Beichtgeheimnis

Hallo RB,

als früher ev. Christ und gewesener Einwohner einer von Petrus, Paulus und Maria regelrecht durchtränkten Gegend hab ich einmal ein bissel geschaut, was ich dazu kirchenrechtlich finde, mit folgender Quintessenz:

(1) Gültiger Empfang des Bußsakramentes setzt nach rk Lehre voraus:

  • Gewissenserforschung
  • Reue
  • guten Vorsatz (d.h. die ernste Absicht, anders zu leben)
  • Bekenntnis
  • Wiedergutmachung (sic!)

Wenn jetzt die Babett beichtet, dass sie mit dem Done etc., kann sie in Ermangelung des bewussten Häutchens nicht gut ihren vorherigen Zustand wieder herstellen. Die verschiedenen Rosenkränze & Englischen Grüße, die sie aufgegeben bekommt, sind also bloß Ersatz, wenn und weil die Tat sich nicht ausgleichen lässt. - Im Fall der an anderer Stelle angesprochenen Kindesmisshandlung ist das Sakrament demnach nicht gültig, wenn dem Täter nicht auferlegt wird, seinem Opfer ein im Rahmen des Möglichen normales Leben nachher zu ermöglichen. Knackpunkt dürften an dieser Stelle unterschiedliche Einschätzungen der Wirksamkeit des Gebetes einerseits und psychotherapeutischer Techniken andererseits sein.

Im Fall von Totschlag wurde in meiner Heimat den Pönitenten bis vor etwa zweihundert Jahren nebst verschiedenen anderen Bußen aufgegeben, an öffentlicher Stelle in der Nähe des Tatortes (etwa an Straßen) ein schweres, dauerhaftes Steinkreuz („Sühnekreuz“) aufzustellen - den Toten konnte man nicht gut wieder lebendig machen, aber was in der kleinen Welt von damals die Folgen dieser lebenslänglichen öffentlichen Erinnerung waren, kann man sich in etwa vorstellen.

(2) Über diesen Exkurs zur Wiedergutmachung zu Deiner eigentlichen Frage:

Alldieweil bei nicht ausgleichbaren Taten die Bestimmung einer „symmetrischen“ Buße nicht besonders einfach ist, gibt es Sünden, für die durch den Beichtvater Absolution nur nach Rücksprache mit seinem disziplinarischen Vorgesetzten (= Rekurs) erteilt werden darf. Der Katalog ist nicht fest umschrieben, seit je und unverändert gehören zum harten Kern dieser Sünden die drei, die unmittelbar zur Exkommunikation führen: Abfall vom Glauben, Ehebruch und Mord.

Es ist also nicht zwingend vorgeschrieben, dass dem Mörder aufgegeben wird, sich den weltlichen Behörden zu stellen, andererseits aber auch ausgeschlossen, dass ein Beichtvater allein mehr oder weniger willkürlich bestimmt, wie die Wiedergutmachung auszusehen habe. Im Regelfall spricht wohl einiges für diese Handhabung. Es mag vom Bistum abhängen, ich könnte mir vorstellen, dass im Bistum Mainz eher der Gang zur Polizei empfohlen wird, im Bistum Fulda eher ein Exorzismus und im Bistum Köln eine fette Zuwendung z.B. an Opus Dei…

A propos Mord: Einer der markanten Züge der Ära des „doppelten Lehmann“ ist, dass die dt. Bischofskonferenz festgelegt hat, dass im Fall der Abtreibung ein Priester ohne Rekurs die Absolution erteilen darf, womit der Grundsatz „roma locuta - causa finita“ zwar politisch opportun, aber doch ziemlich elastisch ausgelegt wird.

Fazit: Im Fall Mord bleibt das Beichtgeheimnis Beichtgeheimnis, aber kirchenintern ist eine kleine Notbremse betreffend Willkür eingebaut.

