Benzin und Diesel Zusätze: Wieviel Verlust an Anbaufläche?

Hallo, dem Benzin E 10 werden 10% Äthanol zugesetzt, dem Dieselkraftstoff 7 % methyliertes Rapsöl: Weiß jemand um welche Mengen es sich in Deutschland handelt und welche Anbaufläche für die entsprechenden Futterpflanzen (Raps und Kartoffeln/Mais) belegt werden ?
Man diskutiert ja inzwischen bei uns, Flächen die als Naturflächen ausgewiesen sind wieder einzukassieren. Das wäre fatal, denn solche Flächen brauchen anschließend wieder Jahre bis sie wieder als Naturraum dienen können.
Udo Becker

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Es sind teilweise die gleichen Pflanzen die ansonsten zur Nahrungsmittelproduktion verwendet werden. Viel davon wird im Ausland angebaut, es ist schwer die Fläche genau zu beziffern aber fest steht, dass viele Menschen wegen dem Biospritanteil hungern müssen und es das Klima belastet.

Genau dieses steht nicht fest, weder das eine noch das andere, aber das haben wir ja schon ausführlichst diskutiert. Was Dich bisher nicht interessiert hat, wird Dich nicht jetzt plötzlich interessieren.

Schöne Grüße

MM

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Vielleicht findet sich der Diskussionsfaden ja noch, damit wir nicht erneut die gleichen Argumente austauschen müssen.

Dem hat Özdemir vor paar Tagendoch schon einen Riegel vorgeschoben indem er es ablehnt diese Flächen dafür frei zu geben.
ramses90

Hallo Udo,

das Thema Raps ist zu komplex, um es mal eben so abzuhandeln, weil hier das Öl zur Verwendung in Biodiesel und das Extraktionsschrot zur Verwendung als Proteinfuttermittel / Substitut für importierte Futtermittel wie Soja gleichermaßen wichtig sind und man sinnvoll nicht das eine ohne das andere betrachten kann. Zwar sind die Nebenprodukte aus der Bioäthanolproduktion wie Maisschlempe auch von einiger Bedeutung als Proteinfuttermittel, können aber wertmäßig eher vernachlässigt werden, daher

für Bioethanol etwa folgendes:

Für Beimischung in Benzin in Deutschland derzeit verwendet ca. 1,1 Mio to / Jahr. Inländische Erzeugung gut 700.000 to, davon 580.000 to aus Futtergetreide einschließlich Mais und 120.000 to aus Zuckerrüben. Dafür eingesetzt 2,4 Mio to Futtergetreide (5,6 % der inländischen Erzeugung) und 1,3 Mio to Zuckerrüben (4 % der inländischen Erzeugung). Hochgerechnet auf die Verwendung ginge es um 3,7 Mio to Futtergetreide und 2 Mio to Zuckerrüben. Das entspräche bei den in Deutschland erzielten Erträgen etwa 474.000 ha Getreideanbaufläche und 278.000 ha Zuckerrüben-Anbaufläche.

Warum behaupte ich trotzdem, dass hier weder ein (etwa im Vergleich zu Autobahnbauten) schädlicher „Flächenverbrauch“ stattfindet, noch irgendjemand weniger Nahrungsmittel zur Verfügung stehen?

Beispiel Bulgarien: Dort werden derzeit 5,7 Mio to Weizen im Jahr bei einem Ertrag von 4,9 to/ha geerntet, außerdem 3,8 Mio to Mais bei einem Ertrag von 6,8 to / ha. Von den gegebenen natürlichen Bedingungen (Klima, Böden) her wären bei Weizen Erträge wie in Deutschland und bei Mais höhere Erträge als in Deutschland erzielbar. Eine simple Steigerung der Erträge ohne jede Veränderung der Anbaufläche brächte eine Steigerung um absolut 3,4 Mio to Weizen und 1,5 Mio to Mais jährlich. Also mal grade dem Doppelten von dem, was in Deutschland für Bioäthanol verbraucht wird - ohne einen Morgen mehr Ackerland.

Der Schlüssel zu verringertem Flächenbedarf bei gleichzeitiger besserer Versorgung mit Lebensmitteln und Erhöhung des Anteils nachwachsender Rohstoffe bei Treibstoffen liegt also nicht nur in der dringend gebotenen Reduzierung der Erdbevölkerung auf ein verträgliches Maß, sondern vor allem kurzfristig in der Steigerung der Erträge im Ackerbau auf ein vernünftiges Niveau.

Schöne Grüße

MM

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Ich hab jetzt in meine vorher bloß abstrakte Erläuterung ein paar konkrete Zahlen reingepackt, damit deutlicher zu sehen ist, worum es da geht.

Schöne Grüße

MM

Hallo,

In diesem Dokument wird davon geschrieben, dass 5,6% der deutschen Getreideernte im Jahr 2021 zu Bioethanol gemacht wurden. Wie hoch der Anteil an der Fläche ist, konnte ich im Dokument nicht finden.

Grüße
Pierre

Da der bulgarische Landwirt nicht zum Spaß auf Einkommen verzichtet kann man davon ausgehen, dass eine Ertragssteigerung eben nicht so simpel ist.

