Kapitalmarktaktivitäten der Staaten als solche
Hallo,
Früher hätte ich gesagt, dass sich unsere Regierung das Geld
bei den Banken und Bürgern leiht (?). Aber heute in der Krise
ist es umgekehrt…Gelder werden in die Banken mit Hochdruck
gepumpt.
Außerdem: wer leiht in Form von Bundesanleihen dem Staat Geld,
wenn er faktisch pleite ist?
es sind einige wenige Kreditinstitute, die Staatshilfen bekommen haben, so viel schon mal vorab.
Genauso, wie eine Privatperson Kredite für die Finanzierung einer Immobilie und eines Autos aufgenommen und gleichzeitig noch ein Guthaben auf dem laufenden Konto haben kann, sind Kreditinstitute in der Regel gleichzeitig Kreditgeber und -nehmer.
Sie nehmen von Privatpersonen und Unternehmen Einlagen entgegen und verleihen diese in Form von Krediten und Wertpapieren wieder an Privatpersonen, Unternehmen und „den Staat“ (=Städte, Bundesländer und Bund).
Im übrigen betrieben und betreiben natürlich auch die Kreditinstitute diese Gescäfte, die Staatshilfen bekommen haben. Es ist also mit Sicherheit so, daß Gelder, die der Bund an die Kreditinstitute als Hilfen gezahlt hat, schon wieder bei ihm gelandet sind.
Hinzu kommt, daß derzeit mehr Geld für Staatsanleihen zur Verfügung steht, weil die Neigung der Kreditinstitute, sich untereinander Geld zu leihen, immer noch gering ist. Das bisher unter den KI verliehene Geld will natürlich auch - und das noch am besten sicher - angelegt werden. Da bieten sich natürlich Staatsanleihen an.
Gleichzeitig versorgen die Notenbanken die Kreditinstitute mit billigem Geld. Das wandert natürlich zu gewissen Teilen in das „normale“ Geschäft der Institute, aber zu einem nicht unerheblichen Teil auch wieder in Staatsanleihen und damit wären wir dann beim geldpolitischen Sündenfall nämlich der Staatsfinanzierung durch die Notenbank, so daß man diese Frage im Prinzip mit "ja beantwortet werden kann:
Wie funktiniert diese „Unlogik“? Wo kommt das Geld her - wird
es ohne Kontrolle gedruckt und somit die Inflation
herbeigeschwört?
Nur bitte: das Geld, um das es hier geht, wird nicht gedruckt. Es wird Buchgeld in Form von Guthaben der Kreditinstitute bei den Notenbanken geschaffen, über die die Kreditinstitute in bar verfügen können, was aber nur zu einem sehr geringen Teil passiert (nämlich in dem Umfang, in dem ihre Kunden Bargeld verlangen).
Tendenziell scheint aber die Nachfrage nach Bargeld hauchzart anzusteigen:
http://www.blick.ch/news/wirtschaft/finanzkrise/geld…
Außerdem: wer leiht in Form von Bundesanleihen dem Staat Geld,
wenn er faktisch pleite ist?
Dann noch eines: das Wort „pleite“ ist ohen weitere Klärung wenig hilfreich. „Pleite“ im Sinne eines Insolvenzverfahrens gibts für einen Staat aus verschiedenen Gründen nicht. Weiterhin hat ein Staat grundsätzlich immer die Möglichkeit, seine Verpflichtungen zu erfüllen, bspw. durch Steuererhöhungen (http://www.tagblatt.ch/aktuell/international/tb-au/I…) oder den Verkauf von Vermögen (Land, Beteiligungen, Gold, Devisen).
Häufig folgt aber auf sinkende Fähigkeit zur Schuldenbedienung eine noch stärkere Begeisterung dafür, d.h. ein Staat stellt Zahlungen schlicht und ergreifend ein.
Eine andere Variante, die derzeit für Dollar, Euro und Pfund relativ offen diskutiert wird (auch wenn das in den großen Medien eher selten zur Sprache kommt), ist eine Währungsreform. Man führt eine neue Währung ein, legt einen passenden Umrechungskurs zwischen neuer und alter Währung fest und fertig ist die Laube.
„Offiziell“ wird allerdings festgestellt, daß derartige Szenarien keine relevante Bedeutung haben:
http://de.reuters.com/article/economicsNews/idDEBEE5…
Ob man nun den Genies der Ratingagenturen, die die aktuelle Krise mit ihren vollkommen unrealistischen Ratings für CDO und Konsorten mit verursacht haben, trauen sollte, muß jeder für sich selbst entscheiden. http://www.mmnews.de/index.php/200905283019/MM-News/…
Nachzulesen ist jedenfalls, daß in der jüngeren Vergangenheit nicht mehr alle Anleihen wie gewohnt problemlos platziert werden konnten. Irland, Großbritannien und die USA taten sich da insbesondere in diesem Jahr mitunter etwas schwer. Es wird wohl nicht mehr lange dauern, bis diese Kandidaten den Gläubigern höhere Renditen bieten müssen. Da man aber auf der anderen Seite insbesondere in den USA und Großbritannien durch die Notenbanken Anleihen kaufen läßt und damit über höhere Kurse die Renditen sinken läßt, kann es noch spannend werden. Man wird sich aller Voraussicht nach irgendwann entscheiden müssen, ob man Anleihen verkaufen oder kaufen will. Am Ende bleibt dann im Zweifel die direkte Kreditvergabe von Notenbank an Staat, aber so weit sind wir im Prinzip ja ohnehin schon (siehe oben).
Gruß
Christian