Schöne Grüße

MM

Hallo Martin,

klasse geschrieben! Manches kann ich zwar immer noch nicht nachvollziehen, aber so ist es wohl, wenn frau nicht das geringste Verständnis für bestimmte kirchliche Dinge hat… :wink:

Viele Grüße

Renee

PS. Mit dem Buch bin ich zwar fast durch, aber ich komme in letzter Zeit kaum zum lesen. Kannst Du es noch einige Wochen entbehren?

Hallo nochmal,

hierzu

aber so ist es wohl, wenn frau nicht das
geringste Verständnis für bestimmte kirchliche Dinge hat…

noch eine Illustration zu „Verständnis und Glauben“, die über Plauder- und Steuerthematik am Ende doch wieder zur Religion führt.

Es gab einen nicht mehr jungen und dabei noch höchst vitalen Priester bei der missione cattolica italiana in einer deutschen Großstadt, so einen Don Camillo, dem man gegenübersteht und einen Moment lang das ganze Elend seiner +++ Firma mitsamt Scheiterhaufen, Kreuzzügen, Jasenovac etc. vergisst und bloß einfach denkt: „Boah, was für ein Mensch“. Der immer mit einem riesigen schwarzen Fahrrad ankam, an den Lenker gehängt ein bis zwei Alditüten mit den gesammelten Unterlagen für seine Einkommensteuererklärung.

Als er sich irgendwann Anfang der 1990er Jahre intensiv mit der Rekatholisierung von Jugendlichen in Masuren und dem Baltikum auf Zeltlagern und derlei „Events“ beschäftigt hatte, lagen seine mit den komfortablen Auslandspauschalen berechneten Reisekosten in der Nähe seines Bruttogehaltes (für diese Chargen ist das tatsächlich nicht besonders hoch). Ich empfahl ihm, sich beizeiten zu überlegen, wie er eine entsprechende Rückfrage wegen der Plausibilität dieser Aufwendungen beantworten würde.

Worauf Don Camillo über alle Gold- und Stockzähne strahlend, eine Art Reinkarnation von Franz von Assisi, die Schultern angehoben und die Handteller nach außen/oben gedreht, meinte:

Ah! Signore - Credo quia absurdum!

Ein systematischer und mutwilliger Verzicht auf Verständnis, also.

In diesem Sinne

MM

  • das Büchlein kannst Du behalten, solange es mit Dir spricht.

Hi,

dieses:

Ja, ja, ich weiß,
ich komme in die Hölle…

ist aus einem gewesenen oder seienden RK nicht rauszukriegen. Eigentlich bereits ein Glaubensbekenntnis.

Aber sey getrost: Ein gewesener EV/R bringt das „Messer im Kopf“ auch nicht recht erledigt…

Und in memoriam eines Anderen: Pleased to meet you / hope you guess my name / mean and evil is the nature of my game…

SCNR

MM

noch viel öffer …

Und in memoriam eines Anderen: Pleased to meet you / hope you
guess my name / mean and evil is the nature of my game…

Wieso in memoriam? Mick ist laut dieser Seite http://www.celebstation.org/musicians/mick_jagger.php erst 35 Jahre alt :wink:

Gruß kw

klar er redet sich dann alles von der seele, die

kirche vergibt ihm, im gegensatz zu einen
psychiater.

wird dann alles gut?

wer hilft den opfern?

Also bitte nochmal (du könntest auch einfach mal wirklich! lesen, was ich oben geschrieben habe): Wer beichtet, ohne sich ändern zu wollen und ohne die Konsequenzen tragen zu wollen, der erhält auch keine Vergebung. Konkret: Ein Kinderschänder muss selbstverständlich sich stellen und versuchen, den Schaden zu lindern.

Aber in diesem Forum ist es halt wie immer: Da fragt jemand etwas udn im Grunde genommen geht es nur darum, die kath. Kirche an den Pranger zu stellen, statt sich auch wirklich mal einen Augenblick mit den Antworten auseinanderzusetzen.

G.W.