Auf die Gefahr hin dass sich unsere Debatte wiederholt: Auf jedem Acker auf dem Pflanzen für die Treibstoffproduktion angebaut werden könnten Lebensmittel für Menschen angebaut werden, die auf der Welt dringend benötigt werden, denn auch vor dem Ukrainekrieg gab es schon genug hungernde Menschen auf der Welt:

Servus,

abgesehen von Annahmen, die man sich dazu ausdenkt, wie es vielleicht sein könnte, kann man solche Dinge auch messen. Interessant finde ich hier (exemplarisch) die Entwicklung der Erträge von Winterweizen in Thüringen:

1970: 40 dt/ha
1992: 51 dt/ha
2000: 70 dt/ha

Kein Hexenwerk, möchte man meinen - oder wie mein früherer Teamleiter, Mannheimer Urgestein, zu sagen pflegte: Kaum macht man’s richtig - schon geht’s!

Schöne Grüße

MM

Fakt ist, dass täglich Menschen verhungern. Theoretisch könnte die Agrarproduktion optimalisiert werden, so dass niemand mehr hungern muss. In der Praxis ist es aber (noch) nicht so - und bis alle Menschen genug zu Essen haben finde ich es nicht sinnvoll Agrarflächen für die Treibstoffproduktion zu nutzen.

Ja, und ebenfalls, dass täglich Unmengen fossiler Brennstoffe sinnlos verbraten werden - von denen beiläufig ein nicht unerheblicher Teil für die Ernährung von Menschen benötigt würde, vgl. das Geschehen auf dem Markt für Stickstoffdünger seit November 2021, und deswegen eigentlich nicht zum Rumfahren und Heizen verwendet werden sollte, was man mit nachwachsenden Energieträgern genauso gut kann.

Und ebenfalls, dass die globale Erwärmung eine säkulare Tendenz ist, die man nicht wegreden kann, auch wenn ihre Hintergründe und Zusammenhänge noch nicht detailliert bekannt sind - was das weitere ungebremste Verballern von fossilen Energieträgern für Transport und Verkehr nicht grade besonders angeraten scheinen lässt.

Und sicher ist eines: Mit vorgefassten Meinungen, nach denen man sich die Tatsachen aussucht, von denen man gerne ausgehen möchte, und andere beiseite lässt, die dazu nicht so hübsch passen, lassen sich keine geeigneten Lösungen finden.

Davon, dass ich mit vier Jahren immer den Teller leergegessen habe, ist kein einziges Negerkind in Biafra dem Hungertod entronnen (wobei meine Mutter allerdings auch nicht so ein saudummes Zeug erzählt hat wie „Nu iss doch - in Afrika verhungern die Kinder, und Du isst nicht mal Deinen Teller leer“)

Schöne Grüße

MM

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Denkst Du es würden weniger Menschen verhungern wenn man, wie z. B. Brasilien, einen großen Teil der Autos und Maschinen mit Ethanol statt ölbasiertem Treibstoff betreiben würde? Mangels genauer Daten kaum zu berechnen, aber es scheint mir sehr unlogisch.

So saudumm finde ich den Spruch nicht: Wenn in den westlichen Länder weniger Nahrungsmittel weggeworfen werden sinkt dort die Nachfrage und der Preis fällt, so dass sich mehr arme Menschen ausreichend Nahrungsmittel leisten könnten.

Ist das von Caius Saugrenus? Bei dem ging es aber nicht vorrangig um Wildschweine, sondern um Menhire!

Viel Spaß noch mit der neuen globalwirtschaftlich-pataphysischen Marktlehre wünscht

MM

Danke, das ist konkret und überzeugend. Aber (es gibt immer ein aber): wünschenswert ist es nicht, dass Bulgarien die gleichen Hektarerträge hat wie in Oberbayern. Das bedeutet dann auch dass Grundwasser und Flüsse mit Nitrat und Phosphat ruiniert sind. Das Grundproblem unserer Erde, da stimme ich dir voll zu ist, dass die Anzahl der menschlichen Bewohner nicht begrenzt werden kann. Hilfe für andere Länder nur noch, wenn vorgegebene Ziele der Einwohnerzahl eingehalten werden. Gäbe einen Aufschrei bei allen Religionsgemeinschaften, wird aber dann auf anderen unangenehmeren Wegen todsicher von selbst eintreten.
Udo

Es wird auch nur eine relativ kurze Weile funktionieren - N-Dünger sind „auch nur“ eine Form der Nutzbarmachung fossiler Energieträger, ohne Gas kein Haber-Bosch-Reaktor - man setzt auf diese Weise sozusagen am Erdgas einen Sonnenenergie-Hebel an. Andererseits sind die Ertragssteigerungen der letzten ca. 25 Jahre gar nicht so sehr mit höherem N-Einsatz erzielt worden, sondern mit einer Verteilung des insgesamt gegebenen Kalkammonsalpeter (und teils auch Blattdünger) auf mehr und zeitlich genauer abgestimmte Einzelgaben, und damit ist relativ mehr in der Pflanze und eher weniger per Nitratauswaschung in Grundwasser und Vorflutern gelandet.

Schöne Grüße

MM

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Das liegt aber nicht daran, daß es zu wenig Essen gäbe, sondern an Corruption and Tradition.