich populär - das „often“ mag sich darauf beziehen. Ein winzigkleiner, nicht repräsentativer Ausschnitt ist eine frühere Kollegin aus Louisville, dem Tor zum Westen, die sich an mich um Rat wandte, weil sie hie und da mit ihrem Gatten (Außendienst-Vertriebler) zu irgendwelchen Anlässen geladen war, wo sie repräsentieren musste, auch wusste, dass es in D nicht so glänzend wirkt, wenn sie da eine Coke zur Wachtel trinkt. Ich habe ihr mit kleinen Bedenken empfohlen, sie möge doch schauen, ob ein lieblicher Müller-Thurgau aus Rheinhessen, etwa Oppenheimer Krötenbrunnen oder Niersteiner Gutes Domtal zu haben sei. Und was tut Gott? Die Frau kam vom nächsten Bankett höchst begeistert zurück, endlich habe sie einen deutschen Wein gefunden, der für ihr Empfinden nicht bitter schmeckt…

Schöne Grüße

MM

Danke an alle
Erstmal danke an Euch alle, Eure Antworten haben mir in der Tat geholfen, die Fährte zur „richtigen“ (möglichst richtigen…) Übersetzung weiterzuverfolgen.

Wir sind nun letzten Endes zu dem Entschluss gekommen, dass wir „wine conservation“ in so ziemlich allen Fällen mit „vinlagring“ (Weinlagerung) übersetzen, aber in diesem seltsamen „heating“-Satz stattdessen als Übersetzung „buteljering“ (das Abfüllen in Flaschen) wählen.
Immerhin lässt sich das Abfüllen in Flaschen (was ja auch Teil des Konservierungsprozesses ist) unter Umständen mit Erhitzen in Zusammenhang stellen, das Lagern aber ganz offenbar nicht. Und da die Überschrift des betreffenden Absatzes „Bottling and Storage Room“ lautet, dann aber von bottling eigentlich gar nicht mehr die Rede ist, könnte, sollte, müsste sich doch wohl dieser letzte, mysteriöse Satz darauf beziehen.
Er steht übrigens auch im Original da wie achtlos hingekritzelt, völlig ohne Zusammenhang und im krassen Gegensatz zu dem, was in den Sätzen davorsteht: immer schön konstante Temperaturen, nie über 22 Grad, besser noch unter 18, usw… und dann plötzlich „Heating is often required…“ Naja, es war eine Herausforderung. Mal sehen, was die Dozenten dazu sagen…

Nochmals vielen lieben Dank an alle!

Annika